#74 Dorothee Schneider über ihre Ausbildungsphilosophie
"Das Pferd erfühlen, seinen Charakter und seine Bewegungsmöglichkeiten erfassen" – das liebt Dressurreiterin Dorothee Schneider an der Pferdeausbildung. Für sie gibt es kein Schema F, wenn es um Pferde geht. Ihr Ausbildungskonzept baut sie um das individuelle Pferd herum auf. Im Podcast erfährst du, wie die Reitmeisterin ihre Pferde beim Training mitentscheiden lässt, welchen Pferdetyp sie am liebsten mag und warum sie sich als Reiterin jeden Tag wieder neu hinterfragt.
Dorothee Schneider ist mit Pferden aufgewachsen. Dass ihre Leidenschaft sie mal aufs Olympiatreppchen führen würde, hätte sie sich damals noch nicht träumen lassen. Im Interview mit Christian Kröber berichtet sie, was ihr Erfolge bedeuten und wie sich solche großen Momente des Reitsports anfühlen. "Sie sind für mich vor allem eine schöne Rückmeldung. Dafür, dass meine Ausbildung gut war und dass mein Pferd Spaß an der Arbeit hat – denn das sieht man im Viereck", so Schneider im Podcast.
Das Wohl des Pferdes steht bei der Dressurreiterin immer im Vordergrund. Deshalb sorgt sie für eine vielseitige Pferdeausbildung und sucht immer nach neuen Verbesserungen für ihr Training. Man lerne ja schließlich nie aus. Blicke in dieser Podcastfolge hinter die Kulissen ihres Trainingsalltags. Es kann gut sein, dass du einige Dinge erfährst, die du noch nicht über Dorothee Schneider wusstest!
Podcast Transkript
Dieses Transkript wurde durch eine KI erstellt und nicht gegengelesen.
[SPEAKER 1]Herzlich willkommen zur neuesten Folge des wehorse Podcasts. Mein Name ist Christian Kröber und heute habe ich eine der erfolgreichsten Dressurreiterinnen der letzten zehn Jahre bei uns zu Gast. Es ist die Olympiasiegerin Dorothee Schneider. Im Gespräch mit ihr geht es aber gar nicht so sehr um die ganz großen Erfolge, sondern eher darum, was ihre Ausbildung und den Weg zu den Erfolgen so besonders macht und wie sie sich selber auf die verschiedensten Pferde einstellt. Bevor wir starten noch einen Hinweis auf einen brandneuen Kurs bei uns auf wehorse.com Geländereiten für Einsteiger mit Ingrid Klimke für all denjenigen, die es interessiert, wie man sich ans Geländereiten rantasten kann. Ab 14,90 Euro seid ihr dabei. Also der neue Kurs Geländereiten für Einsteiger mit Ingrid Klimke. Jetzt starten wir mit dem Podcast. Also viel Vergnügen mit Reitmeisterin Dorothee Schneider. Eine neue wehorse Podcast Folge. Ich freue mich ganz besonders. Wir sind auf den Deutschen Meisterschaften von Balve und gestern hat sie die Bronzemedaille gewonnen im Grand Prix Spezial. Hallo Dorothee Schneider.
[SPEAKER 2]Hallo, freue mich auch.
[SPEAKER 1]Schön, dass du bei uns bist. Wir wollen sprechen über Dressur, über Dressurausbildung und was das für dich auch bedeutet und für dich besonders macht. Wie würdest du ganz persönlich beschreiben, was Dressurausbildung für dich ist, was der Funkosport für dich ist?
[SPEAKER 2]Also das gemeinsame Tun oder das gemeinsame Spaß haben mit dem Pferd. Ich glaube, für mich ist es ganz besonders, den Ausbildungsweg zusammenzugehen mit dem Pferd. Ich habe ganz früh als Kind schon den Pferdevirus gehabt. Ich bin mit Pferden aufgewachsen. Meine Eltern haben einen landwirtschaftlichen Betrieb gehabt und auch Pferde. Und da ist sofort der Funko übergesprungen. Ich habe mehr Zeit im Stall verbracht als woanders und wusste eigentlich schon von Kind an, dass ich die Begeisterung und das Talent vielleicht auch dann auch irgendwann mal zu meinem Beruf machen möchte. Und es ist einfach für mich toll, Pferde auszubilden, mit Pferden zusammenzuarbeiten, sie zu erfühlen, sie zu, ja, den Charakter zu erfassen, die Bewegungsmöglichkeiten zu erfassen, einfach, was habe ich für einen Individualist, mit dem ich zusammenarbeite und dann mein Konzept, um das Pferd herumzubauen, das Ausbildungskonzept, aber auch den mentalen Ausgleich drumherum. Und das ist für mich wirklich täglich mein Ziel, auf die Vierbeiner einzugehen und mit ihnen zusammen Spaß zu haben und sie eben reell auszubilden, ohne dass uns auf diesem Wege der Spaß an dem Sport verloren geht und die Pferde auch. Und das ist, glaube ich, das, was nachher im Viereck auch es schön macht, wenn es harmonisch aussieht und wenn man sieht, das Pferd hat Spaß an dem, was wir tun. Und das ist meine tägliche Motivation, das in der Pferdeausbildung mitzunehmen und das eben auch täglich umzusetzen zu Hause.
