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#132 Para-Star Gianna Regenbrecht: Aufgeben ist keine Option

Seitdem Gianna Regenbrecht einen schweren Reitunfall hatte, ist sie auf einen Rollstuhl angewiesen. Trotzdem gab sie den Reitsport nicht auf. Mit ihrem ersten eigenen Pferd „Selma“ wuchs sie in den Para-Reitsport hinein.

In dieser Folge des wehorse-Podcasts erzählt Gianna, wie sie den Weg zurück in den Sattel fand und warum für sie keine Option war, nicht weiter zu reiten. Außerdem spricht sie darüber, was ein gutes Pferd für sie auszeichnet.

Podcast Transkript

Dieses Transkript wurde durch eine KI erstellt und nicht gegengelesen.

[SPEAKER 1]Herzlich willkommen zum wehorse Podcast. Mein Name ist Christian Kröber und heute ist die unglaubliche Folge Nummer 132 schon. Unglaublich, was für eine Reise wir inzwischen mit diesem Podcast erlebt haben. Und heute ist die wahrscheinlich bekannteste Parasportlerin Deutschlands bei uns zu Gast, nämlich Gianna Regenbrecht. die vor einigen Jahren einen schweren Schicksalsschlag erlitten hat, seitdem im Rollstuhl sitzt und die Pferde, glaube ich, einer der großen Hoffnungsträger waren, die sie durchgebracht haben und sie ist unglaublich positiv, geht beeindruckend mit den Dingen um und darüber sprechen wir heute, wie man positiv bleibt, was die Pferde damit zu tun haben, wie sie reitet, was wichtig ist bei Parapferden und eigentlich generell auch im Leben. Und eine Folge, die mir persönlich sehr, sehr viel Spaß gemacht hat. Hört gerne rein. Und ich würde sagen, wir starten genau jetzt mit Podcast-Folge Nummer 132 mit Gianna Regenbrecht. Viel Spaß. Hallo Gianna.

[SPEAKER 2]Hallo. Vielen Dank für die Einladung.

[SPEAKER 1]Schön, dass du da bist. Du bist Parasportlerin. die in den letzten Jahren einer der aufstrebenden Parasportlerinnen in Deutschland ist und war. Und vor einigen Wochen hatten wir schon das Thema Parasport hier bei uns, nämlich mit dem Bundestrainer Bernhard Fliegl. Das war während der Deutschen Meisterschaften in München-Riemen, haben wir das aufgenommen. Und heute bist du am Start und wir wollen über Parasport reden. Wir wollen über deine reiterliche Karriere, gar nicht unbedingt immer über das Handicap reden, aber deine reiterliche Karriere und was für dich da besonders ist sprechen. Und Das Schöne am Parasport, das hatten wir auch schon mit dem Bernhard letztes Mal, es wird ganz offen auch über die für Außenstehenden schwierigen Themen gesprochen, nämlich das Handicap.

[SPEAKER 2]Ja, und genau das finde ich richtig cool, weil es ist eigentlich gar nicht so wild, wie sich das meistens anhört. Und ich finde es richtig schön, dass der Parasport immer mehr in den Mittelpunkt kommt und immer mehr hingeschaut wird. und auch das Interesse immer größer wird. Und ich finde es richtig klasse, da einfach auch drüber zu sprechen. Mir ist es immer eine Herzensangelegenheit, da auch irgendwo Barrieren abzubauen, weil ich verstehe den Sport für mich so, wie ich ihn auch vor meinem Unfall schon verstanden habe. Und zwar möchte ich ja eigentlich ein glückliches Pferd, was total gerne mit mir zusammenarbeitet und jetzt eben mit meinem Handicap muss ich einfach dann schauen, wie ich mein Handicap so kompensieren kann, dass das Pferd mich gut versteht und gerne mit mir zusammenarbeitet. Und manchmal ist es sogar viel einfacher, als sich das für Außenstehende vielleicht anhört oder sich Außenstehende im ersten Moment denken. Und deswegen freue ich mich sehr, jetzt alle deine Fragen zu beantworten.

[SPEAKER 1]Wir können ja vielleicht mal mit dem Unfall anfangen, das ist sicherlich das einschneidendste in deinem Leben, gehe ich mal davon aus, denn du sitzt jetzt im Rollstuhl. 2014 hattest du einen schweren Reitunfall, der dann dein Leben fundamental verändert hat, das kann man so sagen, oder?

[SPEAKER 2]Ja, auf jeden Fall. Ich kann mich an den Unfall gar nicht erinnern. Das ist aber auch gut. Also, okay, gar nicht erinnern. Es sind so Fragmente. Ich bin mir aber jetzt gar nicht mehr sicher, ob diese Fragmente kommen, weil meine Familie und Freunde mir davon erzählt haben oder ob das wirklich meine eigenen Erinnerungen sind. Das kann ich gar nicht so genau sagen. Aber es ist ja so, Ich sitze wieder auf dem Pferd und das auch wirklich viel und habe aber nie das Problem, dass ich Angst habe oder so. Also eine Frage, die immer ganz schnell aufkommt, ist, dass Leute mich fragen, hast du eigentlich Angst oder hattest du damals Angst, wieder aufs Pferd zu steigen? Nee, hatte ich nicht, weil ich mich an den Unfall gar nicht erinnern kann so in dem Sinne und weil ich auch wirklich ganz langsam danach wieder angefangen habe. Und genau bei diesem langsam, Das genau deswegen, weil eben dieser Unfall mein Leben so doll auf den Kopf gestellt hat und ich mich wirklich komplett neu aufstellen musste in allem. Also vom täglichen Ablauf, weil ich halt nicht aus dem Bett aufstehe und dann loslaufe, sondern mich in den Rollstuhl setzen musste damals und wirklich lernen musste, wie kriege ich eigentlich einen Alltag im Rollstuhl hin. Das habe ich wirklich richtig gelernt. Und dann eben, als ich so auch wieder fit war, dass ich quasi meinen Horizont wieder erweitern konnte, außerhalb von so alltäglichen Geschichten, dann eben auch wieder, ich möchte wieder reiten, ja, aber wie kriege ich das eigentlich hin mit einer Crash-Installierung? Und dann habe ich mich da ganz langsam rangearbeitet.

[SPEAKER 1]Lassen wir den Unfall sprechen. Das ist ja jetzt schon einige Jahre her. Was genau ist da passiert? Es war ja ein Reitunfall. Genau, ja.

[SPEAKER 2]Es war ein Reitunfall und ich komme aus keiner Reiterfamilie, habe also wirklich diesen klassischen Weg im Reitfahren reiten gelernt, dann ein Pflegepferd gehabt, mich immer weiter hochgearbeitet sozusagen und dann irgendwann auch für andere Leute Pferde geritten. Und das war so ein Pferd, das bin ich für jemand anders geritten und ich war eigentlich schon fertig und dann ist es gestiegen und umgefallen. Also es hat sein Gleichgewicht verloren und ich bin mit dem Pferd gestürzt.

[SPEAKER 1]Also nach hinten drüber geschlagen.

[SPEAKER 2]Genau, nach hinten umgefallen. Und ich weiß eigentlich noch, dass ich da im Hallen, also es war eine Halle und ich habe dann da auf den Boden gelegen und ich wusste sofort, ich kann nicht aufstehen. Also meine Füße und Beine, das hat sich angefühlt, als würden da tausend Ameisen drüber laufen. Und mir war wirklich sofort im ersten Moment klar, da ist richtig was kaputt gegangen und ich bleibe hier liegen. Und dann wurde der Notarzt gerufen, der hat mich auch, also der Krankenwagen, dann kam der Notarzt, dann haben die mich auch gar nicht groß angefasst, weil die sofort das auch gut realisiert haben, gut eingeschätzt haben. Und dann wurde ein Hubschrauber gerufen. Und dann wurde ich in eine Unfallklinik geflogen. Und dann, ja, wie das dann alles so seinen Lauf nimmt, dann wurde ich… Ja, also, ich habe eine Kurznarkose gekriegt. Ich habe ab da wirklich gar nichts mehr mitgekriegt. Also, ich kann mich zum Beispiel daran erinnern, dass ich in den Hubschrauber reingeschoben wurde und dass das sehr, sehr eng war. Das weiß ich zum Beispiel noch. Ich weiß auch noch, dass meine Mama gekommen ist. Eine Freundin von mir war dabei bei dem Unfall. die sich interessanterweise auch nicht daran erinnern kann, weil die sich so doll erschrocken hat, dass sie sagt, ich weiß es nicht, ich habe dich da einfach nur plötzlich liegen sehen. Genau, die hat dann meine Mama angerufen, die ist dann auch gekommen. Da weiß ich auch noch, die haben mich dann erst in den Krankenwagen rein, da dann quasi mit, ich weiß es nicht genau, was sie alles gemacht haben, aber auf jeden Fall mit dem Krankenwagen dann bis dahin gefahren, wo der Hubschrauber hingekommen ist. Und ich weiß, dass meine Mama dabei war. Und ich weiß, dass ich dann in der Klinik auch am gleichen Tag direkt operiert worden bin. Und als ich wach geworden bin, war auch meine Mama da. Also, die ist direkt vom Unfallort zum Krankenhaus gefahren und hat auch, ich glaube, die ganze Zeit während der OP vor der Tür gesessen und gewartet. Mein Papa ist dann auch gekommen. Also, die waren da. zieht sich eigentlich so durch diese komplette Zeit. Ich habe dann erst in dem Unfallkrankenhaus gelegen, auf der Intensivstation. Dann relativ schnell bin ich nach Bochum gekommen. Da gibt es eine Querschnittsabteilung.

