#17 Springreiter Karsten Huck über erfolgreiche Ausbildung und seinen Weg bis zu Olympia
„Wer kein Horseman ist, der wird keine ganz großen Erfolge haben“ – der ehemalige Bundestrainer Karsten Huck ist sich sicher: Springen allein reicht nicht. Es zahlt sich aus, sich wirklich auf ein Pferd einzulassen. Im Gespräch mit Christian Kroeber erzählt der Reitmeister erstmalig die unglaubliche Geschichte, wie er zu seinem Olympiapferd Nepomuk kam, das ihm trotz fehlender Turniererfolge seinen größten Erfolg als Olympiadritter 1988 in Seoul ermöglichte.
Bis heute unterrichtet Karsten Huck auf seiner Anlage in Schleswig-Holstein und gibt Lehrgänge. Die Probleme seiner Reitschüler bilden die Grundlage - eine gut funktionierende Kommunikation zwischen Trainer und Schüler ist für ihn besonders wichtig. Erfahre im Podcast mehr über seinen ereignisreichen Werdegang zum erfolgreichen Springreiter. Höre dir an, warum Talent allein nicht ausreicht, um erfolgreich zu werden. Lasse dich davon inspirieren, wie Karsten Huck Horsemanship in den Turniersport einfließen lässt.
Insiderwissen und Einblicke eines Springprofis - als würde er neben dir sitzen! Viel Spaß!
Podcast Transkript
Dieses Transkript wurde durch eine KI erstellt und nicht gegengelesen.
[SPEAKER 2]Herzlich willkommen zu einer neuen Folge des wehorse Podcasts. In dieser Woche steht alles ganz im Zeichen des Springreiten, denn seit neuestem gibt es die Lehrfilme der Deutschen Reiterlichen Vereinigung in Kooperation mit dem FN-Verlag bei uns für alle Mitglieder zum Streamen. Diese umfassen unter anderem auch den Lehrfilmen Springreiten Ausbildung für Pferd und Reiter. Der Film umfasst die Grundlagen und dann auch die Entwicklung bis hin zum S-Springen und gibt Tipps und Tricks von Größen wie Rekordnationen-Preisreizer Ludger Baerbaum und dem Sieger im großen Preis von Aachen, Philipp Weißhaupt. Schaut rein, ich glaube es ist ein Muss für jeden Springreit-Interessierten und die wehorse-Mitgliedschaft gibt es ja bei uns schon ab 14,90 Euro. Der heutige Podcast natürlicherweise zu diesem Thema, denn wir waren beim wehorse-Trainer und Olympiamedallisten Karsten Huck. Viel Spaß! In dieser Woche im wehorse-Podcast dreht es sich um Springreiten, denn wir sind bei einem Mann, mit dem wir vor einigen Jahren schon einen Film gemacht haben, damals unter dem Titel Der Springreiter. Er ist Olympia-Dritter, er ist Reitmeister. Hier ist Karsten Hug. Hallo Karsten. Ja, moin. Moin. Moin moin, wie man hier in Holstein sagt. Du bist Springreiter durch und durch, seit vielen Jahren als Ausbilder, inzwischen auch seit einiger Zeit als sehr erfolgreicher Trainer. Was fasziniert dich, was begeistert dich am Springreiten?
[SPEAKER 1]Ja, vielleicht, wenn wir ganz vorne anfangen. Ich habe früher eigentlich Vielseitigkeit geritten. In den ersten Jahren, bis ich 20, 21 war, mit der Schule fertig war. Dann wurde die Zeit zum Reiten knapper fürs Training und dann habe ich eigentlich gewechselt zum Springreiten. Das ist so der Werdegang. Das kommt mir heute eigentlich sehr zugute, immer noch, oder eigentlich über meine gesamte Laufbahn, weil ich seinerzeit sehr gründlich die Grundausbildung genossen habe. In der Vielseitigkeit muss man ja Tressour reiten, ein bisschen korrekter, als das vielleicht mal ein Springreiter heute macht. Und letztendlich zurück zur Basis ist auch heute noch gut, auch wenn sich einiges durch die Entwicklung in der Zucht, durch das mehr vollblütige Pferd geändert hat, aber der rote Leitfaden, der ist ja geblieben und das ist gut, wenn wir den noch kennen. Und was mich am Springreiten fasziniert, ist eigentlich, Ja, man kann vielleicht sagen, egal wie alt man wird, man lernt immer noch was dazu. Insbesondere in der Entwicklung, im Umgang, im Training mit den, was ich eben sagte, modernen, blütigen Pferden. Mit den viel häufigeren, schweren Prüfungen, die die Pferde heute gehen müssen. Also das ganze Management ist heutiger sehr viel gründlicher und nachhaltiger als das vor 30, 40 Jahren war.
[SPEAKER 2]Dein Vater war ja selber auch erfolgreicher Reiter in der Nachkriegszeit. Wurde dir dann quasi so das Reitergehen in die Wiege gelegt?
[SPEAKER 1]Ja, ich würde sagen, das hat sehr viel geholfen. Hat sehr viel leichter gemacht. Mein Vater hat natürlich auch die Grundausbildung gemacht. Und ja, die Wege waren kurz. Das war nicht so, dass man dann einmal in der Woche nur reiten ging, wie das heute ja oft so ist, sondern man war irgendwie täglich dabei, wenn man auch nicht täglich auf dem Pferd gesessen hat, aber man hat über Pferde gesprochen, man hat irgendwas gehört. Und das hat vieles leichter gemacht, mit Sicherheit.
[SPEAKER 2]Du hast ja gerade berichtet, zu Anfang war es die Vielseitigkeitsreiterei. Warum damals Vielseitigkeitsreiten?
[SPEAKER 1]Ja, seinerzeit war das noch gar nicht so getrennt.
[SPEAKER 2]Das war generalistisch, jeder war ein Reiter.
[SPEAKER 1]Ja, du warst Reiter, du hast Tresur geritten, du hast Springen geritten und wenn du auf ein ländliches Turnier gingst, dann war zuerst die A-Tresur, dann kam das A-Springen und dann kam noch ein kleiner Geländeritt dazu. Wir haben alles gemacht. Das ist heute total anders.
[SPEAKER 2]Und dann irgendwann hast du gesagt, aus zeitlichen Gründen, okay, ich konzentriere mich jetzt mehr auf Springreiten, weil einfach der Aufwand mit dem Geländetraining und so weiter zu groß wurde.
[SPEAKER 1]Ja, das war eine ganz pragmatische Überlegung eigentlich. Ich hatte einen Vielseitigkeitswert. Das konnte ich seinerzeit. Da gab es noch nicht so viele Vielseitigkeitsprüfungen. Das konnte ich im Jahr vielleicht dreimal einsetzen. Einmal passte es dann nicht, weil es gehustet hat oder nicht in Ordnung war. Also hatte ich zwei Prüfungen im Jahr. Dann habe ich gesagt, wenn ich springreite, dann habe ich ein paar Prüfungen mehr und nicht so viel Trainingsaufwand, nicht so viel Zeitaufwand. Und dann bin ich umgestiegen und habe das lange Zeit parallel zu meiner Ausbildung gemacht. Ich war erst Soldat, ganz in der Nähe, hier in Kellingkusen.