[SPEAKER 1]Also dieses individuelle Einstellen auf das Individuum unter dem Sattel, richtig?
[SPEAKER 2]Richtig, weil wir haben es ja nicht mit Schema F Ausbildung zu tun, so nach dem Motto, jeder ist gleich, sondern jeder Reiter, jeder Mensch ist unterschiedlich und auch jedes Pferd ist unterschiedlich. Es gibt ja nun motivierte oder auch mal ein bisschen grelle Pferde oder auch eher faule Pferde. Und auch der Exterieur ist wichtig, wie der Körper so gestaltet ist. Und sich ein Bild zu machen davon, mit was für einem Pferd man gerade unterwegs ist, wie der Charakter ist, wie die Einstellung zum Sport ist, wie der Körper das schon umsetzen kann, wie die Kraft da ist oder auch nicht. Wie kann ich das individuelle Pferd auf den Ausbildungsweg bringen? Das ist eben das, was wir Step by Step zusammen lernen, auch im Körper und im Kopf gut umsetzen und das ist für mich wirklich das Ziel, mich da mit dem individuellen Charakter und dem individuellen Körper auseinanderzusetzen und da das Ausbildungskonzept drumherum zu
[SPEAKER 1]gestalten. Gibt es da einen idealtypischen Weg, wann ein Pferd zu dir kommt? Wann geht das los oder ist das wirklich auch, wie du sagst, individuell? Manchmal kommt ein Pferd mit sieben, manchmal ist es schon ein Vierjährig bei euch im Stall. Wie ist so der normale Weg?
[SPEAKER 2]Es ist unterschiedlich. Die Pferde kommen ja nicht alle Vierjährig oder alle Fünfjährig, sondern das ist schlichtweg unterschiedlich und ich versuche natürlich, bei einem Drei- und Vierjährigen Pferd ist das natürlich erstmal, also ich bin der Meinung, man muss die noch nicht Dreijährig voll reiten. Ich sehe es so, dass man Dreieinhalbjährig anreitet und dann eben über den Winter auf Vierjährigen Balance, Kraft und einfach die Basis schon mal legt, sprich Skala der Ausbildung so ein bisschen beginnt, daran zu arbeiten, das Pferd auf den richtigen Weg, im Körper auf den richtigen Weg zu bringen, dass es eben seine Balance findet. Dementsprechend in dieser Balance auch die richtige Kraft und die richtige Muskulatur aufbaut, um dann den weiteren Weg zu gehen. Und es gibt ja bei uns auch einen Ausbildungsweg. Es gibt ja Altersgrenzen in den Prüfungen, die ausgeschrieben sind. Das finde ich auch sehr sinnvoll, dass zum Beispiel ein Fünfjähriges Pferd geht dann Richtung Dressurpferde L, sprich Außengalopp, Galopp-Schrittübergänge, sprich erste Ansätze einer Versammlungsbereitschaft. Und dann geht es Sechsjährig Richtung Seitengänge und fliegende Galoppwechsel. Ich finde das auch eine ganz gute Aufteilung für die Pferde, dass sie wirklich auch in diesem Altersschritten langsam auf diese nächste, schwierigere Aufgabe vorbereitet sind. Also ich bin jetzt keiner, der ein Fünfjähriges Pferd schon ständig piaffiert oder in diese Richtung ausbildet, sondern ich möchte das wirklich Step by Step dem Pferd auch dahingehend hinterlegen, dass es auch im Körper schon bereit und in der Balance so gefestigt ist, dass es den nächsten Ausbildungsschritt gehen kann und den mir auch anzeigt. Also es gibt ja Pferde, die sich schneller weiterentwickeln und welche, die vielleicht für bestimmte Schritte etwas länger brauchen. Und das möchte ich auch reinhorchen.
[SPEAKER 1]Also selber erfahren, wo stehe ich gerade mit dem Pferd?