[SPEAKER 1]Also du kommst aus Nordrhein-Westfalen, aus Lippstadt ursprünglich.

[SPEAKER 2]Genau, ursprünglich aus Lippstadt. Und dann habe ich drei Monate lang in Bochum im Bergmannsheil gelegen, weil die eine Station haben, die genau auf so Querschnittspatienten spezialisiert sind. Und ja, eben durchgezogen hat sich in dieser kompletten Zeit, dass immer jemand da war. Und das war für mich eigentlich so das Schönste, wenn ich mich zurückerinnere. Meine Freunde haben sich abgesprochen, wer wann nach Bochum kommt, mich besuchen, meine Eltern, meine Brüder. Also es war wirklich, ja, ich habe drei Monate im Krankenhaus gelegen und ich glaube, ich kann an zwei Händen abzählen, wie viele Tage davon niemand zu Besuch war. Und das ist jetzt im Nachhinein für mich so Das war so essenziell und so wichtig für mich, dass ich einfach nicht alleine war. Dass immer jemand da war, dass alle auch wirklich versucht haben, super positiv mit mir zu sprechen, auch vor allem darüber zu sprechen und es nicht irgendwie zu… Nicht wegzudrücken.

[SPEAKER 1]Ja, genau.

[SPEAKER 2]Nicht totzuschweigen, nicht wegzudrücken, nicht… Ja, auch so… Das ist ja einfach so. Wenn man so eine dolle Situation hat, die man auch nicht einschätzen kann, Ich sag mal, da neigt der Deutsche ja vielleicht manchmal dazu, erst mal gar nichts zu sagen und so ein bisschen reservierter zu sein. Und das waren wirklich alle gar nicht. Und das war toll. Alle haben super offen mit mir gesprochen. Ich kann mich an Telefonate erinnern mit einer Freundin, die mich ganz oft angerufen hat, weil sie einfach auch in ihrem Studium und auch ein bisschen weiter weg nicht die Möglichkeit hatte, mich so oft zu besuchen. Die hat mich angerufen und die hat mir den komplette normale Ja, die hat alles normal erzählt. Wirklich von was auf der letzten Party los war bis hinten was irgendwie am Stall los ist und und und. Und das war so schön, dass es nicht nur die ganze Zeit um mich und den Unfall ging, sondern dass ich auch von allen anderen die ganz normalen Probleme mitgekriegt habe und alle ganz normal mit mir umgegangen sind. Und ich glaube, das ist auch was, wenn mich Leute fragen nach einem Tipp oder so. Ganz oft, dass mir Leute auch schreiben und sagen in meinem Umfeld, da ist was passiert und hast du irgendwie einen guten Tipp und überhaupt. Und das ist eigentlich immer so der erste Tipp, den ich habe, dass ich sage, geht ganz normal mit den Leuten um. Die freuen sich, wenn ihr denen auch von euren kleinen Problemen erzählt, die für euch so, ja, man hat ja dann vielleicht doch eher das Gefühl, dass man denkt, oh, ich muss dem jetzt nicht erzählen, was hier gerade mal irgendwie so ein bisschen schief gelaufen ist. Der hat ja ganz andere Probleme oder die.

[SPEAKER 1]Nee, genau deswegen.

[SPEAKER 2]Über alles so normal wie möglich sprechen. Und das hat mir immer wahnsinnig gut getan. Und ich glaube, das ist einfach was, was ich anderen mit auf den Weg geben kann. Wenn man so lange im Krankenhaus ist, dann ist es schön, die normalen Alltagsprobleme auch zu hören. Und ja, wenn man dann so das Gefühl hat, man bleibt so dabei, man ist irgendwie trotzdem mittendrin, das hat mir sehr, sehr gut getan.

[SPEAKER 1]Man merkt ja, wenn man mit dir spricht und auch wie du in der Öffentlichkeit mit dem Thema umgehst, dass du sehr positiv da drauf schaust. Das ist ja auch eine unglaubliche Stärke, aus so einem Einstein-Erlebnis dann dieses Positive rauszuziehen. Was hat dir damals Kraft gegeben, positiv nach vorne zu gucken? Waren das diese kleinen Momente oder gab es da ein übergeordnetes Thema, das dich getragen hat?

[SPEAKER 2]Ne, ich würde schon sagen, das waren immer diese kleinen Momente. Zum Beispiel, dass ich so viel Besuch hatte und immer jemand für mich da war. Ein Beispiel, da sind Freunde von mir freitags abends ins Krankenhaus gekommen und die sind mit zwei Autos gefahren, weil sie haben nicht alle in ein Auto reingepasst. Und sie kamen und in dem Krankenhaus gab es einen Aufenthaltsraum und sie haben sich eine Kiste Bier mitgebracht und haben gesagt, wenn du nicht zu uns kommen kannst und mit uns hier zusammensitzen kannst, dann kommen wir zu dir. Und ja, also ich glaube, die Krankenschwestern haben dann auch, die kamen öfter mal rein und haben darum gebeten, dass wir doch ein bisschen leiser sein sollen. Aber das sind dann genau so diese kleinen Momente, wo auch ich gemerkt habe, Ich gehöre auch weiterhin so dazu und das ist schon, ich erinnere mich daran, dass ich am Anfang das ganz komisch fand, wenn ich mit dem Rollstuhl an dem Spiegel vorbeigekommen bin. dieses andere Bild und das war für mich so komisch. Ich habe mich quasi selber nicht erkannt, weil das ist einfach dann ein anderer Anblick. Und wenn dann aber die Freunde ins Krankenhaus kommen und mit einem da dann sitzen und ich konnte am Anfang auch gar nicht so lange im Rollstuhl sitzen. Also ich konnte dann vielleicht anderthalb, zwei Stunden sitzen. Da musste ich wieder liegen, weil ich auch am Rücken so viel operiert wurde. Ja, und dann sind die einfach weiter, als ich eh nicht mehr konnte und wieder dann quasi liegen musste, so viele durften da nicht ins Zimmer, und dann haben die sich irgendwann verabschiedet und sind nach Bochum weiter in die Stadt gegangen. Also das war wirklich süß. Total schön und sie haben immer geguckt, dass ich irgendwie Teil davon bin und das hat gut getan. Und dann auf der anderen Seite in Bochum wurde auch Hippotherapie angeboten. Und das waren auch so kleine Momente für mich, dass ich dann gesagt habe, so und ich möchte gerne da mitfahren. Und dann haben die Ärzte erst gesagt, Jana, das geht noch nicht, weil dein Rücken mit den ganzen Schrauben und so und das ist noch ein bisschen gefährlich. nach zwölf Wochen. Dann habe ich mal so gerechnet. Ich wusste ja grob, dass ich ungefähr drei Monate da bleibe. Und dann habe ich gesagt, nee, also, das geht ja nicht. Da bin ich ja schon gar nicht mehr da. Und dann habe ich denen ein bisschen, ich glaube, ein paar Nerven gekostet und ein bisschen genervt. Und dann haben sie gesagt, okay, aber nur zehn Minuten, ganz langsam und ganz vorsichtig. Ja, und dann durfte ich da mitfahren. Und ich weiß auch sogar noch den Namen von dem Pferd. Der hieß Halifax. Und ich durfte auf diesen Kaltblutverschnitt, dann da zehn Minuten, auf so einem Pad wurde ich da rumgeführt. Und für mich war das erstmal ganz super. Und ich hab mich wohl gefühlt, hab gedacht, toll, endlich mal wieder hier bei Pferden. Und das war auch so ein kleiner Moment eben, dieses erste Mal Hippotherapie im Krankenhaus. Ja, also man kann schon sagen, es waren immer diese kleinen Momente, die mich dann auch ein ganzes Stück weitergebracht haben. und mir dann auch einfach gezeigt haben, das geht im Rollstuhl, es ist auf jeden Fall machbar und das gibt dann auch Mut.