[SPEAKER 2]Ganz klassisch Wehrdienst und daraus dann?
[SPEAKER 1]Ja, zwei Jahre. Ich hatte mich verpflichtet, weil es ein bisschen mehr Geld gab. Dann habe ich eine Banklehre gemacht in Hamburg, dann habe ich Betriebswirtschaft studiert und nebenher lief immer das Reiten. Nach meiner Ausbildung habe ich auch in meinem Beruf gearbeitet, noch drei, vier Jahre, in einer Wohnungsverwaltungsfirma in Hamburg. Und weil ich einen gewissen Ehrgeiz habe, habe ich dann gesagt, jetzt entweder Büro oder Pferd. Ich habe immer abends geritten, tagsüber Büro. Und dann habe ich mich dazu entschieden und habe gesagt, ich versuche das mal mit den Pferden. Und wenn mir da gesundheitlich was passiert oder das gar nicht laufen soll, ich habe meinen Beruf ja noch im Hintergrund, dann kann ich nochmal zurück. So war eigentlich der Gedanke bei der Entscheidung damals, mich vermehrt mit Pferden zu beschäftigen und das zum Beruf zu machen. Dann lief aber alles sehr glücklich und erfolgreich. Ich bin in meinen ursprünglich erlernten Beruf nicht wieder zurückgekehrt. Allerdings muss ich sagen, hat es mir in meinem reiterlichen Leben viel geholfen, dass ich damals Betriebswirtschaft studiert habe und ein bisschen vom Leben und von der Wirtschaft verstanden habe.
[SPEAKER 2]Also war es eine reine Herzensentscheidung zu sagen, ich gehe zurück in den Pferdesport und lasse das Thema Betriebswirtschaft, Geschäftsführer eines Immobilienbetriebs sein, also komplett zurück zu den Pferden.
[SPEAKER 1]Ja, genau so.
[SPEAKER 2]Dann ist ja reiterlich die Karriere bei dir richtig begonnen, erstes S-Springen mit 22 Jahren, eigentlich ja aus heutiger Sicht relativ spät muss man sagen. Total. Damals aber normal. Oder normaler.
[SPEAKER 1]Ja, eigentlich schon, nein, noch nicht mal normal. Das war schon früh. Also ich habe mein erstes M-Spring als 14-Jähriger geritten. Das war eine Sensation. Da lachen die sich heute tot drüber.
[SPEAKER 2]Total.
[SPEAKER 1]Und ja, das S-Spring dann entsprechend später und ja, da ging das so langsam voran. Dann hatte ich ein Sehr gutes Pferd, Name Risico. Risico war eine Holsteiner Stute von Roman. Mit diesem Pferd habe ich meine ersten S-Springen geritten und auch meine ersten 10 S-Siege und das goldene Reiterzeichen bekommen. Und das zehnte Goldene Reitabzeichen hatte ich, oder das zehnte Ess-Spring, den zehnten Ess-Sieg, den habe ich gehabt auf dem Turnier der Sieger in Münster. Das war ein schönes Turnier, ist immer heute ja noch ein tolles Turnier. Und auch sehr schön als zehnter Ess-Sieg damals, also das war schon was Besonderes.
[SPEAKER 2]Und der Sport damals ist ja komplett anders gewesen als heute. Allein von den Pferden her, auch von den Anforderungen, die in so einem Springen damals waren, könnte man das noch mit heute vergleichen?
[SPEAKER 1]Nein, vergleichen kann man sicherlich, dass auch damals fast jeder Teilnehmer, der an den Start ging, in der Lage war, ein Springen zu gewinnen. Das ist heute ja auch noch so. Die Springen waren, glaube ich, wenn ich jetzt keinen Alzheimer habe, von der Höhe her ein bisschen leichter. Aber man muss ja bedenken, dass die Pferde ja ganz andere Qualitäten hatten. Die waren ja noch lange nicht so hochgeschraubt wie heute. Wir haben ja noch mit Reihenholzsteinern, sind auf Reihenholzsteinern geritten, die noch gar keinen Vollblutanteil hatten oder nur sehr wenig. und sind dann eben über entsprechende Höhen geritten. Also es war, würde ich sagen, die Aufgabe der Reiter war damals genauso schwer, wie es heute auch war. Das würde ich schon sagen, im Verhältnis zu den Pferden.
[SPEAKER 2]Dein Weg ging ja dann weiter, 84 deutscher Meister, das eigentlich so mit der erste große Meilenstein, oder?
[SPEAKER 1]Ja, die erste Deutsche Meisterschaft war 1981 in München, da habe ich teilgenommen. Da hatte ich den unglücklichen vierten Platz, den man natürlich auch schnell vergisst dann. Und 1984 in Balve habe ich die Deutsche Meisterschaft gewonnen mit den beiden Pferden Lugana und Calando. Das war mein erster großer Erfolg.
[SPEAKER 2]Konnte man da noch tauschen damals?
[SPEAKER 1]Man konnte mit zwei Pferden beginnen, das war ähnlich schon die Ausschreibung. Das erste war ein Zeitspringen, das zweite dann ein schweres Springen und das dritte ein Springen mit zwei Umläufen.
[SPEAKER 2]Also ähnlich wie heute.
[SPEAKER 1]Ja, und im letzten Springen durfte man ein Pferd reiten und dann zwei Pferde. Also das Zeitspringen hatte ich mit der kleinen Stute gewonnen und dann habe ich den Hengst nachher weitergeritten. Ja, da hatte keiner mit gerechnet, zumal der Calando ein reiterlich sehr schwieriges Pferd war. Und die Konkurrenz war schon groß. Das war eine Überraschung, sag ich mal.
[SPEAKER 2]Wer war damals am Start? Wie Paul Schocke-Müller?
[SPEAKER 1]Schocke-Müller und Deister und Peter Lutte mit Livius. Und wer war noch da?
[SPEAKER 2]Wildfang?
[SPEAKER 1]Wildfang weiß ich jetzt gar nicht, aber Frank Slotak sicherlich.
[SPEAKER 2]Also die Anfangstage von Franke, ne?
[SPEAKER 1]Ja, also auf jeden Fall, das war schon gut. Und das war eine ganz spezielle Situation damals, weil seinerzeit, oder 1984 war ja ein Olympiajahr. Und seinerzeit waren die olympischen Regeln auch so, dass nur Amateure mitreiten durften. Und ich habe aber schon 1981, als ich etwas Zeit hatte, meine Reitlehrerprüfung gemacht, weil ich dachte, wenn ich das jetzt profimäßig mache, eine Reitlehrerprüfung kann nicht schaden.
