#87 Herpesvirus-Spezial mit Dr. Kai Kreling: Prävention ist der beste Schutz
Auf einem internationalen Turnier in Valencia gibt es aktuell einen der größten Ausbrüche des Equinen Herpesvirus EHV-1 in den letzten Jahren. Auch in Deutschland sind bis zum 28. März alle Veranstaltungen im Pferdesport abgesagt.
Dr. Kai Kreling ist einer der führenden Tierärzte Deutschlands. Er ist Leiter der Tierklinik Binger Wald, Geschäftsführender Gesellschafter der Pferdegesundheit im Fokus GmbH sowie Betreiber und Autor der Wissensplattformen Pferdegesundheit Online und Pferdegesundheitsakademie. Als Mitbegründer und Gesellschafter der Vetnetz-Gruppe setzt er sich für die Belange mehrerer Pferdekliniken ein.
In diesem Podcast-Spezial beantwortet Dr. Kai Kreling die wichtigsten Fragen rund um das Thema Equiner Herpesvirus. Was passiert, wenn sich mein Pferd mit EHV-1 infiziert und wie kann ich es davor schützen? Auf diese und andere wichtige Themen geht der Waldalgesheimer Tierarzt im Gespräch mit Christian Kröber ein.
Podcast Transkript
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[SPEAKER 1]Herzlich willkommen zu einem Spezial-Podcast zum Thema Herpesvirus. Mein Name ist Christian Kröber und viele Menschen und Pferdebesitzer sind derzeit verunsichert, was bedeutet der Ausbruch des Herpesvirus in Spanien für alle Pferdebesitzer hier in Deutschland? Was ist derzeit geboten und was kann ich auch tun, um mein Pferd sinnvoll zu schützen? Diesen Fragen gehen wir nun nach mit Dr. Kai Kreling. Er ist einer der führenden Tierärzte Deutschlands, öffentlich bestellter Sachverständiger und Gutachter sowie Gründer des Tierklinikverbundes Pferdegesundheit Rhein-Main, einem Zusammenschluss von Fachkliniken und Ärzten in Hessen und Rheinland-Pfalz. Also, auf geht’s! Hallo, Dr. Kai Kreling.
[SPEAKER 2]Ja, schönen guten Tag, Herr Kröber. Vielen Dank für die Einladung.
[SPEAKER 1]Wir wollen sprechen über ein aktuelles Thema, nämlich das Herpesvirus, das grassiert wie selten zuvor, ausgehend von einem Turnier in Spanien, geht nun vielen Orten die Angst um. Viele sprechen von einem der schlimmsten Ausbrüche der letzten Jahrzehnte. Klären Sie uns auf, wie ist der aktuelle Stand und warum gibt es genau jetzt einen Ausbruch?
[SPEAKER 2]Ja, also wir sind ja alle schon so ein klein bisschen virusaffin durch die ganze Corona-Diskussion. Insofern sind ja viele Basisinformationen schon vorhanden. Beim Herpesvirus ist es so, das ist auch kein neuer Virus, genauso wie der Coronavirus. Wir haben mit Herpesviren schon über die letzten Jahrzehnte immer wieder zu tun. Und wir wissen auch, dass Pferde grundsätzlich oder zumindest ein sehr, sehr großer Teil, ich rede zwischen 80 und 85 Prozent der Pferde ohnehin Herpesvirus infiziert sind. Also wir haben eine sehr, sehr hohe Durchseuchungsrate, nenne ich es mal einfach so. Und die Situation, das kennen wir auch von Menschen, wir kennen auch den Lippenherpes und so weiter, wann kommt er? Wenn der Mensch Stress bekommt, und das Gleiche gilt fürs Pferd. In dem Moment, wenn wir eine Stresssituation haben, dann wird auch der Herpes, der ohnehin vorhanden ist, aktiv und vermehrt sich und macht dann eben auch einen Pferd krank. Und diese Situation ist natürlich auf einem Turnier, und wir reden ja jetzt hier über ein Turnier, wo wir auch eine relativ lange Transportphase haben, um da hinzukommen. Wir reden über eine relativ hohe Anzahl an Pferden in einem Stallzelt. Das heißt, auch da ist ein gewisser, in Anführungsstrichen, Stress da, sodass hier natürlich eine gute Grundlage dafür ist, dass sich so ein Herpesvirus vermehren kann. Grundsätzlich ist die Jahreszeit auch sehr typisch dafür, die Pferde kommen jetzt in diesen Pferdwechsel, auch das ist eine belastende Struktur oder Situation fürs Pferd, sodass hier mehrere Faktoren einfach zusammenkommen und das Ganze dann im Prinzip für den Herpesvirus günstig gestalten. Dieser Herpesvirus, der jetzt im Moment in Valencia ist, noch mal ganz kurz, das ist ein Herpes-1-Virus, der auch diese zentral nervöse Form macht. Nicht jeder Herpesvirus-Infekt führt zum Tod des Pferdes. Das müssen wir ja nun auch mal festhalten. Aber in dieser Phase, wenn also dieser Herpes-1 in einer doch sehr aggressiven Form dann vorliegt, kommt es eben zu diesen zentral nervösen Störungen und auch zu Todesfällen.