[SPEAKER 2]Richtig, also dass das Pferd mir Zeichen gibt, wir können den nächsten Schritt gehen. Also ich bin jetzt bereit, zum Beispiel die Traversale zu lernen oder auch im Galopp mal mich mehr aufzunehmen oder Richtung Arbeitspurette von sechs auf siebenjährig Richtung, diese Richtung zu gehen und dass man dann eben auch den Körper so weit in der Balance und in der Kraft und im mentalen Dasein so weit gefestigt hat, dass der nächste Schritt ohne Probleme geht und dass das Pferd auch das Selbstbewusstsein und das Spaß dabei behält und nicht denkt, das wird jetzt zu schwer für mich und dann eben man ja auch Schwierigkeiten bekommen kann, weil das Pferd einfach noch nicht so weit ist. Und deswegen reinhorchen, um dann den nächsten Schritt zusammen zu machen und dabei auch eben die Basis immer im Hinterkopf, dass das Pferd eben auch in der Lage ist, das zu tun. Und das ist, daran habe ich einfach Spaß und dieses, das reinhorchen wirklich zu realisieren, ist mein Pferd für den nächsten Schritt bereit oder eben noch nicht. Manche Pferde sind mit neun im Grand Prix, der andere ist erst mit zehn so weit. Ich finde, wir sollten das auch immer so umsetzen, dass die Pferde auch in der Lage sind, das wirklich im Körper zu tragen und dann eben auch den Ausdruck in diesen Dingen behalten, weil sie bereit sind dafür und Spaß haben.
[SPEAKER 1]Wie wählst du die Pferde aus, die zu dir kommen? Gibt es so einen Typus, wo du sagst, das ist ein Typus Pferd, der passt besser zu mir, versus ein anderer Typ Pferd?
[SPEAKER 2]Eigentlich bin ich relativ flexibel in diesen Dingen. Ich mag Pferde, die ein bisschen Geist haben, die einfach auch mal ein Böckchen machen und ein bisschen, sprich so First Romans oder so, der lässt sich immer irgendwas einfallen. Ist zwar in manchen Situationen auch mal ehrlich, wenn das in der Prüfung ist, aber ich finde, wir brauchen Pferde, die diese Motivation, diesen Geist haben. Nachher natürlich auch gerade in Richtung Grand Prix Sport, da Spaß haben, sich daran zu bewegen. Wenn dann halt mal andere Ideen dabei sind, dass die mal ein bisschen spaßig unterwegs sind, mag ich das. Aber ich habe immer das Ziel, auch ein Pferd, was jetzt vielleicht auch mal ein bisschen Hilfe braucht oder mal ein bisschen Motivation nach vorne braucht oder sowas, ich setze mich damit auseinander, was habe ich für ein Pferd unter meinem Hintern sozusagen und versuche dann, mich darauf einzustellen, also nicht das Pferd auf mich einzustellen, sondern mich auf das Pferd einzustellen, was ich gerade reite, um dann bestmöglich den Ausbildungsweg weiterzugehen. Und ich mache jetzt nicht so, das Pferd passt nicht zu mir, das nehme ich jetzt nicht, sondern grundsätzlich ist es die Grundqualität des Pferdes und ich versuche mich dann darauf einzustellen, mit dem individuellen Pferd den richtigen Weg zu finden, ob motiviert oder eher ein bisschen faul oder eben die verschiedensten Charaktere abzudecken.
[SPEAKER 1]Wenn jetzt ein Pferd jünger zu dir kommt, setzt du dich dann auf einen 4- und 5-Jährigen auch selber drauf oder hast du dann deine Leute, Breiter oder ähnliche, die dann an Bord gehen oder steigst du selber auf die ganz jungen Pferde auch drauf?
[SPEAKER 2]Also es ist ein tolles Team bei mir im Stall, wir sind 14 Leute und ich habe auch super Reiter, die auch meinen Stil und einfach im Sinne des Pferdes arbeiten, das macht mir täglich Spaß, das zu sehen. Und wenn jetzt ein ganz junges Pferd zu uns kommt, 3-Jährig, dann muss ich ehrlich gesagt nicht unbedingt noch selber drauf. Also ich habe keine Angst, aber es geht darum, dass auch die Reiter bei mir auch mal eine Chance kriegen. Das ist wie zum Beispiel Laura Strobl, die dann mit dem Willenöff, die Schülerin von mir, die nachher als Breiterin weiter bei mir gearbeitet hat, die hat dann die Chance gekriegt, WM der jungen Pferde zu reiten mit dem Pferd. Tolles Pferd, hätte ich natürlich auch gerne selber geritten.
[SPEAKER 1]Was ja auch großartig ist, dass du eine Chance einer Breiterin gibst, das Pferd dort zu reiten, hätte sie auch selber reiten können.