[SPEAKER 2]Also zu Trainer A, FN, Grünendree.
[SPEAKER 1]Und damals musste man immer den Reiterausweis noch beantragen und ein Kreuz machen. Ich bin Amateur oder ich bin Profi. Und ich dachte, ich bin Reitlehrer, also bin ich ja Profi, hab das Kreuz beim Profi gemacht. Und ich war jetzt ja 84, ich war deutscher Meister, das war kurz vor der Olympiade. Das passte vielen damals nicht. Aber die haben dann ganz schnell einen Weg gefunden, dass ich nicht unbequem werden konnte, weil ich bei meinem Reiterausweis ein Kreuz beim Profi gemacht hatte. Da war ich gar nicht startberechtigt bei der Olympiade.
[SPEAKER 2]Das heißt, die anderen, die Richtung Olympia unterwegs waren, die waren auf dem Papier Amateure?
[SPEAKER 1]Richtig, genau so war es.
[SPEAKER 2]Was ja eigentlich verrückt ist.
[SPEAKER 1]Ja, war total verrückt. Man hätte das sicher auch anders regeln können. Aber es war, glaube ich auch, also realistisch gesehen, habe ich seinerzeit mit dem Hengst ja auch nicht hingehört. Also das war schon alles gut so. Aber es war trotzdem speziell. Und es war für mich ein Erlebnis, was mir später nochmal zugute kam, vielleicht. Weil ja 1985 unser Bundestrainer mit dem Flugzeug damals abgestürzt war, der Hermann Schritte. Und dann wurden 1986 die Trainerposten neu vergeben. Und ich hatte ja immer sehr viel Spaß am Training und habe 1986 dann den Posten des Bundesjuniorentrainers übernommen. Und bei der Sitzung, als die ganzen Trainer, Fritz Lickes und Herbert Meier, ich weiß nicht, wer noch dabei war, als wir alle zusammensaßen, hat der Geschäftsführer, Dietmar Specht, mich damals gefragt oder in die Runde gefragt, wer hat noch Fragen. Ich sage, ja, ich habe noch eine Frage. Ich möchte gerne meinen Profi-Status wieder rückgängig machen und Amateur werden. Da haben mich alle im Kreise sehr merkwürdig angeguckt, weil sie dachten, jetzt ist der Huck ganz verrückt. Der will Bundestrainer werden und will wieder Amateurstatus haben. Wie soll das denn gehen? Ja, und dann kurze Diskussion. Ich sage, ich habe aus 1984 gelernt, dass ich was richtig gemacht habe und trotzdem war es vielleicht am Ende des Tages falsch. Jetzt will ich es so, wie ich es verstehe, hundertprozentig machen. Und die Geschichte vielleicht kurz weitererzählt. Es gab einen Reamateurisierungsausschuss.
[SPEAKER 2]DfN.
[SPEAKER 1]Ja. Also ich musste erst mal das schriftlich einreichen und dann kriegte dieser Ausschuss mein Schreiben vorgelegt. Da waren also ganz… Interessante Menschen saßen da drin, Rechtsanwälte und Notare und so, also alles honorige Leute. Und dann kriegte ich einen Anruf. Achso, und die Regel wurde damals geändert, die olympische Regel wurde geändert, obwohl ich ja gar nicht mehr aktiv reiten wollte. Vom IOC wurden die Regeln für die Olympiade geändert. Und da stand drin, Profi ist der, der sinngemäß, Senioren für internationale Championate trainieren. Aber ich war ja Juniorentrainer, ich war ja nicht Seniorentrainer.
[SPEAKER 2]Kleiner, aber feiner Unterschied in dem Moment.
[SPEAKER 1]Feiner, feiner Unterschied. So, und dann lag dieser Antrag im Ausschuss vor und dann kriegte ich einen Anruf. Ich glaube, von Dr. Bösche war das damals, der mir das kurz erklärte und sagte, wenn wir den Antrag jetzt ablehnen, ist er für immer abgelehnt, aber ich könnte ihn auch wieder zurückziehen oder so. Und dann habe ich nur ganz kurz gesagt, also ich bestehe darauf. Und was ich im Deutschunterricht damals gelernt habe, das war so, dass der Relativsatz sich auf das letzte Subjektiv bezieht oder so. Und ich verstehe den Satz so. Und alle haben mitgehört und so. Und dann wurde ich zum Schluss noch mal gefragt, ob ich darauf bestehe. Ich sage, ja, ich bestehe darauf, dass Sie eine Entscheidung fällen. Und dann zwei Wochen später kriegte ich ein Schreiben, dass ich reamateurisiert war.
[SPEAKER 2]Was ja am Ende eine verrückte Entscheidung eigentlich ist.
[SPEAKER 1]Total, aber es ist ja vieles verrückt, was an Regelwerk existiert. Das war mit Sicherheit auch schwer zu verstehen für einen Außenständigen, aber ich hatte mich damit natürlich viel beschäftigt, weil 1984 das Ganze ja so ein bisschen wackelte. Aber ich habe das eigentlich auch ein bisschen aus Trotz gemacht, weil ich mich 1984 natürlich irgendwo geärgert habe, über mich selber auch. Und da habe ich gesagt, so jetzt will ich es richtig machen. Das kam für mich ja gar nicht in Frage. Ich hatte ja Olympia nicht im Kopf. Ich hatte ja im Kopf, meine Pferde aus dem Stall und Bundestrainer zu sein. Und es lief dann ja auch so weiter. Ich wurde Bundestrainer, hatte im Mai kein Pferd mehr im Stall.
[SPEAKER 2]Ach, der Plan war komplett runterzufahren und nur noch Trainer zu sein?
[SPEAKER 1]Nur Trainer. Ich wollte das hundertprozentig machen. Ich wollte nur Trainer sein.
[SPEAKER 2]Du warst ja vorher auch Trainer in Schleswig-Holstein.
[SPEAKER 1]Ich war lange Landestrainer hier, aber den Posten hatte ich dann abgegeben. Den hat der Werner Peters damals übernommen von mir. Auch lange Jahre und beides ging ja nicht. Und so habe ich den Bundestrainerposten übernommen, kein Pferd mehr im Stall. Und dann habe ich mich aber sehr schnell mit der Geschäftsführung in Warndorf mit Dr. Burand überworfen. Überworfen will ich nicht sagen, aber wir waren grundsätzlich anderer Meinung in einigen Sachen. Und da habe ich gesagt, das kann man mit meiner Person nicht machen. Entweder fahren wir alle in einem Boot oder die Sache ist beendet. und da bin ich mit den Junioren 86 noch nach Irland gefahren zur Europameisterschaft und dann war der Trainerposten, die Tätigkeit für mich vorbei.
[SPEAKER 2]Und dann ging es zurück in den Sattel?