[SPEAKER 1]Stellte sich für dich jemals die Frage, ob du nicht wieder reiten möchtest?

[SPEAKER 2]Nein, nein, wirklich gar nicht, weil ja, dadurch, dass ich mich an den Unfall so gar nicht erinnern kann und dann diese Hippotherapie für mich so ein erster wieder ans Pferd drankommen Moment war und das mir Spaß gemacht hat und ich dann irgendwann ja auch wieder nach Hause gekommen bin und die Pferde, die ich vorher zu Hause geritten bin, dann besucht habe und auch dann vom Parasport gehört habe. Ich hatte vorher auch überhaupt keine Berührungspunkte zum Parasport. dann das aber mitbekommen habe und mir dachte, warum eigentlich nicht, habe ich mich dann wieder so langsam dran getastet. Also es war nicht von heute auf morgen, dass ich gesagt habe, so und jetzt reite ich wieder und es geht los, sondern das war wirklich so eine Entwicklung über Wochen und Monate, dass ich immer mehr gemerkt habe, dass ich mit meinem Körper wieder klarkomme, dass ich im Rollstuhl wieder klarkomme, dann habe ich die Pferde besucht, dann habe ich mir zum Beispiel in Lippstadt eine Hippotherapeutin gesucht, die mich auch nicht nur weitergebracht hat im Sinne von, dass ich wieder mit Pferden zu tun hatte, sondern auch diese Therapieform mir richtig richtig gut geholfen hat. Und so bin ich immer stückchenweise wieder quasi dem Pferd näher gekommen. Und irgendwann war es dann meine Trainerin Claudia, die mich schon vor meinem Unfall trainiert hat, die dann quasi meine Verbündete war. Und die hatte einen Norweger bei sich im Stall und hat gesagt, weil ich ihr dann halt davon noch erzählt habe, ich möchte wieder reiten, nicht nur Hypotherapie, ich möchte wirklich auch wieder in den Sattel steigen. Und ja, da hat sie gesagt, okay, Jana, können wir machen, aber mit dem Norweger.“ Und da hab ich gesagt, nee, also ich möchte doch wieder richtig reiten. Und dann hat sie gesagt, ja, also es gibt jetzt zwei Möglichkeiten, entweder wir nehmen den Norweger oder du kannst das vergessen, weil die ganzen anderen, da setze ich dich nicht drauf, das ist viel zu gefährlich. Ja, und dann hab ich gesagt, gut, dann nehmen wir doch den Norweger. Und ich muss sagen, das war das Allerbeste, was mir passieren konnte, weil dieser Norweger hat wirklich seine Aufgabe darin gefunden, quasi mir das Reiten wieder beizubringen und es war einfach wirklich süß. Der ist so, der hat so gut auf mich aufgepasst. Ich hatte ja auch wirklich kein Gefühl in den Beinen und auch, ja also ungefähr, man kann sich das vorstellen, ab Hüfte habe ich ein eingeschränktes Gefühl. Also ich habe eine inkomplette Querschnittslähmung. Ich kann ein paar Muskeln ansteuern. Das ist auch über die Jahre jetzt besser geworden, aber am Anfang war das wirklich so, dass ich ungefähr ab Hüfte, Bauchnabel, die Region, ab da nicht mehr viel spüren konnte. Und als Beispiel sage ich immer, jeder kennt bestimmt diesen Ballimo, diesen Bewegungshocker oder auch so einen Patsy-Ball, wenn man sich da draufsetzt und dann die Füße hochhebt. So hat sich für mich am Anfang sitzen angefühlt. Ich hatte Gleichgewichtssinn, ja, aber über die Füße kam kein Feedback, über die Beine kam kein Feedback. Ich saß quasi auf meinem Hintern und es hat sich alles wackelig angefühlt. Und wenn man sich dann natürlich noch auf ein Pferd setzt, wo ja auch noch Bewegung ist, dann ist das schon ganz schön viel Input, was man alles so ausbalancieren muss. Und da war dieser Norweger wirklich Zucker, weil der immer, wenn ich irgendwie aus dem Gleitgemüse gekommen bin, ist der stehen geblieben. Der hatte das verstanden. Und ich habe es wirklich am Anfang auch nicht für möglich gehalten und man sagt ihnen ja auch nach, dass sie stur sind und alles. Aber der hatte das wirklich absolut verstanden und der hat wirklich gut auf mich aufgepasst und auf dem konnte ich so wieder lernen, meinen Körper zu fühlen, mich auszubalancieren. Ich hatte quasi Zeit auf dem Pferd, mich mit meinem Körper auseinanderzusetzen und der hat mir wirklich alles verziehen. Und witzigerweise, je besser ich wurde, desto weniger hat er mir verziehen. Also man kann ihm wirklich unterstellen, er hat verstanden, was ich konnte und was nicht. Und am Anfang durfte ich mich am Zügel festhalten. Und je weiter wir gekommen sind, also ich habe wirklich am Anfang nur den Norweger Hero geritten, je anspruchsvoller wurde er auch mit mir. Also wirklich lustig.

[SPEAKER 1]Wann war für dich klar, dass du auch leistungsmäßig reiten willst? Es ist das eine ja, dass du wieder auf einem Pferderücken bist, aber es ist ja noch was anderes, so wie du jetzt bist in Vorbereitung auf dein ganz großes Ziel, die Paralympiade von Paris 2024. Wann war für dich klar, Leistungssport, das will ich noch probieren?

[SPEAKER 2]Auch das war wieder ein Prozess. Also das war wirklich nicht von einem auf den anderen Tag. Sondern es war so, dass das mit dem Norweger dann immer besser geklappt hat. Ich mich immer wohler gefühlt habe und gemerkt habe, ich kann wirklich immer mehr reiten. Am Anfang konnte man das ja nicht reiten, denn da war das wirklich drauf sitzen und Körper kennenlernen. Und irgendwann wurde es immer mehr reiten. Und dann habe ich den Nachwuchsbundestrainer der Parareiter kennengelernt, den Rolf Grebe. Dann hat er mich mit dem Norvega auch eingeladen, dass ich auch ein Turnier mitreiten durfte und hat gesagt, ja, also das, was du da machst, das ist wirklich gut. An der Ausstattung mit deinem Pferd können wir arbeiten. Aber komm doch erst mal und wir möchten einfach, dass du quasi so ein bisschen Turnierluft schnupperst und dir das mal anguckst. Ja, und dann haben wir den Norweg aufgeladen, der auch da schon 20 war. Also wir haben den quasi kurz umfunktioniert. Genau, vom Wald- und Wiesenpony wurde der dann noch mal kurz zum Turnierpony. haben wir ihm seine Mähne noch mal richtig schön geschnitten und alles so hübsch gemacht und sind mit dem losgefahren. Und also, er war Sieger der Herzen. Wir sind letzte geworden, aber er war Sieger der Herzen, weil er sehr gut ankam, weil ihn einfach alle süß fanden. Aber genau das ist eingetreten, was Rolf bewirken wollte. Und zwar hatte ich quasi Blut geleckt und fand es super. Und mir war natürlich auch total bewusst, dass ich dann auch umsatteln muss und auch möchte. Aber ich habe eben gut gelernt auf dem Norwega und dann habe ich mir mein erstes eigenes Pferd gekauft, weil ich nämlich vor meinem Unfall gar kein eigenes Pferd hatte.

[SPEAKER 1]Weil es ja ein Pflegepferd war, wo du runtergekommen bist.

[SPEAKER 2]Genau, es waren alles Pferde, Pflegepferde oder dann eben auch Pferde, die ich zu reiten bekommen habe, aber es waren nie meine. Und so bin ich dann zu meinem ersten eigenen Pferd gekommen, der Selma. Gesucht habe ich eigentlich was Älteres, vielleicht so um die 1,60, so Richtung Älteres so schon geritten, dass ich auch von dem Pferd noch weiter lernen kann. Es ist geworden Selma, sechsjährig, total grün und ein bisschen zu groß, aber es hat einfach gepasst und die Stute war alles andere als einfach auch in der Ausbildung, also es war schon wirklich zwischendurch auch schwierig, aber ich habe wahnsinnig viel mit ihr zusammen gelernt und mit ihr zusammen bin ich dann so in den Parasport reingewachsen und weil ich auch ein sehr ehrgeiziger Mensch bin, war dann natürlich immer, wenn wir wieder so was erreicht haben, war dann natürlich immer Augen und schon wieder auf das Nächste gerichtet. Und ja, ich glaube, wenn man eh so ist, so ehrgeizig und dann sich immer auch schon schnell wieder zu neuen Dingen orientiert, dann ist der Leistungssport auch nicht weit, weil man einfach schon so leistungsorientiert dann an die Sache dran geht. Und genau, so bin ich dann da reingewachsen in die ganze Geschichte. Und ja, ich glaube, wenn mir aber vor acht Jahren im Krankenhaus jemand gesagt hätte, was ich jetzt so mache, hätte ich es auch nicht geglaubt.