[SPEAKER 1]Man kennt es ja von Menschen, wir oder viele von uns tragen ja auch das Herpesvirus in uns. Das haben Sie gerade gesagt, auch beim Pferd. Was genau ist dieser Virus und vor allen Dingen, was richtet der Virus dann im Pferdekörper an, wenn es zum Ausbruch kommt?
[SPEAKER 2]Also wir haben zwei Formen. Das eine ist die sogenannte respiratorische Form, das heißt die Atemwegsform. Pferde mit einer Herpesvirus-Infektion haben Nasenausfluss, Husten, also die oberen Luftwege vor allen Dingen sind damit betroffen. Nichts anderes als eine, ich sag mal, Infektion der oberen Luftwege, so nenne ich es mal einfach. Dann gibt es eine zweite Phase der Infektion, wo dann dieses Herpesvirus durch die Blutbahn über den ganzen Körper verteilt wird. Und das ist dann die Phase, die dauert ein paar Tage, bis dann tatsächlich eine Ganzkörperinfektion stattfindet, ich nenne es mal so im übersetzten Sinne. Und in dieser Phase kann es natürlich aber auch dazu kommen, dass es zu einer noch sehr sehr starken Vermehrung des Virus kommt, weil der Körper einfach im Moment nicht in der Lage ist, den Virus selbstständig zu bekämpfen, also in einem gewissen Rahmen zu begrenzen. Und die Vermehrung des Virus kann dann dazu führen, dass es zu einer sogenannten zentralen Erlösenform kommt. Was heißt das? Das heißt, dass also vor allen Dingen im Rückenmark es zu kleinen Infarkten kommt und dadurch im Endeffekt zu einer Unterversorgung der entsprechenden Nervenstrukturen, damit auch zu einem Untergang dieser Nervenstrukturen, die in vielen Fällen dann nicht mehr reversibel ist. Die Pferde haben, man nennt es auch im übertragenen Sinne, einen Schlaganfall des Pferdes in Anführungsstrichen. So ähnlich ist die Symptomatik und so ähnlich ist auch der Hintergrund des ganzen Geschehens, sodass diese Pferde eben koordinativ Schwierigkeiten bekommen, teilweise dann auch festliegen und eben dann nicht mehr dazu regeneriert werden können, dass sie wieder aufstehen und dann nicht normal bewegen können und dann in vielen Fällen dann eben entweder sterben oder getötet
[SPEAKER 1]werden müssen. Also das sind quasi die beiden Varianten, die oberen Atemwege, wenn ich sie richtig verstehe, ist die in Anführungsstrichen leichte Variante und dann, wenn es zum Zentralen Ausbruch im gesamten Körper kommt, das ist wirklich der Fall, was man jetzt viel auf Social Media sieht, in den Nachrichten auch gehört hat, das sind die wirklich schlimmen Fälle.
[SPEAKER 2]Das sind die schlimmen Fälle, die sind natürlich nicht der Hauptteil, aber es kann natürlich jeweils in einer Entwicklung einer solchen Erkrankung dazukommen, ja.