[SPEAKER 1]Und kein Pferd im Stall. Also das war das erste Mal in meinem Leben, dass ich, glaube ich, 14 Tage nicht so richtig, nicht richtig wusste, wie es weitergeht.
[SPEAKER 2]Und wie hast du dich da aus dem Loch wieder rausgeholt?
[SPEAKER 1]Ja, das ist eine lange Geschichte. Ich versuche, sie mal ganz kurz zu erzählen. Als ich auf dem Weg war, die Pferde aus dem Stall zu schaffen, da kam der Herbert Meyer, der Bundestrainer, der kam immer zu mir und sagte, du kannst doch beides machen. Du kannst doch noch reiten und den Trainerposten machen. Ich sagte, nee, Herbert, das geht nicht.
[SPEAKER 2]Warum wolltest du das nicht? Um das sauber zu trennen?
[SPEAKER 1]Ja, das schaffe ich zeitlich nicht. Bundestrainer und 100%er und in Süddeutschland gucken und in Norddeutschland gucken und alles so mit den Eltern diskutieren und dann noch den Kopf frei haben für den eigenen Sport, das konnte ich mir damals nicht so vorstellen. Naja, aber der war immer so ein bisschen hinter mir her und sagte, du musst wieder reiten. Und da war ich, aber erst war ich stur. Und ja, in dem Moment, oder er sagt, wenn du mal ein gutes Pferd siehst, dann sag mir Bescheid und dann doch. Und mir wurde, als ich eigentlich mein letztes Pferd aus dem Stall hatte, hat mir ein ehemaliger Studienkollege, ein Dr. Eichner, in Wiesbaden auf dem Turnier, ein Pferd angeboten. Das Pferd habe ich mir angeguckt, im ersten Jahr nicht. Also er hat es mir das erste Mal angeboten, 1985. Zur Ausbildung? Ja, zum Reiten. Er meinte, das wäre ein gutes Pferd und so. Er erzählte mir, ganz tolles Pferd, neun Jahre alt, aber noch kein Turnier gegangen. Muss man sich mal vorstellen. Neunjähriges Pferd, noch kein Turnier gegangen. würde heute sich, glaube ich, auch keiner mehr angucken. Ich habe auch nicht reagiert. Das Jahr später, also 86, hat er mir das wiedererzählt und erzählte mir, das Pferd, von dem er mir erzählt hat, das wäre im letzten Jahr sein erstes A-Spring gegangen und im September sein erstes S mit einem Mädel. Und jetzt, im Mai 86, wäre das Mädel dritter im S gewesen nach Stichen. So und dann gingen bei mir die Alarmglocken ein bisschen an und da dachte ich, muss ich mir angucken. Und dann bin ich hin, Pferd angeguckt, ganz gut, noch nicht gleich vom Hocker gehauen oder total begeistert. Und das war das letzte Pferd eigentlich, was ich gesehen hatte, bevor ich dann meinen Trainerposten abgegeben habe. Und dann kam das so, dass ich mit meiner Frau diskutiert habe, wie geht es weiter, und die fragte mich, welches war das letzte Pferd, was du gesehen hast. Da habe ich gesagt, das war der Nepomuk.
[SPEAKER 2]Ach, das war Nepomuk, mit dem du später Olympia-Dritter wurdest.
[SPEAKER 1]Genau, das war der Nepomuk. Und da habe ich aber gesagt, da rufe ich jetzt nicht an, denn den hatten wir ausprobiert, da war Herbert Mayer auch noch mal mit. Und dann wollte der Besitzer aber, dass das Pferd in Wiesbaden bleibt und ich nach Wiesbaden ziehen sollte mit meiner Familie. Und da habe ich gesagt, das kommt nicht infrage. So, da hatten wir eigentlich schön zwei Tage vertan und sind express rausgekommen und da habe ich gesagt, da rufe ich nicht an. Und ja, wie von oben gesteuert, einen Tag später nach dieser Diskussion mit meiner Frau, rief mich die Frau des Besitzers vom Nepomuk an und fragte, ob ich noch Interesse hätte an dem Pferd. Da habe ich gesagt, ich habe noch Interesse, aber es ist ja schon lange her, ich muss das Pferd ja nochmal reiten. Und da haben die gesagt, ja, das Pferd wäre Ende August genannt, auf einem Turnier in Stuttgart-Weibling, und da könnte ich das Pferd reiten. Ja, hab ich gesagt, okay, ich komm dahin und die bringen das Pferd dahin. Und dann fuhr ich nach Stuttgart-Weibling mit dem Pkw und die mit dem Lkw.
[SPEAKER 2]Das erste Mal ausprobieren von Nepomuk war auf dem Turnier.
[SPEAKER 1]Ja, das erste Mal drauf gesessen habe ich… Im Mai oder so, aber dann die nächste Zeit nicht. Und dann fuhr ich aufs Turnier, Pferd geritten, erste Spring gewonnen, zweite Spring Fehler gehabt glaube ich und großen Preis gewonnen. Dann kamen Besitzer und ich etwas besser zusammen und hab gesagt, jetzt muss ich ihn aber mit nach Norddeutschland nehmen. Ja, wie soll das denn gehen? Ja, mit deinem LKW. Meinen PKW lasse ich hier stehen. Ich nehme den LKW und fahre mit dem Pferd nach hier oben. So, dann habe ich Sonntagabend das Pferd eingepackt, bin nach Holstein gefahren und dann hatte ich Nebomuk im Stall. Ich habe den hier oben geritten, ein paar Turniere in Skandinavien geritten. Na ja, und dann, Herbert Mayer war überzeugt von dem Pferd und wollte das Pferd auch an sich binden. Ich hatte mich schon daran beteiligt und ein halbes Jahr später hat sich das DUKR daran beteiligt. Und das war dann Nebomuk. Und dann, anderthalb Jahre später, Olympiade.
[SPEAKER 2]des DOKR trotz dieses ganzen Zwists damals mit der FN und dem Auseinandergehen mit dem Bundestrainerposten hat das DOKR trotzdem gesagt, wir beteiligen uns da?
[SPEAKER 1]Ja, das eine war Geschäftsführer Dr. Burand und das andere war die Abteilung Sport, das war Dr. Specht. Jaja, das hatte miteinander nichts zu tun. Es war auch so, als ich mich getrennt habe vom DOKR, da war, wie soll ich sagen, ganz klar Recht auf meiner Seite. Und da musste man einen klaren Weg fahren. Und vielleicht hat man sich auch später eingesehen. Aber ich glaube, das hatte miteinander nichts zu tun damals, die Abteilung.
[SPEAKER 2]Wo man damals auf einem Turnier in Stuttgart Weibling wahrscheinlich noch nicht hätte absehen können, dass es mal Richtung Olympiade geht, oder?