[SPEAKER 2]Richtig, aber ich weiß wie lang der Weg sein kann, wenn man Talent hat und nicht das richtige Pferd hat. Mein Weg war auch relativ lang, bis ich mal bessere Pferde zur Ausbildung bekommen habe und dann kann man ja auch erst zeigen, weil es ist ja immer das Ziehendes, immer der Reiter plus das Pferd, was dann nachher punkten kann. Zu Fuß ist man halt nichts und deswegen finde ich es wichtig, dass man auch eine Chance bekommt und deswegen ist es auch oft so bei mir im Stall, es ist eine Kombination aus Breiter und mir oder auch mal nur Breiter, alles immer in Absprache mit dem Besitzer natürlich vom Pferd und dass die sich dann auch mal hocharbeiten dürfen. Also dann geht es eben in die Jungpferdeprüfung und wenn das alles gut geht, dann geht es auch mal auf eine Bundeschampionatsquali und auf ein Bundeschampionat oder auf eine Qualifikation zur WM und die Chancen, finde ich, brauchen die Nachwuchsreiter ja auch und das versuche ich in meinem Betrieb umzusetzen, natürlich immer im Einverständnis mit den Pferdebesitzern.
[SPEAKER 1]Wie wichtig ist dir vielseitiges Training, also nicht nur an den Dressurlektionen zu arbeiten den ganzen Tag, sondern auch mal ins Gelände zu reiten, vielleicht mal Springgymnastik oder solche Dinge?
[SPEAKER 2]Also Springgymnastik mache ich weniger, gebe ich zu, das ist aber was, was ich eigentlich schade finde, sollte ich mehr machen, weil ich bin selber bis M-Springen geritten, also ich musste mich als Kind und Jugendliche bis M-Springen geritten.
[SPEAKER 1]Was ja eigentlich super ist, weil dann hat man auch die vielseitigere Ausbildung.
[SPEAKER 2]Richtig, richtig, also bin auch als Kind Geländeprüfungen geritten und so, aber wirklich als ich noch relativ klein war. Irgendwann ging es dann, mein Vater ist ja auch Dressurreiter gewesen und ging es dann in die Spezialisierung, musste ich mich dann, weil man ja auch nicht auf allen Hochzeiten tanzen kann, habe ich mich dann entschieden Richtung Dressur, weil ich einfach das liebe, mit dem Pferd so eins zu werden. Das heißt nicht, dass die anderen Sportarten das nicht werden, aber ich habe es halt in der Dressur, empfinde ich das so. Aber es ist trotzdem wichtig, auch für den Reiter, finde ich, so lange wie möglich beides zu machen, also oder alle drei Dinge mit Vielseitigkeit und Springen und also öfter mal über Stangen treten oder gehen ins Gelände eine Runde oder dass die Pferde was anderes sehen, die haben ja auch bei uns auch, die gehen alle aufs Paddock, wirklich alle, auch die Hengste und dann eben mit Abstand dazwischen und ich versuche schon dem Pferd ein mentales, tolles Gerüst außenrum zu bauen, dass sie auch Pferd sein dürfen und dass wirklich auch die Basis fürs Pferd, also der Kopf dann auch frei ist für die Gymnastizierung und die Weiterarbeit auf dem Dressurniveau.
[SPEAKER 1]Viele Pferde, die du hast, haben ja sinnbildlich den großen Motor, wie man immer sagt, also ein Stichwort ist ja Hypermobilität, was auch einige von unseren Usern im Vorfeld des Podcasts gefragt hatten, wie du mit solchen Pferden umgehst und ob da das Training zwischen Pferden mit in Anführungsstrichen normaleren Gängen und halt hypermobilen Anlagen, ob da ein Unterschied für dich ist. Also wie gehst du mit solchen Pferden um, die wirklich enorme Bewegungsqualität haben, da ist ja die Zucht auch in den letzten 10, 20 Jahren enorm weitergekommen. Wie gehst du mit diesen Pferden um im Vergleich zu den anderen oder ist da überhaupt ein Unterschied?