[SPEAKER 1]Kommen wir einmal kurz zum Auslöser. Also Sie sagten Stress ist ein Thema, Fellwechsel kann ein Thema sein. Was ist dann wirklich der Grund, warum genau jetzt das Herpesvirus ausbricht?
[SPEAKER 2]Genau wegen dieses Stresses. Stress ist zwar ein modernes Wort, wir sind ja alle gestresst, aber beim Pferd ist es ein biologischer Stress, der eben entsteht durch zum Beispiel diesen Fellwechsel. Das ist eine, ich sag mal, doch sehr stark beeinflussende Faktor. Und jetzt in dieser Phase sind diese Pferde, die jetzt zum Beispiel in Valencia waren, das ist ja einfach ein aktuelles Thema, die sind einfach 2000 Kilometer transportiert worden. Das ist auch eine Stresssituation. Kommen dann ein neues Umfeld, werden dort ja nun auch in einem sehr, ich sag mal, engen Umfeld gehalten. Es ist ja nun mal so, auf dem Turnier haben wir nicht so viel Platz, vor allem, wenn dann doch 1000 Pferde zusammenkommen, müssen die auch irgendwo untergebracht werden. Diese Unterbringung ist wiederum eine Stresssituation für diese Pferde und sie müssen noch Hochleistung
[SPEAKER 1]bringen.
[SPEAKER 2]Also wenn Sie sich mal diese ganzen Faktoren Fellwechsel, Transport, Aufstallung, Leistungsanforderungen zusammennehmen, dann ist das schon eine, ich sag mal, doch sehr stark belastende Situation. Und so ein Herpesvirus, wir haben ja gesagt, da gibt es eine sehr, sehr hohe Zahl, Größenordnung 80 Prozent der Pferdepopulation, die infiziert sind, die sind deswegen nicht krank, weil das Immunsystem in der Lage ist, den Herpes auf diesem Level zu begrenzen. Der Herpes kann sich nicht so vermehren, dass er krank machen wird. In dem Moment, wenn also der Körper, der Stresslevel steigt, dann wird der Körper immunschwächer, so nenne ich es einfach mal. Und diese Immunschwäche nützt oder nutzt der Herpesvirus aus, vermehrt sich und wird dann zum krank machenden Effekt.
[SPEAKER 1]Nun ist ja die große Frage, die sich viele Pferdepositzer stellen, wie kann ich mich schützen? Reitsport, Events, Zuchtveranstaltungen abgesagt bis Ende März als Schutzmaßnahme, auch seitens der FN. Wie kann ich mich denn jetzt schützen als ganz normaler Pferdebesitzer? Beziehungsweise muss ich mich überhaupt schützen?
[SPEAKER 2]Also im Moment sind wir ja in der sogenannten Reaktion. Das heißt also, wir reagieren auf die Infektion und haben ein Problem natürlich damit, dass man diese Infektion eines Virus, wir kennen es aus der Corona-Diskussion, ja nicht mit Medikamenten behandeln kann. Das ist ja unser Problem bei der ganzen Geschichte. Wenn wir eine Infektion zum Beispiel mit einem Bakterium haben, haben wir immer die Möglichkeit, mit einem Antibiotikum zu arbeiten. Das geht beim Virus nicht, sodass wir eigentlich die beste Situation, um mit einem Virus umzugehen, ist die Prophylaxe. Und Prophylaxe, da fällt einem natürlich als erstes mal die Impfung ein. Die Impfung ist genau auch das. Auch wieder eine Parallele zu Corona zum Beispiel im Moment. Die Prophylaxe über die Impfung macht sicherlich Sinn. Nun ist die Situation im Moment ja schon, ich sag mal, ein Ausbruch. Wir haben eine Situation, die ist kritisch. Im Moment ist die Situation so, dass wir natürlich einen Hotspot haben in Valencia oder auch in Doha. Wir haben jetzt in Deutschland allerdings auch, wie jedes Jahr, also wir sind nicht in einer besonderen Situation, wie in jedem Jahr auch