[SPEAKER 1]Mit Sicherheit nicht. Also vor allen Dingen nicht bei mir im Kopf. Überhaupt gar nicht. Die Geschichte geht eigentlich sehr lustig weiter. Das war ja dann… 86 kriegte ich das Pferd, 87 war ich aber schon Reservist bei der Europameisterschaft in St. Gallen und 88, aber ich hatte noch überhaupt nicht Olympiade im Kopf. 88 habe ich geheiratet im April und dann haben meine Frau und ich vereinbart, unsere Hochzeitreise machen wir zur Olympiade und gucken uns die Olympiade schön an.
[SPEAKER 2]Nach Korea, nach Seoul.
[SPEAKER 1]Ja genau, das war im April. Und dann kam das so, im Mai war erste Qualifikation oder Sichtung für die Olympiade in Balbe.
[SPEAKER 2]Deutsche Meisterschaft.
[SPEAKER 1]Das war immer mein Platz. Und da habe ich diese Sichtung gewonnen mit dem Nepomuk. Und auf einmal, war ich irgendwo im Kreis der Kandidaten, Longlist oder wie auch immer. Und dann lief das Richtung Olympiade. Und dann wurde aus der Hochzeitreise nichts, dann fuhr ich ja nachher mit. Das war dann auch noch eine ganz lange Geschichte. die man gar nicht so kurz erzählen kann. Ich bin hier als Reservist mitgefahren, als dritter, vierter Reservist und dann fiel ein Pferd aus, ein Reiter aus und nochmal ein Pferd aus und plötzlich war ich mit da drüben.
[SPEAKER 2]Eigentlich war ich… Richtig in der Equipe auf einmal.
[SPEAKER 1]In der Equipe noch nicht. Da kam ich nicht rein, weil Ludger ja das Reservepferd Sefrik damals geritten hat. Aber aufgrund der Ausschreibung hatte ich die Möglichkeit, mich für die Einzelwertung zu qualifizieren. Und die Möglichkeit hat man mir gegeben und die habe ich wahrgenommen. Und so kam ich ins Finale und lief alles glücklich. Wurde ich Dritter.
[SPEAKER 2]Das ist ja eigentlich das i-Tüpfelchen einer unglaublichen Geschichte, die man so ja niemals hätte absehen können.
[SPEAKER 1]Ja, absolut. Das ist eine tolle Geschichte. Ich habe auch schon ab und zu mal überlegt, ob ich die mal ausführlich aufschreibe, aber dann war ich mir nicht so sicher, ob das so viele interessiert. Aber es ist schon eine schöne Geschichte.
[SPEAKER 2]Jetzt haben wir sie zum Teil zumindest bei uns im Podcast festgehalten.
[SPEAKER 1]Ja, genau.
[SPEAKER 2]Und Olympiade, muss man sich natürlich aus rechter Sicht vorstellen, der Gipfel der sportlichen Erfolge, oder? Mehr geht nicht.
[SPEAKER 1]Nee, mehr geht nicht. Ich habe das relativ Gelassene auf mich zukommen lassen. Weil ich wirklich als Reservist da rüber gefahren bin. Also ich war nicht nervig, ich war nicht nervös, dass mein Pferd krank werden könnte oder irgendwas. Ich war ja fünfter Mann. Ich war eigentlich ja, ja ich war aktiver Sprecher seiner Zeit. Hatte ja gewisse Aufgaben, wenn es irgendwo Probleme gab, aber bis kurz bevor es losging. Wir waren ja lange in Quarantäne in Mühlen drei Wochen, dann nochmal da drüben in Seoul drei Wochen. Also wir hatten keinen Lagerkoller, aber es war schon eine lange Zeit. Und dann ging es plötzlich los und auf einmal durfte ich reiten.
[SPEAKER 2]Beeinträchtigt so eine Quarantäne auch das Training?
[SPEAKER 1]Nein, gar nicht. Also für mich war das sehr, sehr positiv im Nachhinein. Erst wollte ich gar nicht in die Quarantäne, weil ich sagte, ich bin siebter oder achter Mann. Dann hat man mich dazu gezwungen, da reinzugehen, weil das Olympiade-Komitee Mitbesitzer war des Pferdes. Dann musste ich da reingehen. Und ich habe die Zeit dann versucht wirklich zu nutzen, um mich weiterzubilden und Augen aufzumachen. Und ich muss sagen, aus der Zeit habe ich für mein dann folgendes Reiterleben ganz viel mitgenommen. Und Paul Schocke-Mülle, der hat mir gewaltig geholfen. Und ohne den hätte ich den Erfolg nachher auch nicht gehabt. Das steht fest, auf jeden Fall.
[SPEAKER 2]Wer war damals mit auf dem Team?
[SPEAKER 1]Mit dem Team waren Ludger Baerbaum, Frank Slotak, Dirk Havermeister und Wolfgang Brinkmann. Wir fünf waren die letzten fünf. Vorher waren auch Paul mit dem Deister dabei und Henrik Snoek mit Anatol. So ungefähr, die waren das.
[SPEAKER 2]Du und Wolfgang Brinkmann hattest auch eine besondere Verbindung.
[SPEAKER 1]Naja, das war so ein Zwei-Parteien-System. Auf der einen Seite war das Stadt Schocke-Mülle, das war damals ja Ludger, Franke und Körpermeister. Das war die eine Truppe, die kannten sich ja aus dem Training.
[SPEAKER 2]Die so gefühlt auch gesetzt waren, ne?
[SPEAKER 1]Ja, die waren gesetzt, klar, auch von der Leistung her. Wolfgang Brinkmann als reiner Amateur und ich als allein kämpfender Profi. Dadurch haben Wolfgang und ich ein bisschen mehr zusammengehalten.
[SPEAKER 2]Das Gallische Dorf.
[SPEAKER 1]Ja, das war ganz normal eigentlich. Aber wir haben viel zusammen gemacht und da hat sich auch eine sehr nette Freundschaft entwickelt.
[SPEAKER 2]Und da kam dir auch die Entscheidung mit dem Amateurstatus wiederum zugute, weil dort durftest du auch wirklich dann starten.
[SPEAKER 1]Die Entscheidung kam mir nicht zugute, weil sich auf dem Wege in den Jahren dorthin die IOC-Regeln wieder geändert hatten, sodass auch Profis teilnehmen durften. Aber ich hatte trotzdem meine Papiere in Ordnung.
[SPEAKER 2]Wie ging es danach für dich weiter, für dich und Nepomuk insbesondere? Wie lief die weitere Karriere nach dem Olympiaerfolg, nach der Bronzemedaille?
[SPEAKER 1]Ja, das lief eigentlich noch zwei Jahre recht gut. Das Jahr drauf, das war 1989, habe ich Europameisterschaft mitgeritten. In Rotterdam war ich Vierter, immer der unglückliche Platz. In der Mannschaft waren wir auch Vierter, weiß ich nicht mehr, aber keine Medaille. 1990 waren die Weltmeisterschaften in Stockholm. Da war ich mit dem Team, da wurden wir Vize-Weltmeister hinter Frankreich. 1991 habe ich ihn aus dem Sport genommen. 1991 oder 1992 habe ich ihn aus dem Sport genommen. Und dann hat er hier ein schönes Leben gehabt in Borstel.