[SPEAKER 1]Was muss so ein Parapferd mitbringen? Was ist der Unterschied vielleicht auch zu einem Pferd, was im Regelsport geht? Es ist ja schon eine Herausforderung, auch so ein Pferd zu finden. Beschreib mal, was bringt Selma und auch dein jetziges Championatspferd Fürst Sinclair, was bringen die mit?

[SPEAKER 2]Also die bringen auf jeden Fall eine Grundcoolness mit. klare im Kopf, dass sie wirklich sich gut auf den Reiter einlassen und konzentrieren und gut mitarbeiten wollen. Wobei ich auch glaube, dass man das auch mit einem Pferd erarbeiten kann. Es gibt natürlich Pferde, die ein bisschen spritziger sind und so ein bisschen auch vom Nerv einfach super sensibel. Das sind jetzt wirklich nicht die klassischen Paarer-Pferde. Aber man muss auch wirklich weggehen von diesem Vorurteil, der muss richtig brav sein und da einfach durchlaufen. Und dann ist natürlich auch die Frage, was möchte man? Ich, wo ich leistungsorientiert an die Sache drangehe, möchte ein Pferd, was klar im Kopf ist, aber auch richtig Go hat. Ich glaube, das ist ein Zuchtziel, was ja alle wollen. Klare Pferde im Kopf mit genügend Go. Und von daher ist der Unterschied Para-Pferd und Regelsportpferd gar nicht so groß. Das ist auch dann super individuell, weil jedes Handicap ist anders. Und man muss dann auch wirklich reinfühlen, ob das Pferd mit dem Handicap klarkommt. Also wenn ich ein Pferd ausprobiere, meine Beine, die wackeln ein bisschen. Und ich muss dann Also ich reite immer am Anfang, viel Schritt halten, dass die Pferde merken, vom Bein aus kommt da nicht so viel. Und das ist witzigerweise aber echt so, dass die das alle so nach einer Viertelstunde verstanden haben. Und dann fange ich auch ganz normal an, die zu arbeiten. Ich reite mit zwei Gärten und die kompensieren dann quasi den Impuls meiner Beine. dann muss ich fein reinhören, ob das Pferd vielleicht gestört ist davon, dass mein Bein wackelt. Gibt einfach welche, die das vielleicht nicht so gerne mögen. Die mögen einfach ein ganz ruhiges Bein. Aber so vom Grundprinzip her muss quasi, wie im Regelsport auch, jeder Reiter so ein bisschen selber gucken, auf was für einen Pferdetyp steht er und was sucht er. Und deswegen kann man gar nicht so pauschal sagen, ah, das ist ein gutes Parafährt und das nicht, sondern Man muss eigentlich total individuell schauen, welches Handicap habe ich und welcher Pferdetyp passt einfach gut zu mir und dann ist es ja einfach auch so dieses Die Harmonie muss stimmen und der Funke muss irgendwie überspringen. Und deswegen ist das gar nicht so einfach, das klassische Paraffet zu nennen. Aber so eine gewisse Grundcoolness, die sollte schon da sein, wenn das so ein ganz sensibler ist, der so bei jeder Sache so zur Seite springt und sich auch so gar nicht so gerne am Reiter orientiert, sondern selber schnell anfängt, die Flucht zu ergreifen, dann ist das natürlich mit dem Handicap viel, viel schwieriger, solche Situationen zu managen, weil, an meinem Beispiel jetzt, ich kann die Beine nicht zumachen und dem Pferd damit Sicherheit geben und sagen, komm, ich bin bei dir, ich kann dir hier in dieser Situation helfen, sondern das Pferd muss dann so viel quasi Grundvertrauen haben, dass es mit mir Rücksprache sozusagen hält und sich darauf verlässt, wenn ich mit ihm rede, wenn ich dran sitze und mit meinen Gärten ein bisschen vielleicht mal anticke, dass der mir dann vertraut. Diese Anlehnung am Bein, die kann ich dem dann halt nicht geben.

[SPEAKER 1]Ihr müsst gut miteinander sprechen.

[SPEAKER 2]Genau, es ist wirklich gute Kommunikation. Und ich habe zum Beispiel auch ein junges Pferd, ein Nachwuchspferd und das ist auch eher so ein Typ, der manchmal unsicher ist. Und da muss ich einfach sagen, an der Stelle dauert es als Paarereiter länger. Ich kann dem manchmal nicht so schnell die Sicherheit geben, die er braucht. Das heißt, die Schritte der Ausbildung, die sind kleiner, die dauern länger. Aber das weiß ich ja und deswegen ist es auch überhaupt nicht schlimm und deswegen bekommt er die Zeit, die er braucht. Und ich bin mir ganz sicher, weil wir so kleinschrittig arbeiten und weil ich ihm so viel Zeit gebe und weil ich auch wirklich ganz bewusst die Situation auch analysiere, weil ich quasi vom Kopf her immer einen Schritt weiter sein muss, weil ich einfach weiß, es ist ein junges Pferd, der kennt noch nicht so viel, muss ich sehr konzentriert sein und auch wirklich weiterdenken, was könnte in der nächsten Situation kommen und dann auch Situationen so gut einschätzen, um ihm dann entsprechend die Sicherheit geben zu können. Ich glaube aber genau, das ist der Punkt, weil ich das so langsam mache und so konzentriert und so vorausschauend, dass er mir wirklich irgendwann richtig gut vertraut und ich glaube, das wird ein richtig guter.

[SPEAKER 1]Gab es denn oder gibt es auch, Bedenkenträger, die dann sagen, naja, aber schau, wenn du jetzt nochmal runterfällst, Gianna, vielleicht verschlimmert sich dann das Handicap noch. Ist das ein Thema, weil du hast ja gerade auch beschrieben, wie gut du mit deinem Pferd oder mit deinen Pferdinnen kommunizieren musst in schwierigen Situationen. Könnte ich mir vorstellen, dass es ja der einfachere Weg ist, sagen, ah nee, komm, dann lassen wir es ein bisschen. dann machen wir es nicht. Das ist ja für dich der einfachere Weg, aber du möchtest ja trotzdem reiten. Ist das irgendwie für dich ein Widerspruch? Wie löst du den für dich auf?

[SPEAKER 2]Also es gab definitiv am Anfang diese Situationen öfter, dass Leute gesagt haben, lieber nicht, das ist viel zu gefährlich. Jetzt mittlerweile, wo ich quasi so weit oben angekommen bin und auch mich reiterlich so noch mal weiterentwickelt habe, Und zum Glück gibt es diese Situation mittlerweile fast gar nicht mehr. Aber am Anfang, angefangen bei meinem Vater, der hat nichts mit Pferden zu tun, der kann Pferde nicht einschätzen. Und deswegen immer diese Grundangst hatte, oh Gott, das ist so groß und jetzt steigst du wieder auf ein Großpferd und das ist doch viel zu gefährlich. Gab es definitiv. Aber das Tolle war eigentlich, dass ich mit den beiden Trainerinnen, die schon von Anfang an an meiner Seite sind, wirklich zwei Frauen habe, die mit so viel Pferdeverstand da dran gehen und auch da wieder so konzentriert und auch vorausschauend mit mir gearbeitet haben und einfach Situationen auch so gut eingeschätzt haben, dass sie mich nie haben in irgendwelche gefährlichen Situationen rein reiten lassen. Also ich habe so ein Vertrauen zu beiden Trainerinnen, dass ich die nur angucken muss. Also ich sehe wirklich am Blick, es ist alles super, einfach weiter reiten oder wenn die nur mal eben sagen, komm mal eben hierhin oder reit mal eben hierhin, so dann reite ich ein bisschen näher zu denen und halte mich eher so in deren Radius auf, dass ich weiß, okay, hier kommt irgendwie was, das könnte das Pferd aus dem Konzept bringen. Ich habe die hier so nah bei mir, dass sie vielleicht im Zweifel eines Falles sich noch mal neben das Pferd stellen und mal eben festhalten können. Also die Kommunikation ist wirklich super. Das Vertrauen ist wirklich das A und O. Und ich glaube, das ist im Parasport einfach noch ein kleines bisschen wichtiger als im Regelsport. Und von daher hatte ich zum Glück sehr wenige Situationen auf meinem Weg bis jetzt, wo ich das Gefühl hatte, ich bin nicht Herr der Lage. Und ich glaube, wenn man das schafft, solche Situationen eben nicht zu erleben. Dann kommt kein Zweifel auf, dann kommt keine Angst auf, sondern ich habe ja gelernt, Situationen gut einzuschätzen. Das heißt, ich bin mir auch sehr sicher, weil ich genau weiß, an welcher Stelle ich dann vielleicht doch von Außenhilfe brauche und diese Situationen gut einschätzen können. Das gibt ja dann auch Sicherheit. Und deswegen, ich glaube, was vielleicht noch ein bisschen Problematischer war, wenn ich Pferde ausprobiert habe. Das waren wirklich Situationen, wo ich manchmal das Feedback bekommen habe, das ist wohl kein Paarerpferd. Wo ich gedacht habe, das wisst ihr doch gar nicht.