hier einzelne Stelle, in denen wir eine Herpesvirus-Infektionswelle haben. Diese Herpesinfektionssituation ist in dieser Jahreszeit aber auch typisch, weil eben diese Faktoren wie Fellwechsel, jahreszeitliche Prädispositionen dazu kommen. Und da müssen wir eben schauen, wie gehen wir so damit um, dass wir möglichst diesen Ausbruch verhindern. Die Impfung ist das eine, die Kontrolle oder Überprüfung der Pferde, die jetzt aus diesen infizierten Beständen kommen, sei es Valencia oder sei es hier in Deutschland aus irgendeinem infizierten Bestand, dürfen natürlich nicht in andere Bestände transportiert werden. Das wäre eine Situation, die wäre fahrlässig. Damit kann man natürlich andere Bestände auch wieder infizieren. Auf der anderen Seite ist Herpes keine Seuche. Wir reden immer über die Seuche. Herpes, das ist überhaupt keine Seuche. Seuche ist etwas, was wirklich dann so flächendeckend über die gesamte Bundesrepublik zum Beispiel sich verteilt. Es gibt Seufenzüge bei Influenza, dieser Grippe, Pferdegrippe. Das ist bei Herpes nicht der Fall. Herpes ist doch sehr, sehr lokal begrenzt. Und wenn man jetzt nicht wirklich ein massiv infiziertes Tier oder einen Überträger, einen Ausscheider, einen Herpes-Ausscheider von einem Stall in den anderen trägt, dann ist doch die Gefahr überschaubar, dass das im Prinzip, dass der eigene Bestand stabil bleibt. Wichtig sind immer wieder hygienische Maßnahmen, also Sauberkeit, entsprechende Vorsichtsmaßnahmen. Das ist das, was ich im Moment jedem empfehlen würde. Und ein kurzes Nachdenken darüber, ob man nicht tatsächlich auch für die Zukunft, vor allen Dingen, weil wir die Situation ja jedes Jahr auch wiederkehrend haben, Pferde tatsächlich impft und dann auch wirklich den gesamten Bestand impft, dann haben wir auch doch einen ganz
[SPEAKER 1]guten Schutz. Nun gibt es ja Leute, die sagen, lasst keine Menschen von außerhalb des Hofs mehr in die Stelle der Sattler, der Hufschmied und so weiter, weil er potenziell ein Virenüberträger ist. Wie sehen Sie das Ganze?
[SPEAKER 2]Ja, also man ist natürlich, gerade wenn wir jetzt Hygiene ansprechen, sehr sensibilisiert und sagt, okay, wir versuchen alle Vektoren, so nennt man das, möglichst zu minimieren, die das übertragen können. Die Übertragungsfaktor durch den Menschen ist sicherlich, wenn überhaupt, sehr gering. Nichtsdestotrotz, wir versuchen in dieser Situation, vor allen Dingen, wenn es diese aggressive Form des Herbstes ist, doch diese Übertragungswege so gut wie möglich zu unterbrechen. Und ich würde jetzt nicht sagen, dass kein Sattler und kein Tierarzt und kein Hufschmied in den Stall soll, aber es sollte zumindestens dort dann eine vernünftige Hygiene stattfinden. Das heißt, ich würde jetzt nicht als Tierarzt oder als Hufschmied in einen Stall fahren, dann, ich sage mal, meine Sachen einladen und fünf Meter um die Ecke in den nächsten, sondern ich sage mal, ein Pferd, ein Stall mit einer eventuellen Verdachtssituation oder auch bestehenden Herpesvirus-Infektion ist es natürlich selbstverständlich, dass man das zum Beispiel als letztes am Tag macht und dann nach Hause fährt und sich entsprechend umzieht, duscht und so weiter. Das sind dann die ganz klassischen Hygienemaßnahmen, die man machen sollte. Aber einen Stall deswegen zu schließen bei Herpes ist für mich vielleicht dann doch ein bisschen überzogen.