[SPEAKER 2]Borstel in der Nähe von Neumünster, also in dem Dreieck Itzehoe, Hamburg, Neumünster.
[SPEAKER 1]Genau. Und der ist ja schön alt geworden.
[SPEAKER 2]Der ist 32 Jahre alt geworden. 32 Jahre? Was ja großartig ist.
[SPEAKER 1]Ja, für einen Sportler fehlt ein sehr hohes Alter.
[SPEAKER 2]Nun hast du ja, bist du turniersportlich nicht mehr natürlich unterwegs, hast sprichwörtlich quasi dein Turniersack an den Nagel gehangen und bist jetzt Trainer. Was begeistert dich so an dem Trainer-Dasein? Warum vermittelst du gerne dein Wissen?
[SPEAKER 1]Ja, mein Sportleben, das lief eigentlich schon immer parallel zu einem Trainerleben. Ich habe immer schon nebenbei trainiert. Mit dem Turnierreiten konnte man ja kein Geld verdienen und konnte auch nicht von leben. Das hat Geld gekostet und ich habe damals eigentlich über Training mein Geld verdient. Und das hat mich natürlich auch für meine eigene Reiterei weitergebracht, weil man im Training ja doch immer noch irgendwelche Neuheiten sieht oder was Neues erkennt. Und ich habe mir damals, das war dann nach der Olympia 1990, habe ich mir hier die Anlage gekauft und so umgestaltet, dass ich hier Lehrgänge für Reiter mit eigenen Pferden durchführen kann, die hier ins Trainingslager kommen und ich denen helfen kann. Und deshalb ist diese ganze Anlage auch so ausgebaut mit Unterkunftsmöglichkeiten und Verpflegungsmöglichkeiten. Das macht meine Frau. Das persönliche Wohlergehen, da kümmert meine Frau sich drum und ich kümmere mich um das Sportliche für die Schüler. Da haben wir hier viele Jahre schon gewaltig viele Schüler hier gehabt und gut trainiert. Dann habe ich nebenher noch, man kann diese Lehrgänge nicht das ganze Jahr durchführen, weil die Schüler ja auch viel auf Turniere gehen, und zwischendurch habe ich dann andere Trainingsmöglichkeiten wahrgenommen. Ich bin über sieben Jahre lang in China gewesen und habe die Reiter in Shanghai trainiert. Da war ich so 60, 70 Tage im Jahr. Das war auch eine sehr interessante Aufgabe, weil man da fast bei Null anfing. Die waren im Vergleich zu unserer Reiterei im Westen hier sehr hinteran. Die haben jetzt ein bisschen aufgeholt, aber es ist doch noch ein gewaltiger Unterschied. Dann habe ich um die Jahrtausendwende aufgehört mit dem aktiven Sport und bin dann noch mehr ins Training reingegangen. Heute im Moment verbringe ich meine meiste Zeit in der Turnierbetreuung. Junge Reiter oder heute ein junger Reiter, den Philip Houston betreue, reiterlich zu Hause helfe, dass er reiterlich weiterkommt und auf Turnieren betreue, mit ihm den Einsatz seiner Pferde bespreche und das nimmt sehr viel Zeit in Anspruch.
[SPEAKER 2]Also wirklich das Individualtraining und auch das gesamte Management drum zu?
[SPEAKER 1]Ja, genau. Das versuche ich mit ihm und der Familie zusammen auszudiskutieren und dann eine Entscheidung zu treffen und dann ziehen wir das durch.
[SPEAKER 2]Würdest du sagen, als guter Reiter hat sich da auch was verändert? Also muss man nicht nur einfach ein talentierter Reiter sein im Sattel, sondern gehört auch mehr dazu? Stichwort Turniermanagement, Außendarstellung, Social Media und das Ganze drum zu?
[SPEAKER 1]Als erfolgreicher Turnierreiter bräuchte man die Social Media. Bräuchte man sicher nicht, um Erfolg zu haben. Nur Talent reicht Gott sei Dank auch nicht, sag ich mal. Es gibt ja so einen schönen Spruch, der heißt Fleiß schlägt Talent. Also wer sich auf sein Talent ausruht, wird sicherlich überholt von den Sportlern, die mit Fleiß sich das erkämpfen oder erarbeiten. Wenn einer Talent hat und fleißig ist, der reitet natürlich irgendwann ganz oben mit.
[SPEAKER 2]Und in deinem Training mit deinen Schülern, wie stellst du dich auf die Leute ein? Wie schaust du, dass derjenige, der jetzt gerade auch das und das Problem hat, wirklich, dass ihr gemeinsam an dem Problem arbeitet, wie kann man das individuell einstellen?
[SPEAKER 1]Man muss sich das so vorstellen, ich führe Lehrgänge durch, manchmal die drei Tage, also ein langes Wochenende sind. Ich habe hier auf dem Hof Lehrgänge, die auch länger gehen. Früher ging das sogar über 14 Tage, heute nur noch über eine Woche. Und da wird anfangs mit den Schülern besprochen, alle in einer Runde, dass alle ein bisschen was davon haben. Die erzählen mir oder den anderen Schülern was von ihrem Pferd und ich sage auch schon im Vorhinein, mich interessiert am meisten, wenn ihr Probleme habt oder welche Probleme ihr habt mit dem Pferd. Damit man von Anfang an an diesem Problem arbeiten kann und nicht erst vielleicht am dritten Tag oder am fünften Tag feststellt, ach, das ist das Problem, das hätten wir ja auch schon am ersten Tag irgendwie angehen können. Und dann am ersten Tag geht das eigentlich noch ganz locker zu. Versuche ich auch den Schülern zu vermitteln, dass sie locker bleiben und nicht verkrampfen oder irgendwas Besonderes machen. Da sollen sie einfach mal so reiten, wie sie das kennen und ich beobachte das. Und wenn ich dann sehe, dass ich schon im Grundsatz irgendwas anders machen würde, dann wird das am ersten Tag schon besprochen und versucht abzuändern. Und ansonsten erarbeiten wir uns das Tag für Tag immer ein Stück weiter. Ich fange grundsätzlich mit tressurmäßiger Arbeit an. Dann geht es über Gymnastik, über Cavalettis. Beobachtet die Reiter, ob sie ein gutes Auge haben oder ob sie in der Lage sind, die Galoppade ihres Pferdes zu beherrschen, zu verlängern, zu verkürzen den Galoppsprung. Dann steigern wir das langsam und am Ende steht dann ein Parcours. Ich versuche, in den Tagen des Lehrgangs die Reiter nicht nur korrekt aufs Pferd zu setzen. Da wird auch daran gearbeitet. Oder ihnen fachliche Dinge zu erzählen. Ich versuche natürlich auch, den Reitern ein bisschen Horsemanship beizubringen. Oder ihnen was über Horsemanship zu erzählen. Und das ist, glaube ich, ein ganz wesentlicher Punkt, der heute großenteils schon vernachlässigt wird. Das muss heute alles schnell, schnell gehen. Ein Turnier folgt aufs andere. Und so richtig Horsemanship bleibt teilweise doch schon auf der Strecke. Das, glaube ich, kann man so sagen.