[SPEAKER 1]Wussten die denn, du hast ja ganz normal Pferde ausprobiert. Wussten die vorher, dass du im Rollstuhl sitzt? Ja. Oder hast du einfach angerufen, hallo, ich würde gerne mal nächste Woche vorbeikommen?

[SPEAKER 2]Nee, nee, das habe ich immer gesagt.

[SPEAKER 1]Das wussten die? Ja, genau.

[SPEAKER 2]Und ich habe auch das ganz offen kommuniziert. Und ich habe auch gesagt, wie ich reite, mit welchem Handicap. Und ich habe dann auch immer darum gebeten, dass sie die Pferde vorher schon mal ein paar Mal mit zwei Gärten reiten. Weil ich natürlich, ich bin ja dann für das Pferd eh schon neu. Da muss ich sie ja nicht auch noch mit der Situation überfordern, dass ich auf einmal zwei Gärten benutze. Das habe ich dann immer darum gebeten, dass das dann vorher schon mal gemacht wird, dass das Pferd das auf jeden Fall schon mal kennt. Aber da hatte ich eben die Situation, dass da dann manchmal auch so ein bisschen so die Zweifel aufkamen, dass Leute gesagt haben, ne, vielleicht besser nicht. Und das ist eigentlich, ich würde sagen, besser geworden, weil der Paaresport mehr in den Mittelpunkt gekommen ist, weil man mehr davon mitbekommt und weil wirklich auch Züchter, Besitzer immer mehr mitbekommen, welche hohen Ansprüche auch an ein Parafährt gestellt werden und auch wirklich mittlerweile diese Anerkennung viel mehr da ist. Also ich reite das Pferd ja genauso intensiv und bereite mich vor auf ein Championat und bin dann auf ein Championat und die Anforderungen an das Pferd sind so groß und ich glaube jeder Züchter und Besitzer ist dann auch super stolz, ob das Pferd jetzt im Parasport auf dem Championat läuft oder im Regelsport. Und das ist total schön, da auch diese Entwicklung mitzuerleben. Natürlich ist der Paaresport noch nicht auf dem Level wie der Regelsport. Und der läuft auch immer noch unterm Radar. Und es ist auch immer noch viel, viel schwieriger für uns, an richtig gute Pferde und an richtig gute Unterstützer und Sponsoren dranzukommen, weil wir einfach nicht so sichtbar sind. Aber die Entwicklung geht auf jeden Fall in die richtige Richtung und es ist total schön zu merken, dass diese Anerkennung auch wirklich mittlerweile da ist. Und ich glaube, das wird auch in den nächsten Jahren noch besser. Und ja, ich bin mal gespannt, welche Pferde vielleicht dann auch den Weg in den Paaresport finden. Weil es doch auch einfach an manchen Stellen, da gibt es Pferde, denen fällt irgendwas super schwer. Oder sie haben da einfach irgendwie ein Problem und es geht einfach nicht. Und dann ist es vielleicht der Weg zu sagen, okay, das Pferd an dieser Stelle, bei der und der Lektion, das bereitet ihm irgendwie Stress und dem Pferd tun wir damit keinen Gefallen. Warum nicht dann in den Parasport, wo vielleicht genau das nicht abgefragt wird? Weil zum Beispiel in meinem Grade, in Grade 2, ist es so ungefähr zwischen A und L Dressur. Und ich brauche ein genauso bewegungsstarkes Pferd im Schritt und im Trab, Aber er muss bei mir keine Wechsel springen. Und warum auch immer das vielleicht manchen Pferden schwerer fällt, warum dann nicht sagen, okay, wir müssen dem Pferd diesen Stress nicht antun, aber es ist so ein qualitatives Pferd. Wir gucken mal, vielleicht geht er ja in den Parasport und vielleicht geht er dann ja im Parasport-Championat. Und das ist, glaube ich, ein Ziel für den Parasport, dass da die Sahnerkennung so da ist, dass Züchter und Besitzer da dann auch sagen, cool, also mein Pferd läuft hocherfolgreich in den Parasport. Hey, wie cool ist das denn?

[SPEAKER 1]
Siehst du dich auch als Botschafterin des Parasports?

[SPEAKER 2]
Ja, total. Also mir macht es unheimlich viel Spaß. erzähle super gerne darüber. Also ich kann immer verstehen, wenn Leute auch mit ihrem Handicap vielleicht noch nicht so fein sind, dass sie da nicht so drüber sprechen wollen. Aber ich bin mit meinem Handicap total fein. Für mich ist es völlig in Ordnung. Und ich sehe es auch als Chance, da jetzt zu sagen, mir macht das nichts, wenn Leute auch noch mal nachfragen, vielleicht auch persönliche oder intimere Nachfragen stellen, weil es ja doch auch Und das kann ich auch nachvollziehen aus meiner Zeit vor dem Unfall, wenn man da vorher keine Berührung mit hatte. Es ist einfach super interessant. Ich frage auch andere Leute manchmal, wenn ich sie kennenlerne und das Handicap so noch nie gesehen habe oder nicht kenne, dann frage ich ja auch nach, weil ich einfach interessiert bin. Und mir macht das überhaupt nichts, darüber zu sprechen und deswegen finde ich es schön, wenn Leute dann nachfragen. quasi sich dahingehend öffnen. Und dann freue ich mich, wenn ich das weitertragen kann und wenn ich dann auch den Parasport immer mehr in den Mittelpunkt so mitholen kann. Weil ich finde, der Paradressursport, der gehört genauso dazu wie alle anderen Disziplinen auch. Und der Parasport ist einfach auch paralympisch und trotzdem irgendwie noch so unterm Radar. Und deswegen finde ich es total schön, da auch drüber zu erzählen.

[SPEAKER 1]
Und das ist ja auch das Schöne im Parasport, ihr seid ja auch untereinander, geht ihr sehr locker mit den Handicaps um. Also, ich hab das schon auf verschiedenen Para-Events erlebt, das ist ja schon für jemanden, der kein Handicap hat, denkt man immer, okay, ich muss besonders sensibel, ich muss besonders aufmerksam sein, ich muss besonders einfühlsam in jeder Situation sein. Aber ihr zeigt eigentlich, dass es gar nicht so sein muss. sondern ihr geht da mit einer großen Leichtigkeit und Lockerheit damit um. Das finde ich persönlich sehr inspirierend.

[SPEAKER 2]
Ja, und ich glaube, zu der Lockerheit und der Leichtigkeit gehört dann noch eine große Portion Humor.

[SPEAKER 1]
Genau.

[SPEAKER 2]
Weil natürlich man manchmal mit dem Handicap auch an Grenzen gerät. Und dann funktionieren vielleicht einige Sachen nicht so. Ich sage mal, in meinem Fall jetzt, ich bin immer mit dem Rollstuhl unterwegs, So ein Rollstuhl ist jetzt für den Stall nicht unbedingt gemacht. Also ich habe ständig die Kugellager kaputt und dann rappelt es und knirscht es und ich muss mal wieder mir neue Kugellager organisieren und das ist wirklich schon Ja, ich kann drüber lachen. Also normalerweise rollt so ein Rollstuhl leise. Ich kann mich quasi Leuten nähern, ohne dass sie es hören. Nein, kann ich aber dann eigentlich wiederum nicht, weil meine Kugellager eigentlich immer laut sind, weil sie immer irgendwie da immer ein bisschen Sand drin oder so, die sind immer kaputt eigentlich. Und über solche Sachen. Da kann ich dann halt einfach nur lachen und eine Freundin von mir, auch eine Paarreiterin, die Julia, die hat zum Beispiel keine Beine, hat aber Prothesen und es sieht einfach immer so geil aus, wenn sie ihre Prothesen, sie reitet ohne Prothesen, an den Rand stellt und dann stehen da einfach Prothesen mit Hose, so quasi so hochgezogen, wie die Prothesen hoch sind, Schuhe, stehen dann da einfach am Rand und Julia sitzt eben ohne die Prothesen auf dem Pferd. Und Leute, die das vorher noch nicht gesehen haben, die gucken natürlich dreimal hin und sind so, oha, was steht da denn? Das ist einfach immer lustig. Oder auch am DOKR. Ich bin aktuell die einzige Paarreiterin, die am DOKR ist.