[SPEAKER 1]Wir sind ja jetzt ein Jahr in der Corona-Pandemie, haben, glaube ich, alle auch viel gelernt. Für Sie ist das natürlich täglich Brot. Hygienemaßnahmen. Vor einem Jahr an derselben Stelle saß der Generalsekretär der deutsch-rheinischen Vereinigung Sönke Lauterbach und wir haben über Hygienemaßnahmen gesprochen. Das heißt, wir sind ja alle Firmen als noch von vor der Pandemie. Also Sie sagen, die Hygienemaßnahmen heißen, ich ziehe mich beispielsweise um, wenn ich in einem Stall war und gehe in den anderen Stall. Ich wasche mir vielleicht ein bisschen mehr die Hände. Aber jetzt im Stall selber gibt es keine Hygienemaßnahmen, die ich ergreifen muss. Oder kann ich auch in meinem Stall selber, das was bei Menschen jetzt die Hand-Disinfektion ist, gibt sowas dann analog auch für die Pferde? Was würde man machen?
[SPEAKER 2]Also wir müssen schon ein bisschen unterscheiden. Haben wir einen Stall, bei dem wirklich tatsächlich eine Infektion vorliegt oder haben wir einen ganz regulären Stall, in dem im Prinzip ein ganz normales Risiko besteht? Das ist ja eigentlich das tägliche Brot. Wir haben ja nicht in jedem Stall ein Herpesvirus-Infekt. So dass wir also, ich sage mal, mit einer vernünftigen Hygiene, dazu gehört auch das Händewaschen übrigens wie bei Corona, natürlich wird es dadurch eventuell übertragen. Wobei dieser indirekte Weg der Übertragung beim Herpes sicherlich deutlich geringer ist als bei Corona. Das müssen wir einfach auch mal so festhalten. Also wir haben in der Wesentlichen den Übertragungsweg von Pferd zu Pferd. Vor allen Dingen dann, wenn Pferde Nase an Pferde Nase kommt. Das ist das, was eigentlich der Hauptübertragungsweg ist. So dass, wenn ich ein Pferd habe, was dann zum Beispiel Fieber hat, was ja ein ganz wichtiges Kriterium beim Herpesvirus auch ist und Verdachtssituationen hat, dann muss man gucken, entweder isoliert man dieses Pferd oder versucht zumindest den Kontakt Nase Nase zu den anderen Pferden auszuschließen. Also das sind wichtigste, die wichtigsten Hygienemaßnahmen, die man macht. Ansonsten das übliche Maß in einem Stall heißt also tatsächlich nicht mit dem gleichen Eimer, das eine Pferd tränken, das nächste Pferd tränken, das nächste Pferd tränken oder Futter Eimer von einem Pferd zum nächsten schieben und so weiter. Das sind Dinge, die also sicherlich eine, ich sage mal, doch schlechte Hygienemaßnahmen sind, weil man damit natürlich auch durchaus übertragen könnte.
[SPEAKER 1]Eine Frage, die auch jetzt in den letzten Stunden bei uns häufiger gestellt wurde, vor allen Dingen über Instagram, ob beispielsweise Herpes auch ohne Kontakt übertragbar ist. Ist das möglich?
[SPEAKER 2]Also Kontakt oder zumindest ein gewisser räumlicher, kurzer Abstand muss schon sein. Also es ist nicht so, dass man jetzt über weite Strecken, ein, zwei, drei Kilometer da eine Infektion mit Herpes von einem Pferd zum anderen hat.
[SPEAKER 1]Also nicht die Windböe, die quasi den Virus überträgt.
[SPEAKER 2]Nein, nein, nein. Also ganz so ist es nicht. Es ist schon so, dass wir eine gewisse räumliche Zuordnung haben. Wenn zum Beispiel ein Pferd in einer Box steht und schnaubt, dann ist natürlich ein bisschen Virus in der Luft. Und es kann durchaus sein, dass dann das Nachbarpferd das aufnimmt. Natürlich, das ist ein Kontakt, der durchaus denkbar ist. Wenn wir aber, ich sage mal, zwei unterschiedliche Stallungen haben, einer auf der rechten, einer auf der linken Seite der Reithalle und wir gehen nicht mit dem Krankenpferd in den gesunden Stall, sage ich mal, und halten da wirklich vernünftige Abstands- und Hygiene-Maßnahmen, dann ist an und für sich das schon eine sehr gute Hygiene und auch eine Hygiene, die durchaus funktioniert.