[SPEAKER 2]Was heißt für dich konkret Horsemanship?
[SPEAKER 1]Naja, dass man sich mit dem Pferd wirklich beschäftigt, dass man fair gegenüber dem Pferd ist. Wenn man fühlt, dass das Pferd nicht richtig in Schuss ist oder nicht genau weiß, ist er lahm, ist er nicht lahm, dass man einfach auf seinen eigenen Ehrgeiz verzichtet, den zurücksteckt und sagt, okay, dann reite ich heute nicht auf, wenn ich zum Turnier gefahren bin und Zeit vertan habe. Das alles gehört zu Horsemanship. Ja, ich sag mal, wenn es jetzt ganz unglücklich läuft, wie in diesem Jahr, dass plötzlich statt 25 Grad 39 Grad sind und im Hänger vielleicht noch ein paar Grad mehr, dass man sagt, nee, das muss nicht sein. Heute fahre ich einfach mal nicht aufs Turnier und mein Pferd muss nicht den ganzen Tag in zwei Pferdehängern stehen, wo es dann schwitzt und brütet oder so. Das gehört alles zur Horsemanship dazu. Einfach fair gegenüber dem Pferd. Es gibt kein deutsches Wort dafür.
[SPEAKER 2]Vielleicht um sich selber auch mal zurückzunehmen und nicht zu sagen, okay, jetzt will ich heute nochmal zum dritten Mal hintereinander aufs Turnier fahren, sondern wenn es heute 39 Grad ist, bleibe ich mal zu Hause.
[SPEAKER 1]Ja, oder ich reite nur eine Prüfung und fahre dann nach Hause oder wie auch immer. Also einfach das Pferd nicht als Sportgerät sehen, sondern als Partner und ich glaube, wenn man das so ausdrückt, dann kann man sich am meisten darunter vorstellen und den Partner eben fair behandeln.
[SPEAKER 2]Du hast es eben angesprochen, du warst einige Zeit in China, bist auf vielen großen Turnieren dieser Welt unterwegs. Wie siehst du die allgemeine reiterliche Entwicklung in diesen Schwellenländern wie China? Ich glaube, Indien wird in den nächsten Jahren noch ein Thema, die arabischen Staaten. Wie siehst du dort die Entwicklung?
[SPEAKER 1]Die Entwicklung geht ganz einfach dahin, dass die aufholen. Das ist nicht in der Breite so wie bei uns in Europa. Ich glaube, in Deutschland hat man so knapp 100.000 registrierte Turnierreiter. In China, wo es
[SPEAKER 2]Ich weiß nicht, wie viele Millionen Menschen wohnen da? 1,6 Milliarden.
[SPEAKER 1]Also reichlich. Da gibt es registrierte Turnierreiter. Ich würde sagen, wenn es da 500 gibt, ist das viel.
[SPEAKER 2]Ich war auch mal auf einem Turnier in Shanghai. Das ist schon ein anderer Schnack.
[SPEAKER 1]Ja, das ist noch eine andere Welt. Aber die holen auf. Das wird sicher mehr als eine Generation dauern. Ich glaube nicht, dass in den Ländern der Sport in der Breite auf der Basis so groß wird wie hier bei uns in Europa, weil es auch vom Klima her nicht unbedingt Pferdeländer sind. Einfach zu heiß oder zu feucht. Nicht die idealen Bedingungen für die Pferde einfach mit sich bringen. Aber die Schwellenländer, die haben Gewalt, die aufgeholt. Und wenn man heute auf ein internationales Turnier fährt, ich denke jetzt mal so an Turniere, die so in Holland, Belgien und Deutschland da in dem Dreiländereck stattfinden, da ist das normal, dass 20, 25 Nationen am Start sind. Aber dann von den einzelnen Ländern meist auch nur ein Reiter oder zwei Reiter. Und die sind dann auch meistens in Europa stationiert und leben in Europa, aber haben die Staatsangehörigkeit von Sri Lanka oder Genua oder ich weiß nicht, also es gibt alles. Es gibt alles, wo man sich dann manchmal fragt, gibt es da überhaupt den Sport? Den gibt es ja wahrscheinlich auch noch gar nicht, aber die leben dann hier. Aber China hat gut aufgeholt und Indien, da wäre ja Potenzial. Aber das Problem, was ich jetzt in China eigentlich so live erlebt habe, ist, dass er sich nicht richtig, richtig schnell entwickeln kann, weil die Entfernungen zu groß sind. Wenn einer in Shanghai, in der City lebt und will reiten, der fährt… Der fährt schon zwei, zweieinhalb Stunden. Ja, der fährt gewaltig lange, bis er zum ersten Pferdestall kommt. Und deswegen ist das für die Jugend da gar nicht möglich, so schnell das Reiten zu lernen.
[SPEAKER 2]Also auch geografisches Problem, praktisch.
[SPEAKER 1]Ja, ja. Also das ist ein ganz, ganz großes Problem, damit alles ein bisschen schneller sich entwickelt, was ich erlebt habe, beobachtet habe.
[SPEAKER 2]Du hast eben Horsemanship angesprochen. Sind da kulturelle Unterschiede ein Thema, wo man sagt, okay, die Chinesen, die auch über viele Jahre, das war so meine Erfahrung, die einfach viele Jahre auch gar nicht so in Kontakt waren mit Pferden, also historisch ja schon, aber dann durch Kommunismus, Kulturrevolution und so weiter, gar nicht so Kontakt zu Tieren hatten, dass die Defizite in Sachen Horsemanship oder Verständnis haben?