[SPEAKER 1]
Also in Warendorf am Deutschen Olympischen Komitee für Reiterei, wo du jetzt

[SPEAKER 2]
für die nächste Zeit erstmal genau und wenn der Rollstuhl dann da irgendwo am Rand steht und ich auf dem Pferd sitze und ja man einfach auch nicht sofort sieht, dass ich Paareiterin bin, habe ich auch schon mitgekriegt, dass irgendwie Leute da hingekommen sind, da steht ein Rollstuhl und da ist keiner drin und dann hat, ich weiß gar nicht mehr wer das war, irgendwer dann darauf geantwortet und ich kriegte das so mit, Na ja, besser der Rollstuhl leer, als wenn Ihnen ein Pferd ohne Reiter entgegenkommt. Also die Reiterin, solange die auf dem Pferd sitzt, ist alles super. Das ist echt immer ganz schön und es gibt ganz viele lustige Momente und ich persönlich finde es super, wenn so damit umgegangen wird, mit dieser lässigen Offenheit. Das macht dann einfach Spaß.

[SPEAKER 1]
Lass mal kurz über die Grades sprechen. Du bist im Grade 2, ich hab das nochmal nachgelesen. Grade 2 für Reiter, die wenige Beinfunktionen haben, teils Schwierigkeiten in der Rumpfbalance und oder im Rollstuhl sitzen. Das ist quasi die Einstufung, innerhalb derer du im Parasport unterwegs bist. Aber es gibt insgesamt 5 Grades.

[SPEAKER 2]
Genau, es gibt 5. Grade 1 sind die mit der stärksten Beeinträchtigung. Grade 5 die mit der am wenigsten, also am wenigsten Beeinträchtigung. Und bei uns ist es nicht so, dass sozusagen das in Klassen unterteilt wird, EAL und immer weiter höher, sondern bei uns wird es nach Grad des Handicaps unterteilt. Und das ist eben insofern gut, weil es hat ja nicht jeder einen Querschnitt. Und irgendwie muss man es ja schaffen, die Leute so einzuteilen, dass die Handicaps vergleichbar miteinander sind. Und so haben wir quasi unsere Startklassen. und können uns gegenseitig messen in unserem Grade, obwohl der andere nicht das gleiche Krankheitsbild hat. Und das funktioniert eben so, dass da Ärzte sind. oder Klassifizierer, das sind oft Ärzte oder Physiotherapeuten, die sind dann eben ausgebildet dafür, die Reiter zu klassifizieren. Und dann wird man eben angeschaut, man wird erst national klassifiziert, dann kommt man in einen Grade und wenn man dann anfängt international zu reiten, dann wird man nochmal nachgeschaut quasi, nochmal klassifiziert. Und dann erhält man eben seine Startklasse und in der Startklasse wird dann geritten. Grade 1 zum Beispiel reitet nur Schritt. Das sind wirklich Menschen, die eine Beeinträchtigung haben, die sich auf den ganzen Körper auswirkt. Grade 2, so wie ich, quasi Entweder beide Beine nicht in Ordnung oder manchmal auch quasi eine Seite, also ein Arm, ein Bein. Das kommt halt immer ganz drauf an. Und Grade 3, da ist es dann quasi noch ein bisschen weniger Beeinträchtigung. Grade 4 noch ein bisschen weniger. Und die Anforderungen richten sich sozusagen danach, was eben dann körperlich möglich ist. Und bei mir ist es eben so, dass der Galopp rausfällt, weil in meinem Grade auch einfach Leute sind, die keine Beine haben. und für die ist es quasi dann nicht möglich und deswegen wird der Galopp rausgestrichen und alles was seitwärts ist, also Traversalen sind zum Beispiel auch verboten in der Kür, dürfen wir selber auch gucken, welche Lektionen wir auch reinnehmen möchten und da haben wir dann quasi keine Liste mit den Lektionen, die wir reiten dürfen, sondern wir haben eben eine Angabe, kein Galopp und keine Traversalen, Pirouetten, alles das dürfen wir nicht. Was aber dann auf der anderen Seite uns zum Beispiel auch ermöglicht, dass wir im Schritt eine Kurzkehr treten. Und das ohne Beine oder ohne funktionierende Beine, das ist schon richtig schwer.

[SPEAKER 1]
Du bist jetzt derzeit hast du ja eben auch beschrieben am DOKR, am Deutschen Olympischen Komitee für Reiterei. Und warst in diesem Jahr ja deutsche Vizemeisterin in München und Einzel- und Mannschaftssechste auf der WM in Herning. Jetzt ist das große Ziel Paris. Genau.

[SPEAKER 2]
Also das ist mein großes Ziel und ich muss auch selber immer noch ziemlich schmunzeln, wenn ich darüber spreche. weil es auch für mich total verrückt ist, was sich da auch in diesem Jahr alles so ergeben hat. Also ich habe ja eben schon erzählt, ich habe mit meiner Stute Selma dann angefangen. Selma aber, ich sage mal, ein total normales Pferd, was wir einfach gut aufgebildet haben und die hatte einfach viel Ausdruck und da konnte man da immer gut hinschauen, aber die war von der Qualität her oder ist von der Qualität begrenzt und Seit Anfang des Jahres darf ich für Sinclair reiten. Der wird mir zur Verfügung gestellt, ein zwölfjähriger Hengst. Und wir haben uns super schnell, super gut angefreundet. Zu Erstaunen aller haben wir uns wirklich innerhalb von einem halben Jahr richtig gut zusammengefuchst und haben uns richtig gut weiterentwickelt. Und so ist es eben gekommen, dass wir dann erst auf den deutschen Meisterschaften in München zweite geworden sind und danach noch ein paar Turniere geribben sind und immer ein kleines bisschen besser waren. und dann als erstes Reservepaar nominiert waren für die Weltmeisterschaften in Herning. Und das war für mich eigentlich schon der Kracher, dass ich gedacht habe, boah, super, was für ein Jahr, wie gut das alles geklappt hat. Und dann ist eine Reiterin ausgefallen und ich, also das Reservepaar geht mit ins Trainingslager, ist quasi bis zum Schluss dabei und dann fahren die vier eben dann weiter. Und zwei Tage bevor es ins Trainingslager ging, habe ich dann den Anruf bekommen, dass ein Pferd leider ausgefallen ist. Ja, und dann bin ich mit dem Wissen ins Trainingslager gefahren, dass es für mich weitergeht. Und das war für mich, ich sage mal, die Kirsche auf der Sahnetorte, weil ich wirklich am Anfang des Jahres, als ich angefangen habe Fürst zu reiten, überhaupt nicht damit gerechnet habe, weil er noch mal echt Das ist ein großes Pferd, ein sehr massiges Pferd und das ohne Beine, das war schon schwierig für mich, den so zusammenzukriegen und der war in einem nicht so guten Trainingszustand, also der hatte ein bisschen Pause und dann ist es ja einfach auch erst mal so, dass man mit so einem Pferd wieder anfängt, dass man den auch, wir haben den erst mal nur durchgymnastiziert, dass der wirklich erst mal wieder locker wird und dann irgendwann ging es halt dann weiter und dass sich das so schnell alles so gut entwickelt hat, hätte ich niemals geglaubt. Und ja, dann standen wir plötzlich in Herning und dann sind wir auch noch Sechse geworden in der Einzelwertung und Fürst hat sein großes Herz für mich da vorausgeschmissen und ich bin einfach hinterhergeritten. Es war mein erstes Championat und das eben mit einem Pferd, was ich erst ein halbes Jahr kenne, also es war eine richtig coole Erfahrung, es hat richtig Spaß gemacht und ja, ich freue mich sehr für’s jetzt auch über den Winter noch besser zu arbeiten und es ist immer auch noch irgendwo, genau, es ist immer noch auch ein Kennenlernen und ich freue mich ganz doll und hoffe, dass wir gesund und fit bleiben und dann nächstes Jahr quasi im Heimspiel in Riesenbeck die Europameisterschaften betreiben können.