[SPEAKER 1]Sie haben es ja eben angesprochen. Es gibt ja zum einen die Prophylaxe, die Prävention, die Vorsorge und zum anderen die Behandlung der Symptome. Es ist ja analog zu Corona eigentlich. Wir haben jetzt einen Impfstoff, mit dem wir Menschen uns schützen können, aber wir können die Symptome, die Symptomatik nicht wirklich gut behandeln. Das ist quasi dieselbe Situation auch beim Herpesvirus.
[SPEAKER 2]Richtig. Das heißt, die Prophylaxe ist die Therapie.
[SPEAKER 1]Und bei der Impfung, welche Risiken gibt es? Sollte man jetzt ein Pferd impfen lassen? Und vor allen Dingen, wann sollte man das tun? Sollte man das so schnell wie möglich tun oder erst mal Vorsicht falten lassen? Wie ist Ihr Blick darauf?
[SPEAKER 2]Also wir sind ja schon seit Jahren dran oder beziehungsweise nicht nur wir, unsere Klinik, sondern alle Tierärzte und sagen, wir klären auf und versuchen zu transportieren, dass wir eben mit diesem Herpes, wenn er mal ausbricht, Riesenproblem haben und dass die Möglichkeit der Impfung besteht. Das Thema ist, man muss richtig impfen. Das ist der wesentliche Faktor dabei. Es nützt wenig, wenn man in einem Bestand von 20, 30, 40 Pferden zwei impft. Wir müssen, da müssen wir hinkommen, eine sogenannte Herdenimmunität versuchen zu erzeugen. Auch das ist parallel zu Corona. Also wir lernen da gegenseitig, denke ich, schon eine ganze Menge. Beim Pferd wissen wir es allerdings schon relativ lange. Und es gibt heute viele, viele Ställe, die also eine gesamte, den gesamten Bestand geimpft haben. Und auch die Pferde, die neu reinkommen, müssen eine Herpesvirus Impfung nachweisen. Die Ställe sind doch sehr, sehr gut geschützt oder zumindest so geschützt, dass wir ein Maximum an Möglichkeiten ausgenutzt haben. Wenn wir jetzt anfangen, wie wildlos zu impfen, sag ich mal, das ist ja im Moment das Problem. Also selbst wenn wir sagen würden, wir wollen jetzt impfen, wird es ein bisschen schwierig, weil natürlich der Impfstoff nicht verfügbar ist in den Mengen, die wir theoretisch jetzt bräuchten. Also alleine das, was bei uns in den ersten Tagen dieser Woche angekommen ist, das schaffen wir nicht, weil die Industrie ist gar nicht in der Lage, diesen Schwung von Herpesvirus Impfstoffen zur Verfügung zu stellen. Auch eine gewisse Parallelität zu Corona. Das heißt also, ich würde jetzt nicht panisch impfen. Ich würde es aber gucken, dass man also die Situation einer Herpesvirus Infektionsrisiko realisiert. Die Pferde entsprechend auch hält, die Pferde entsprechend belastet, vernünftig belastet, also nicht überlastet, vor allen Dingen natürlich mit diesen Pferden nicht in verschiedene Ställe fährt, wo wir dann im Prinzip immer wieder ein erhöhtes Risiko haben, dass sich die Pferde mit anderen Pferden in Kontakt bringen und damit ein Infektionsrisiko damit eingehen. Das ist auch der Grund, warum natürlich im Moment die Turniere bis Ende März ausgesetzt wurden. Vernünftigerweise, weil bis zu dem Zeitpunkt geht man davon aus, dass diese Welle wieder abgeschwappt ist und im Prinzip sich das Ganze wieder beruhigt hat. Hoffentlich. Und wenn ich jetzt jemanden, der jetzt hier sitzt und sagt, mein Pferd ist gesund, mein Stall ist in Ordnung, aber ich habe doch richtig Angst davor, dass meine Pferde Herpesvirus infiziert werden oder Herpesvirus erkranken, sagen wir mal lieber so, denn infiziert sind ja viele. Dann würde ich sagen, versuchen Sie im Moment mehr regional zu bleiben, also im eigenen Stall und versuchen Sie da wirklich mal über ein entsprechendes Konzept einer Bestandsimpfung nachzudenken, dass also wirklich, nachdem wirklich diese Welle vorbei ist, der Impfstoff auch wieder verfügbar ist, was so etwa ab Mitte April laut Aussage des Herstellers der Fall sein wird, dass man dann wirklich auch mal mit einem vernünftigen Konzept die Bestände durchimpft und damit auch einen vernünftigen Schutz erzielt. Ich denke, damit ist den meisten am besten geholfen.