[SPEAKER 2]Das ist ja ein großes Thema, da kann man ein Buch drüber schreiben, über diese Frage. Ich glaube, also grundsätzlicher roter Faden ist bei mir erstmal grundlegend, dass die Pferde, ob jetzt mit hypermobil und sehr großen Bewegungen oder mit kleineren Bewegungen, dass sie ihre Balance finden und im Körper anfangen, sich gerade zu richten, das ist ja auch ein Punkt der Skala der Ausbildung, für mich ganz wichtig, weil ansonsten keine Lastaufnahme möglich ist, weil wenn das Hinterbein am Vorderbein vorbei arbeitet, sprich das Pferd sich schief macht nach einer Seite oder die Schulter wegläuft, dann kann ein Pferd keine Last aufnehmen. So, das ist bei beiden Pferden erstmal der rote Faden gleich, ob hypermobil oder sehr, sehr stark in der Bewegung oder eher ein bisschen ökonomischen Bewegungsablauf hat. Und dann versuche ich, diese Pferde mit diesen ganz großen Bewegungen gar nicht immer in den ganz großen Bewegungen zu reiten, sondern eigentlich, um sie einfach so ein bisschen zu, in Anführungszeichen, normalisieren, damit sie auch das Thema Gesunderhaltung, haben wir da ja auch, weil die Pferde, die sich so überdimensional bewegen, sich ja auch mehr verschleißen damit und dann versuche ich eben in den Ausbildungsschritten, die Pferde eigentlich eher natürlich in ihrer Bewegungsart zu fördern und zu kräftigen und zu stabilisieren und zu balancieren, aber doch nicht immer an den letzten Möglichkeiten, die sie haben, in der Größe der Bewegung zu reiten, sondern dann eher den Körper so ein bisschen zu schließen und zu balancieren und ein bisschen kleiner zu traben, zu galoppieren, obwohl der Bewegungsfluss von hinten nach vorne mir immer wichtig ist, weil wir können ja nur in der Anlehnung reiten, wenn sich das Pferd lernt auszubalancieren und von hinten nach vorne in beide Zügel rein arbeitet. Und das ist der rote Faden, den ich dabei habe, ob kleiner in der Bewegung oder größer in der Bewegung, ist in dem Moment gleich. Aber eben diese großen Bewegungen nicht immer bis zur Vollendung zu reiten, nicht rausreiten immer, sondern auch das Pferd sich normaler bewegen zu lassen, das ist wie gesagt in dem Thema Gesundheit, weil hinten raus, wenn die Pferde älter werden, möchte ich auch noch was davon haben. Und wenn die sich als junges Pferd schon so verschlissen haben, dann wird das nachher glaube ich auch schwierig.
[SPEAKER 1]Glaubst du, dass es da auch gewisse Grenzen gibt? Also dass man einfach sagt, okay, anatomisch ist es halt irgendwann nicht mehr möglich, mehr Bewegung auch in die Pferde rein zu züchten? Man hat jetzt natürlich diese Pferde etwas mehr als früher, als vor 10, 15 Jahren, aber siehst du da irgendwo auch eine Grenze?
[SPEAKER 2]Natürlich gibt es da Grenzen, also wir versuchen ja alle, oder das Pferd wird ja dahingehend so gezüchtet, dass es sich über das aktive Hinterbein, über den Rücken in beide Zügel rein bewegen kann und es ist ja schon die Bergauf-Tendenz, die haben wir ja schon gut etabliert in der Zucht, glaube ich. Also man muss glaube ich aufpassen, dass man nicht irgendwann überzüchtet. Es gibt es ja bei den Hunden zum Beispiel auch, dass Schäferhunde auf einmal hinten ganz klein werden und vorne ganz groß.
[SPEAKER 1]Genau, weil das Zuchtziel so ist.
[SPEAKER 2]Dann kriegen wir so viel Druck auf die Gelenke, dass das nachher in der Gesundheit natürlich auch nicht mehr funktioniert. Also ich glaube, da muss man schon auch aufpassen, dass man da nicht über die Strenge schlägt. Aber ich glaube, die Zucht ist ja sehr gut unterwegs und wir haben auch sehr bewegungsstarke Pferde und da schließt sich der Kreis. Aufpassen, dass man diese Bewegungsstärke nicht immer raus reitet und dem Pferd damals damit eben zu viel Verschleiß hat und dann in der Gesunderhaltung mit 5-Jährig, 6-Jährig geht es dann auf einmal nicht mehr weiter, weil schon zu viel groß getrabt und galoppiert wurde, sage ich mal.
[SPEAKER 1]Wir haben jetzt über Ausbildung gesprochen. Wie wichtig sind Erfolge für dich? Also wir sind jetzt hier auf deutschen Meisterschaften, also es geht ja auch um Titel. Du hast alle großen Championate schon geritten. Wie wichtig sind Erfolge in diesem Ausbildungskontext?