[SPEAKER 1]
Genau, das ist ein Ziel, natürlich Europameisterschaften quasi bei dir um die Ecke in Westfalen in Riesenbeck und dann 2024 wie gesagt Paris. Was war das jetzt in Herning für ein Gefühl dabei zu sein? Ich meine, da war ja eine Riesenveranstaltung. Ihr wart ja glaube ich nicht in dem großen Stadion, aber daneben. Was war das für ein Gefühl, Deutschland bei einer Weltmeisterschaft zu vertreten?

[SPEAKER 2]
Also für mich war es einfach eine Riesenehre und es hat mega Spaß gemacht. Ich bin sozusagen jetzt ungefähr seit sechs Jahren im Parasport dabei. Und ich glaube, ja, eben habe ich ja schon gesagt, ich bin schon auch sehr ehrgeizig. Und das war wirklich immer auch mein Traum, dann irgendwann mal für Deutschland an den Start zu gehen. Und dass das jetzt auf einmal alles so schnell ging, das hat auch ein bisschen gedauert, bis ich das realisiert habe. Also erstmal habe ich einfach diesen diesen Fokus gehabt. Ich war konzentriert. Ich habe wirklich im Training versucht, dann auch an den Feinheiten noch zu arbeiten und so und war einfach wirklich dann wie im Tunnel. Einfach in der Vorbereitung auf erstmal das Trainingslager, weil ich ja quasi gar nicht so wusste, dass es dann weitergeht. Und für mich war einfach erstmal wirklich dieses Ich nehme das mit, ich erlebe dieses Trainingslager, ich nehme das alles als Input mit und hatte dann eher auf dem Schirm, dass ich dann nächstes Jahr mit Fürst mit dabei sein darf. Und dann auf einmal ging es ganz schnell und wir waren dabei und ich glaube, das war super gut, so wie es war, weil einfach, ich war vorher gar nicht aufgeregt. Ich war eigentlich so in diesem Tunnel, dass ich gut im Trainingslager auch dem Bundestrainer noch mal zeigen möchte, was im Pferd und mir drin steckt und ich war einfach fokussiert auf gutes Reiten und dann ruckzuck ging es ganz schnell. Wir waren dabei und dann habe ich es echt richtig genossen. Also ich hatte Einfach Spaß, ich fand unser Team cool. Wir waren eine Mischung aus zwei neuen und zwei alten Hasen. In Herningen war es auch super organisiert, es hat echt alles gut geklappt. Die Kulisse war, obwohl wir nicht im Hauptstadion waren, trotzdem es war Kulisse. Und es waren auch viele Zuschauer, das hat mich auch total gefreut. Das hat uns leider in der Kür auch ein bisschen aus dem Konzept gebracht, weil der Fürst hat manchmal Angst, wenn so Bewegung auf den Zuschauerrängen ist. Da merkt man dann einfach, dass das letzte bisschen Vertrauen nach einem halben Jahr noch nicht da ist und dass wir da definitiv noch Punkte haben, an denen wir arbeiten müssen. Aber trotzdem so dieses ganze Feeling. Also Herning, das hatte für mich so Festival-Feeling, weil der Pferdesport wurde da gefeiert und wir waren auch ganz viel im Stadion und haben die anderen Deutschen angefeuert. Und so, wenn man da auch rumgelaufen ist, da gab es dann auch so einen Bereich mit so Ständen, wo dann eben auch die Zuschauer auch ein bisschen shoppen konnten und so. Und auch da sind wir mal durchgegangen und haben uns alles angeschaut. Und es war wirklich toll, dass die Die Däden haben den Pferdesport gefeiert und das hat man gemerkt und das hat richtig, richtig Spaß gemacht.

[SPEAKER 1]
Wie ist das mit den Kollegen aus dem Regelsport? Gibt es da einen Austausch? Kommt dann mal ein anderes Team und sagt, hey Gianna, gute Leistung. Also gibt es da irgendwo einen Austausch mit den anderen?

[SPEAKER 2]
Ich glaube, Corona geschuldet war es jetzt diesmal echt eingeschränkt. Ich glaube, es ist sonst mehr. Jetzt durch Corona wollte natürlich auch niemand etwas riskieren und alle sind so ein bisschen in ihrer Bubble geblieben. Aber trotzdem bei meinem Ritt habe ich das aus dem Augenwinkel gesehen, als ich die Kür geritten bin, da war die komplette Springmannschaft da und hat mir beim Reiten zugeschaut. Das sind für mich alles Reiterinnen und Reiter, die ich quasi als kleines Mädchen sonntags im Fernsehen mir angeschaut habe, wenn irgendein großer Preis übertragen wurde. Und weil ich ja auch eben nicht aus so einer Pferdesportfamilie komme und mit solchen Leuten nicht groß geworden bin und es für mich jetzt nicht normal ist, auf solchen großen Turnieren rumzulaufen mit quasi den ganzen Top-Reitern, die ich als kleines Mädchen schon verfolgt habe, ist das für mich einfach total Irre und auch witzig, wenn die auf einmal neben mir sind und anfangen mit mir zu quatschen. Da denke ich mir so, ich? Ihr kennt meinen Namen? Ach, das ist ja cool. Und wir haben immer da in der Kantine auch alle zusammen gegessen. Aber es ist jetzt nicht so mega durchmischt. Nee, das kann man eigentlich nicht sagen. Aber es war trotzdem ein total schönes Miteinander in dem Sinne, dass wirklich alle allen zugeguckt haben und angefeuert haben. Und das fand ich irgendwie auch total irre, dass da auf einmal die ganze Spring-Equipe steht und mir beim Parareiten zuguckt.

[SPEAKER 1]
Fand ich richtig cool. Ich habe in einem Interview, in Vorbereitung auf unser Gespräch oder in mehreren Interviews tatsächlich immer wieder gefunden, Grenzen verschieben, mit Reiten Grenzen verschieben. Wohin möchtest du die Grenze verschieben? Wo könnte sie liegen für dich?

[SPEAKER 2]
Also ich… Ich merke ja selber, ich komme manchmal an Grenzen. Und das ist, glaube ich, für jeden total normal, dass man in seinem Alltag und in seinem Leben und auch in seinem Umgang vielleicht jetzt als Beispiel mit dem Pferd an Grenzen kommt oder an Dinge kommt, die vielleicht noch nicht so gut klappen. Und mein Ziel ist es immer und vor allem auch dadurch, dass ich alles ja aus dem Rollstuhl heraus mache, austesten, wo sind die Grenzen, und dann gucken, wie kann ich diese Grenze noch weiter verschieben, dass ich eben weiterkomme. Und ich glaube, das habe ich in den letzten Jahren auch ganz gut gezeigt. Nach meinem Unfall war da im Leben nicht daran zu denken, dass ich mit dem Pferd im DOKR durch den Wald trabe und vielleicht auch sogar durchs Wasser galoppiere. Und so habe ich mich über die Jahre immer weiter daran getastet, immer wieder auch probiert, an die Grenze zu gehen und zu gucken, komm mal vielleicht noch ein Stück weiter. Und ich finde das total schön, das dann eben auch zu erzählen. Also ist jetzt nicht so, dass ich Instagram ganz intensiv mache, aber ich brauche meine Hände halt einfach, um mich fortzubewegen. Ich habe jetzt keine Zeit, den ganzen Tag das Handy in die Hand zu nehmen zum Beispiel.

[SPEAKER 1]
Da bist du jetzt sehr bescheiden würde ich sagen, du bist schon mit Abstand die Parareiterin, die die größte Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit bekommt, das ist zumindest mein Eindruck.

[SPEAKER 2]
Ja, also ich glaube, also ja das stimmt schon und ich glaube das liegt eben daran, dass wenn ich die Möglichkeit habe und sozusagen eine Hand frei habe oder jemand da ist, der filmen kann, dann film ich’s halt auch einfach und stell’s mal in die Insta-Story und stell’s bei Instagram rein, weil ich auch das eben im Sinne von diesem Grenzen verschieben super finde, das dann auch mal zu zeigen. Und dann, und die Erfahrung hab ich auch in den letzten Jahren gemacht, mir haben dann oft Leute auf Instagram geschrieben und gesagt, Mensch, ich hab ein Handicap so und so und ich hab gesehen bei dir, das geht ja, ich hab’s einfach mal probiert und ich reite jetzt wieder. Und das waren für mich wirklich so schöne Momente auch, die mir auch so Spaß gemacht haben und ich gemerkt habe, dass ich positiv auf Leute einwirke oder Leute dann sich ein Beispiel daran nehmen, dass es mir wirklich auch Spaß macht, das so zu zeigen und auch wenn ich dann manchmal nicht so viel Zeit habe, wenn ich die Zeit dann wieder habe, dann stelle ich bei Instagram was rein und zeige was aus meinem Alltag oder wie ich das auch im Rollstuhl so mache. Und wenn ich dann nicht nur meine persönlichen Grenzen verschieben kann, indem ich mich immer wieder ran wage und gucke, was jetzt geht, sondern das dann auch noch, ja, als gutes Beispiel vorangehen kann und anderen sagen kann oder zeigen kann, schaut mal, bei mir hat das auch nicht geklappt am Anfang und jetzt klappt es aber. Ihr müsst es einfach mal ausprobieren. Und dann da auch noch irgendwie so schöne Rückmeldung zu kriegen, da macht das richtig Spaß.