[SPEAKER 1]Gibt es denn konkret, wenn ich jetzt einen Ausbruch habe bei mir im Stall, gibt es da konkrete Quarantäne Vorschriften? Wir sind ja alle jetzt sehr, sehr bewandert, was so was angeht. Dank Corona gibt es da eine Vorschrift. Muss ich das beim Veterinäramt melden? Macht der Tierarzt das? Wie läuft das ab?
[SPEAKER 2]Also ich hatte eingangs schon gesagt, also die Herpes ist keine Seuche, fällt also auch nicht unter dieses Seuchengesetz. Das heißt, es ist weder melde noch anzeigepflichtig beim Veterinäramt. Das heißt also, die Offiziellen sind im Grunde genommen da nicht mit involviert. Wir haben oder die FAI hat auch hat eine eine Möglichkeit geschaffen, wo man diese Infekte Ausbrüche dann auch melden kann, sodass von der FAI Seite, also von der internationalen alterlichen Organisation ein Tracking gemacht werden kann, dass man gucken kann, wo sind die Pferde hin? Was haben die eventuell tatsächlich an Infektionen mit nach Hause gebracht? Wo verläuft welche Infektion an welcher Stelle wie aggressiv? Also das ist sicherlich ein sehr gutes System, aber es gibt keine gesetzlich rechtlichen Vorschriften, dass man eine Herpesvirus Infektion in irgendeiner Form und Art und Weise melden müsste. Das ist anders als in anderen Erkrankungen.
[SPEAKER 1]Zum Abschluss, Dr. Kreling, Sie haben es ja auch schon während des Podcasts jetzt gesagt. Es ist etwas, was schon länger da ist. Es ist nichts Neues. Geben Sie uns noch ein bisschen Zuversicht, dass wir das Ganze gut überstehen. Wie ist Ihr Blick auf die Dinge der nächsten Wochen?
[SPEAKER 2]Also ich würde das Ganze ernst nehmen. Natürlich, ich würde Ihnen entsprechend diese Vorsichtsmaßnahmen, die wir ja besprochen haben, einstellen und wirklich Mobilität reduzieren. Ansonsten würde ich nicht panisch werden. Ich sage, das ist immer das größte Problem, wenn wir jetzt so eine Situation haben und es wird sehr heiß gekocht und es wird überall, wir hätten plötzlich alle möglichen Maßnahmen ergriffen, die allerdings meistens nach sechs Wochen schon wieder vergessen sind. Ich denke, da müssten wir ansetzen, dass wir sagen, in dem Moment, wenn wir jetzt wirklich mal alle realisiert haben und sensibilisiert sind, sollten wir das auch im Kopf behalten und entsprechend mittel- und langfristige Maßnahmen erzeugen. Das wäre meine Empfehlung. Jetzt im Moment können wir nicht so viel tun. Das ist ja unser Problem. Virus nicht behandelbar, vernünftige Hygiene, wie besprochen, aber mittel- und langfristig ein entsprechendes Impfkonzept.
[SPEAKER 1]Also Vorsicht mit Maß und Mitte und den Blick auf die Langfristigkeit. Genau. Wunderbar. Vielen Dank für Ihre Einschätzung. Ich glaube, das hilft sehr, sehr vielen. Dankeschön, Dr. Kai Kreling.