[SPEAKER 2]Naja, der Erfolg ist die Belohnung dafür, was man sich vorher für Gedanken gemacht hat und was man für einen Weg eingeschlagen hat mit dem Pferd, über viele, viele Jahre einen Stil und ein Ausbildungskonzept entwickelt hat, was sich nachher in positivem Sinne in dem Erfolg zeigt. Und das belohnt die Mühe und den Weg und den Spaß, den man gehabt hat mit dem Pferd oder hat mit dem Pferd, dass es nachher in so einer Prüfung auf dem Punkt eben der Ausbildungserfolg auch dargestellt wird. Es ist ein Erfolg natürlich eine schöne Rückmeldung für beide Seiten. Für das Pferd, für den Besitzer natürlich des Pferdes, der den Weg eingeschlagen hat in der Ausbildung, für mich als Ausbilder ist der Erfolg eine schöne Rückmeldung für das, was man vorher mit dem Pferd, eben den Weg, den man gegangen ist. Und deswegen ist so ein Erfolg wie hier auf den deutschen Meisterschaften mit Faustus, der das erste Mal hier ist und sich jetzt gleich aufs Treppchen gearbeitet hat, in Anführungszeichen, in die Bronzemedaille für das Spezial ist schon ein besonderer Erfolg. Und das ist natürlich auch für die Besitzer toll. Und die sich ja auch in den Sport rein investieren und in das Pferd rein investieren und dann sehen, Mensch der Weg hat sich gelohnt und für alle Beteiligten ist das natürlich der Erfolg dann die Belohnung für den Weg, den man gegangen ist. Aber es ist nicht zwingend, sondern es ist ja auch das Wichtige, dass man Spaß hat an dem Sport und das steht erstmal an der ersten Stelle und einfach auch zeigt, wie toll dieser Sport ist.
[SPEAKER 1]Also dass quasi der Erfolg dann am Ende des Weges ist, also wie du sagst Rückmeldung, Rückmeldung ist ja eher immer am Ende.
[SPEAKER 2]Ja, aber in dem speziellen Moment die Rückmeldung, also ich meine, wenn ich jetzt mit einem sechsjährigen Pferd, das Ziel hatte jetzt auf die WM des jungen Pferdes zu gehen und qualifiziert sich dahin und ist da auch erfolgreich, dann ist das in dem Moment ja eine schöne Rückmeldung oder eine schöne Bestätigung für die Arbeit, die man vorher gemacht hat. Immer auf dem Niveau eines sechsjährigen Pferdes und dann natürlich, wenn das Talent da ist, dann geht es natürlich weiter und dann gibt es das nächste Ziel und dann arbeitet man darauf wieder hin. Und wenn es dann den nächsten Step bekommt, also sprich jetzt zum Beispiel den Nürnberger Buck-Pokal, das Pferd, also die sieben bis neunjährigen Nachwuchs-Pferde und das Pferd ist weiterhin, entwickelt sich gut weiter, ist das wiederum natürlich eine tolle Bestätigung und macht natürlich auch riesig Spaß. Aber ich bin jetzt keiner, der jetzt jedes Wochenende losrennt mit dem Pferd zum Turnier und da sämtliche Prüfungen abklappert, sondern ich versuche die immer dosiert einzusetzen, altersgemäß einzusetzen und dann wieder über den Winter den nächsten Step zu erarbeiten und dann aber gar nicht mit einem Pferd zu viele Turniere, sondern drei, vier, fünf Turniere, das reicht schon.
[SPEAKER 1]Gibt es so gewisse Einflüsse, die so auf deine Philosophie sich ausgewirkt haben, also gibt es Vorbilder, wo du sagst, die und die Altenmeister fand ich schon immer gut, gibt es so Menschen, die wirklich auch Einfluss genommen haben auf die Art und Weise, wie du das Ganze machst?
[SPEAKER 2]Also mit Sicherheit haben mich meine Eltern sehr, sehr geprägt in der Richtung, immer im Sinne des Pferdes zu arbeiten und das ist auch meine Philosophie und ich bin jetzt jemand, der, wenn ich rausgehe, ich gucke schon rechts und links. Also ich versuche, ich habe ja meinen eigenen Stil über die Jahre entwickelt, aber ich versuche mich jeden Tag selber zu hinterfragen und das haben meine Eltern auch oder meine Kindheit auch bei mir hinterlegt und ich gucke dann einfach, wie die anderen so arbeiten und denke dann, ach, das ist eigentlich eine gute Idee oder kriege zu Hause dann auf einmal, versuche einfach irgendwas und denke, warum bist du da eigentlich nicht vorher drauf gekommen. Also jeden Tag, ich bin so gestrickt, ich stehe morgens auf und beginne meinen Tag und versuche zu sehen, was kann ich eigentlich an mir selber optimieren, um dann auch dem Pferd irgendwie den Weg besser machen zu können.
[SPEAKER 1]Also du bist so eine Selbstoptimiererin, also hast du dann irgendwie so eine Apple Watch, wo du dann deinen Puls schlagen musst und so was?