[SPEAKER 1]
Der Unfall hat dich ja auch in einer weiteren Hinsicht verändert, denn der behandelnde Arzt saß im Rollstuhl und deswegen hast du das Medizinstudium begonnen. Stimmt das? Ja, genau.

[SPEAKER 2]
Ich hatte in Bochum einen Arzt im Rollstuhl. Das war für mich auch richtig, richtig super. weil der für mich einfach auf Augenhöhe war. Und er hat mir erzählt, es gibt wirklich nur zwei Möglichkeiten, wie Leute damit umgehen. Die einen, die finden es total ätzend, weil sie sagen, ich bleib nicht im Rollstuhl, bei mir ist das alles nicht so schlimm, ich bin da bald wieder raus und und und. Die können das gar nicht so gut haben. Und dann gibt es eben die Menschen wie mich, die das als total angenehm empfinden, jemanden auf Augenhöhe zu haben, vielleicht auch noch mal andere Nachfragen stellen zu können. Und ja, für mich war das, wie gesagt, eine große Bereicherung. Und ich hatte dann eben das große Glück, ich konnte einen Härtefallantrag an der Uni stellen. Und obwohl mein Abischnitt gar nicht so gut war, habe ich ruckzuck einen Studienplatz gekriegt und angefangen, Medizin zu studieren. Und ich muss sagen, es ist jetzt nicht unbedingt das kompatibelste Studium zu dem Sport, weil ich doch auch immer wieder merke, auch da, ich komme an Grenzen, weil mein Alltag im Rollstuhl einfach manchmal länger dauert. weil vielleicht unvorhergesehene Sachen dazwischen kommen, die ein Mensch, der so läuft, nicht hat. Ich hatte jetzt zum Beispiel eine Schultergelenksentzündung, weil mein Schultergelenk einfach ganz anderen Anforderungen den ganzen Tag ausgesetzt ist.

[SPEAKER 1]
Belastungen auch, ne? Belastungen, genau.

[SPEAKER 2]
Und das sind immer wieder Sachen, auch da, das sind Grenzen, die mir aufgezeigt werden, wo ich dann auch gucken muss, wie komme ich damit klar? Und dann der Sport so intensiv und so ein zeitintensives Studium, Ja, ich kann jetzt nicht behaupten, dass ich total schnell studiere und gut vorankomme, aber ich habe zum Beispiel im März mein Physikum gemacht und habe das erste Staatsexamen im Medizinstudium jetzt schon in der Tasche.

[SPEAKER 1]
Glückwunsch. Dankeschön. Sehr schön. Du kennst ja hier im WeHouse Podcast die Vier klassischen WeHouse-Fragen, die blühen natürlich auch dir. Und die erste Frage, die ich hier an dich habe, ist, hast du ein Motto, nach dem du lebst?

[SPEAKER 2]
Ich glaube, genau das, wo wir gerade schon drüber gesprochen haben. Grenzen austesten und dann immer wieder versuchen, sie zu verschieben.

[SPEAKER 1]
Gibt es einen Menschen, der dich im Hinblick auf die Pferde besonders geprägt hat?

[SPEAKER 2]
Ich kann gar nicht so einen genauen nennen, aber ich versuche mir immer die Leute ganz genau anzuschauen, ganz gut zuzuhören und mir dann sozusagen das Beste rauszupicken. Und sehr geprägt auf meinem Weg hat mich einfach meine Trainerin Claudia Menze, die mich einfach schon so so lange begleitet und die für mich auch wirklich ein richtiger Pferdemensch ist. Also die versteht die Pferde richtig und da macht es mir immer Spaß zuzuhören und wirklich dann auch dieses Pferde-Verstehen. Und ich finde es gibt mittlerweile ganz viele tolle Leute, die man einfach auf den verschiedensten Wegen begleiten kann, ob das eine Podcast-Folge ist, ob das auf Instagram ist, ob das Videos sind oder ob das dann auch mal live auf dem Turnier anschauen ist. Wirklich ganz tolle Leute, die den Pferdesport wirklich auf eine tolle Weise leben, das dann auch rüberbringen und ich möchte gar nicht einen Namen nennen, weil es einfach wirklich viele Leute gibt, die da so toll dran gehen und ich versuche mir dann immer das Beste von allen rauszupicken.

[SPEAKER 1]
Hier kommt Frage Nummer drei. Wenn du Reitern beziehungsweise Pferdemenschen eine Sache im Umgang mit ihren Pferden auf den Weg geben könntest, was wäre es?

[SPEAKER 2]
Sich manchmal zurückzunehmen, in Geduld zu üben und dem Pferd zuhören. Ich habe die Erfahrung gemacht, gerade auch durch meinen Unfall, dass Reiter manchmal zu schnell sind für die Pferde. Der Reiter hat ja schon drüber nachgedacht, was er als nächstes tun möchte, gibt dann die Hilfe an sein Pferd und erwartet dann wirklich diese prompte Reaktion und neigt dann vielleicht manchmal dazu, nicht abzuwarten. Und ich musste lernen durch mein Handicap, dass ich einfach auch körperlich gar nicht mehr so auf ein Pferd einwirken kann, sondern dass ich wirklich, ich habe nur feine Hilfen zur Verfügung. Ich brauche das Pferd wirklich Am Kreuz.

[SPEAKER 1]
So.

[SPEAKER 2]
Und kann dann eben mit feinen Hilfen auf das Pferd einwirken. Und manchmal musste ich lernen, auch abzuwarten. Und dann geht das plötzlich. Und ich hatte gar nicht die körperliche Möglichkeit, so schnell dann auch schon irgendwie so, oh, der tut’s nicht. Und rums kommt so die nächste Einwirkung auf das Pferd. Das war mir körperlich nicht mehr möglich. Und so habe ich gelernt, mit Ruhe und Geduld manchmal auch dem Pferd nochmal ein paar Sekunden mehr Zeit zu geben. Und da habe ich gemerkt, siehe da, es ist der Schlüssel zum Glück. Manchmal braucht es ein bisschen mehr Zeit. Und wenn die Pferde dann anfangen darüber nachzudenken und wirklich auch merken, aha, Das, was ich hier anbiete, ist genau das Richtige. Und dafür werde ich dann auch noch gelobt. Dann fangen die an, noch mehr zu denken, noch mehr anzubieten, arbeiten noch lieber mit. Und ja, das würde ich gerne mit auf den Weg geben, dass man den Pferden manchmal ein bisschen Zeit gibt.

[SPEAKER 1]
Und dann zum Abschluss vervollständige bitte diesen Satz. Pferde sind für mich.

[SPEAKER 2]
Pferde sind für mich mein Leben und haben mir nach dem Unfall ganz doll geholfen, wieder auf die Beine zu kommen.

[SPEAKER 1]
Liebe Janna, es war ein sehr inspirierendes Gespräch, wie ich finde. Ich finde es beeindruckend, wie du damit umgehst und auch, wie du das Ganze jetzt entwickelt hast, wo du gerade stehst. Deswegen vielen, vielen Dank. Schön, dass du da warst. Und wir werden das natürlich alles sehr genau verfolgen, wo dein weiterer Weg dich hinträgt. Und spätestens nach der Paralympiade treffen wir uns hier wieder im Podcast.

[SPEAKER 2]
Ja, vielen, vielen Dank. Und da freue ich mich. Wir hören dann voneinander 2024 und dann erzähle ich dir gerne nochmal, wie es war. Super, danke.

[SPEAKER 1]
Ciao, ciao. Diese Folge wurde vorbereitet von Josefine Lindner, produziert von Mara Landwehr. Mein Name ist Christian Kröber. Ihr findet uns auf Spotify, Apple Podcast, Deezer, Amazon Music und überall dort, wo es gute Podcasts gibt. Und wenn ihr Spotify Nutzer seid, würden wir uns total über eine positive Bewertung freuen. Das kann man in der App machen. Einfach dort, wenn ihr mögt, fünf Sterne abgeben. Das würde uns total freuen. Und wir sehen uns in zwei Wochen wieder zur nächsten Folge des wehorse Podcasts. Ciao, ciao.

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