[SPEAKER 1]Ja, auf jeden Fall. Also das ist nicht nur China, das gilt sicherlich für alle Länder, wo die Reiter nicht mit Pferden aufwachsen. Bei uns ist Housemanship, ich sag mal hier im Züchterland Holstein, ist das was ganz Normales. Damit werden die Kinder groß, die kennen gar nichts anderes. Ich habe es in China erlebt, da kann ich eigentlich sagen, mit den Reitern, mit denen ich zu tun hatte, das Wort kannten die nicht und hatten natürlich auch nicht diese Eigenschaften. Da habe ich auch versucht, denen ein bisschen beizubringen. Da gab es nur ein oder zwei Reiter, die das mitbrachten und das war ein Reiter aus der Mongolei, der mit den Mongolenponys aufgewachsen ist. Und der dann aus der Mongolei Richtung Shanghai gekommen ist und dann in den Stall war, wo ich war. Das war ein Horseman, weil der mit den Pferden aufgewachsen war. Und das ist natürlich schon ein Problem, das zu erlernen. Manche interessieren sich vielleicht auch gar nicht dafür. Es gibt schon heute im Sport sehr viele Reiter aus Ländern, die sich gar nicht so sehr fürs Pferd interessieren, sondern die sich nur für den Sport interessieren. stellsportliche Erfolge. Am liebsten das Pferd gesattelt auf den Abreiteplatz bringen und da aufsteigen und dann ein bisschen reiten, springen, Prüfung und wieder runter.
[SPEAKER 2]Das funktioniert aber nicht so richtig.
[SPEAKER 1]Nein, wenn man ganz gute Pferde und ganz gute Trainer hat, gibt es schon, dass es auch funktioniert. Es gibt einen Trend, also das hat man mir erzählt, ich habe es noch nicht beobachtet oder beobachten können, Aber es gibt einen Trend in Amerika, da ist das schon ein Service, der angeboten wird und auch sehr gern angenommen wird. Das, was ich eben gesagt habe. Auf dem Turnierplatz aufs Pferd steigen, ein bisschen reiten, Prüfung und wieder tschüss.
[SPEAKER 2]Obwohl hättest du so große Erfolge mit Nepomuk damals gehabt, hättet ihr nur so eine Kurzzeitbeziehung gehabt auf dem Turnierplatz. Ich meine, es ist ja auch, um wirklich reiterlich weiterzukommen, muss man ja auch in gewisser Weise zu einer Einheit werden und auch wirklich Horseman-like sich auf das Pferd einstellen.
[SPEAKER 1]Ja, absolut. Das geht gar nicht. Das ist auch eine Entwicklung, da muss man eigentlich hoffen, dass das eine Ausnahme bleibt und die Entwicklung nicht in die Breite geht. Wer kein Horseman ist, der wird keine ganz großen Erfolge haben. Das geht nicht.
[SPEAKER 2]Großartig. Am Ende eines jeden WeHoS Podcasts haben wir die vier klassischen Fragen, die ich auch dir stellen möchte. Und Frage Nummer eins ist, hast du ein Motto, nach dem du lebst? Ja.
[SPEAKER 1]Muss ich ganz kurz überlegen. Ich glaube schon, ich habe das nicht als Motto, aber ich lebe so und im Alter denkt man ja öfter an die Vergangenheit und so. Ich glaube, ich habe versucht, die Zeit, die ich habe, zu arbeiten und mich weiterzubilden und zu wühlen. Also jetzt nicht nur reiterlich gesehen, sondern auch was hier meinen Hof angeht. Und ich hab immer gedacht, wenn die anderen nicht arbeiten, dann muss ich arbeiten, dann kann ich ein bisschen aufholen.
[SPEAKER 2]Dann Frage Nummer zwei. Gibt es einen Menschen, der dich persönlich besonders geprägt hat, vielleicht auch aus reiterlicher Sicht?
[SPEAKER 1]Einen einzelnen Menschen könnte ich jetzt glaube ich nicht benennen, aber ich habe sicher einige Bekanntschaften gemacht in meinem Leben, durch die mein Leben in die eine oder andere Richtung gelenkt worden ist. Und das waren Meistens Pferdeleute. Das waren meistens Pferdeleute, die dann, wenn man mal am Boden war, sportlich oder persönlich oder so, die dann einen Mut gemacht haben und gesagt haben, Kopf nicht hängen lassen, nur der wird gut, der wieder aus dem Tal aufsteht. Und das habe ich sportlich ein-, zweimal erlebt. Das geht ja in unserem Sport auch ganz, ganz schnell, wo man dann an sich selber vielleicht zweifelt oder nicht sicher ist, ob man wirklich das Richtige macht. Und wenn man dann einen Freund hat, der sagt, Kämpfen, komm, weiter. Geht weiter. Du bist besser als die anderen. Oder irgendwie so ein Spruch. Oder im Persönlichen, wo dir dann ein Freund sagt, jede Medaille hat zwei Seiten, wir kennen jetzt nur die schlechte, wir müssen jetzt die gute suchen. Also dann machst du weiter und suchst die gute und du wirst feststellen, da ist was Wahres dran, die gute Seite kommt. Und das habe ich zwei, drei Mal erlebt und danach lebe ich eigentlich auch.
[SPEAKER 2]Wenn du Reitern auf dieser Welt eine Sache im Umgang mit Pferden auf den Weg geben könntest, was wäre es?
[SPEAKER 1]Ich versuche meinen Schülern immer zu sagen, Versuche, in dein Pferd reinzukriechen und zu fühlen, was dein Pferd fühlt. Das kann man ja nicht, aber man kann sich so intensiv schon mit einem Pferd beschäftigen und ein Pferd so gut kennenlernen, dass man Dinge erfühlt, bevor sie nach außen in Erscheinung treten, zum Beispiel eine Lahmheit. Wenn ich mein Pferd ganz gut kenne und merke an einem Tag, das bewegt sich nicht so wie vorher, aber eine Lahmheit ist nicht zu erkennen, dann ist das toll, wenn man die Fähigkeit entwickelt, dieses Feingefühl entwickelt und dann eben danach dann auch Horseman ist und sagt, jetzt starte ich mal nicht oder jetzt hole ich mein Tierherz oder irgendwie sowas. Also das versuche ich meinen Schülern mit. Versucht in eure Pferde reinzukriechen, dann könnt ihr eigentlich nichts falsch machen.
[SPEAKER 2]Und zum Abschluss, vervollständige bitte diesen Satz. Pferde sind für mich.
[SPEAKER 1]Keine Maschinen.
[SPEAKER 2]Großartig. Ein perfektes Schlusswort. Vielen Dank für diesen Podcast rund um das Thema Springreiten und auch so ein bisschen deinen Werdegang. Ich glaube, das ist eine sehr, sehr interessante Geschichte. Vielen Dank, Reitmeister Karsten Huck.
[SPEAKER 1]Ja, danke auch.
[SPEAKER 2]Das war der heutige wehorse Podcast. Alles zum Springreiten gibt es bei uns auf www.wehorse.com. Beispielsweise mit dem neuesten Lernfilm des FN-Verlags namens Springreiten Ausbildung für Pferde und Reiter. Weitere Informationen zu den gesamten Lernfilmen des FN-Verlags findet ihr unter blog.wehorse.com. wehorse.com slash fn minus Lernfilme. Dort haben wir alles für euch zusammengestellt, alle Informationen zu diesen neuesten Filmen, die jetzt bei uns verfügbar sind. Ich freue mich drauf, wenn ihr dabei seid bei der nächsten Folge des wehorse Podcasts.