[SPEAKER 2]Nein, nein, nicht im Sinne der körperlichen Fitness, sondern eigentlich in der Art, das Pferd auszubilden. Beziehungsweise, wenn ich dann in den Spiegel gucke und ich versuche immer, mich noch besser aufs Pferd zu setzen, ohne dass ich jetzt nur an meinem Sitz arbeiten würde, aber einfach zu optimieren und zu überlegen oder auch über das Pferd speziell individuell, ob ich bei dem oder jenem Pferd vielleicht noch was anderes machen kann, wie ich selber das auf dem Pferd umsetze. Sprich, wenn ich jetzt irgendwie die Biegung und Stellung verbessern möchte, eine Hand so ein bisschen zur Seite nehmen oder ganz, ganz kleine Sachen zu optimieren, um dann hinten raus doch noch eine bessere Balance und doch noch eine bessere Anlehnung zu haben. Also ich bin jetzt kein Mensch, der sagt, Mensch, du kannst das, du hast jetzt schon so viele Pferde ausgebildet, du musst jetzt nicht mehr an dir selber arbeiten. Aber doch, ich möchte jeden Tag an mir selber arbeiten und das gibt mir auch ganz viel zurück und wenn ich merke, da ist wieder eine Tür aufgegangen, ich habe mich wieder optimiert, das geht nochmal nach vorne in meiner Art zu reiten oder das gibt Zufriedenheit, finde ich. Weil man merkt, man ist nicht am Ende angekommen, sondern man kann sich doch noch jeden Tag verbessern, optimieren und das Konzept damit auch runter machen.
[SPEAKER 1]Arbeitest du auch mental?
[SPEAKER 2]Ja, also ich glaube, ich bin mental relativ stabil, aber als ich dann 2012 das erste Mal mich in Lichtgeschwindigkeit mit Diva Royale für die Olympiade qualifiziert habe und mitbekommen habe, dass alle Mentaltrainer haben, dann habe ich mir auch überlegt.
[SPEAKER 1]Brauche ich auch einen.
[SPEAKER 2]Sollte ich vielleicht auch machen, ja. Letztendlich weiß man nicht, wie sich das auswirkt, also die Gespräche, die man da führt oder was man da so aufarbeitet. Ich habe das damals mit Carlo Trenhardt gemacht, dem Hochspringer, der ja nun selber auch Weltmeister war und so und das waren ganz lockere Gespräche über den Sport, der ja nun in seinem Sport ganz anders ist als in meiner, aber wie man sich da drumherum organisiert. Er hat mir damals gesagt, wie schön, dass du in deinem Alter noch Olympiade reiten darf. Ich so, danke für die Blumen, weil den Reitsport, den kann man ja nun ein bisschen länger betreiben als Hochsprung zum Beispiel. Ich war ja nun auch schon über 40, als ich diese Chance bekommen habe und das ist natürlich toll und diesen Moment zu genießen, dass man dann nochmal für Deutschland Olympia reiten darf und das hat er mir schon.
[SPEAKER 1]Und dann auch wiederholst du danach, ja?
[SPEAKER 2]Ja, und das hat er mir schon wirklich mit auf den Weg gegeben und das zu genießen und das waren tolle Gespräche mit ihm und das haben wir auch vor Rio gemacht.
[SPEAKER 1]Also Olympiade 2016?
[SPEAKER 2]Ja, Olympiade 2016 und ich glaube schon, dass es sich positiv auswirkt, einfach um die Ruhe und die Freude und die Konzentration dahingehend auf den Punkt zu bringen, auf das sportliche Event, was dann kommt.
[SPEAKER 1]Ja und auch sicherlich ganz gut, auch mal andere Sportarten, andere Athleten mit einzubeziehen, weil am Ende haben die ein ähnliches Schicksal oder eine ähnliche Drucksituation, wenn man einreitet oder wenn man halt im großen Stadion über 7,30 Meter springen muss.
[SPEAKER 2]Ja und du weißt ja nicht, wie der Körper reagiert. Also 2012, ich wusste ja nicht, was machen meine Knie, fangen die an zu schlottern, wenn ich jetzt in dieses Viereck da in London einreite? Oder wie reagiert mein Körper und man möchte natürlich die Aufregung, wenn sie denn kommt, nicht aufs Pferd übertragen und sich damit zu beschäftigen, wie man doch selber damit umgeht, wenn jetzt Aufregung aufkommen sollte. Aber ich muss sagen, das hat richtig Spaß gemacht. Ich konnte in London einreiten, ich konnte das genießen und das ist ja nicht selbstverständlich, dafür bin ich so dankbar, dass mein Kopf und mein Körper in der Richtung relativ gut reagieren und so eine Olympiade für Deutschland, das war immer mein Traum und damals ist das in Erfüllung gegangen und das dann so einem schönen Pferd wie Diva Royale genießen zu können, das war schon sehr, sehr besonders.
[SPEAKER 1]Also nimmst du das dann bewusst wahr und sagst, ey unfassbar, ich reise jetzt in die Olympiade rein oder ist man so im Tunnel und sagt, okay, das ist jetzt unser Programm Grand Prix Spezial, das ziehen wir jetzt durch?
[SPEAKER 2]Das ist irgendwie beides, also ich habe mir das schon bewusst gemacht, das ist nicht zu fassen, ich bin jetzt in Lichtgeschwindigkeit, also das ging ja relativ schnell mit Diva Royale, weil die war ja erst 10 und dann ist Totila ausgefallen bzw. Matthias und auf einmal war ich von Longlist Nummer 7.
[SPEAKER 1]Einmal nach oben gespielt.
[SPEAKER 2]Du versuchst das irgendwo in dem Moment in der Konzentration auf den Punkt zu bringen, aber in diesem tollen Stadion in London, in einem Trifu-Stadion mit 20.000 Leuten, hast du eine Stecknadel fallen gehört und nicht außen ums Viereck herumgeritten und hab gedacht, jetzt gilt es das zu genießen und hier uns auf den Punkt toll zu präsentieren und ich konnte da wirklich noch lächeln, als ich eingeritten bin, da gibt es auch Bilder von, es ist einfach toll. Und dann den Moment auch zu genießen, weil das einfach sehr, sehr besondere, emotionale Momente sind.
[SPEAKER 1]Das sind ja die ganz großen Momente, ja.
[SPEAKER 2]Die hat man ja nun nicht so oft, weiß man ja nicht, ob man das nochmal hat. Also ich hatte das Glück ja dann nochmal mit Sjotam Deutschland in Rio vertreten zu dürfen, aber weiß man ja nicht.
[SPEAKER 1]Das ist ja auch eine andere Atmosphäre, in London war das ja auch schon ein Hexenkessel, viele Leute, das ist ja auch noch ein Faktor. Reitsport, Land. Nation, ja.
[SPEAKER 2]Das war schon, also London war eine sehr, sehr besondere Olympiade, ohne dass ich da mitreden kann, wie es davor war, ich war nie dabei, aber London war glaube ich eine ganz, ganz besondere Olympiade und Rio, gut, waren natürlich nicht so viele Pferdebegeisterte Menschen dann dort und das Stadion relativ leer. Das ist dann schon nochmal ein Unterschied, aber trotzdem, Olympia ist Olympia.
[SPEAKER 1]Liebe Dorothea, am Ende eines jeden WIROS Podcast habe ich die vier klassischen WIROS Fragen, die ich auch dir stellen möchte und Frage Nummer eins ist, hast du ein Motto nach dem du lebst?
[SPEAKER 2]Das habe ich glaube ich eben schon erklärt, optimiere dich selber und genieße das Leben.
[SPEAKER 1]Sehr gut, dann Frage Nummer zwei, gibt es einen Menschen, der dich vielleicht auch im Hinblick auf die Pferde, wir haben es eben schon mal ganz kurz angerissen, besonders geprägt hat?
[SPEAKER 2]Ja, muss ich sagen, mein Vater, hat mir wirklich viel mitgegeben, wir haben viel von ihm abgeschaut und ja, meine Eltern fiebern heute noch sehr, sehr mit, hier auch wenn ich in Balve bin oder auf irgendwelchen Kampagnaden.
[SPEAKER 1]Sind die mit dabei bei den großen Veranstaltungen?
[SPEAKER 2]Nein, dabei sind sie nicht von zu Hause aus, meine Eltern sind jetzt auch 85, aber die fiebern mit, mit der Deutschlandfahne in der Hand und sitzen vor dem PC und gucken, also das macht schon Spaß und die haben mich wirklich geprägt, meine Eltern sind toll, haben mich immer unterstützt, das ist schon besonders, danke nochmal dafür.
[SPEAKER 1]Genau, also falls ihr das hört, danke an euch. Dann Frage Nummer drei, wenn du Pferdemenschen eine Sache im Umgang mit ihren Pferden auf den Weg geben könntest, was wäre es?
[SPEAKER 2]Wie gesagt, sich immer erstmal selber hinterfragen, bevor man irgendwas aufs Pferd projiziert und immer sich darüber bewusst sein, dass man es mit Individualisten und Lebewesen zu tun hat. Das ist glaube ich der Punkt, also dass man erstmal über sich selber nachdenkt und immer an den Individualisten und Sportpartner denkt.
[SPEAKER 1]Und zum Abschluss vervollständige bitte diesen Satz, Pferde sind für mich? Mein Leben. Perfekt, vielen Dank liebe Dorothea, hat mir sehr viel Spaß gemacht. Mir auch, danke schön. Und ja, weiterhin viel Erfolg und bis bald. Ciao. Ciao, ciao. Schön, dass du bei dieser Folge dabei warst, wenn dir unser Podcast gefällt. Abonniere ihn, um keine Folge zu verpassen. Du findest uns überall dort, wo es gute Podcasts gibt. Bis bald.