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#71 Nicole Holland-Nell: Wie aus Kindern Pferdemenschen werden

Da möchte man glatt selbst wieder Kind sein: Mit ihrem Team Pony Concept führt Nicole Holland-Nell Kinder nicht nur an das Pony heran, sondern bildet sie zu emphatischen und umsichtigen Pferdemenschen aus. Damit bietet sie Kindern weit mehr als es viele Reitvereine können. Erfahre mehr über ihr Konzept in diesem wehorse-Podcast.

Viel lernen, gemeinsam Spaß haben und den Umgang mit dem Pony genießen - darum geht es in Nicoles Ponyschule. Eingebettet in Spiele, Lieder und Geschichten saugen die heranwachsenden Pferdemenschen alles Wissen rund ums Pony förmlich auf. Und das alles erleben sie als Gruppenaktivität. Damit wird die Ponyzeit für die Kinder zur echten Quality Time.

Bist du als Reitlehrer für Kinder tätig, vermittelt dir dieser Podcast kreative Unterrichtsideen. Bist du Elternteil eines pferdebegeisterten Kindes, erfährst du, wie dein Kind ans Pony herangeführt werden sollte. Und alle anderen inspiriert Nicole, die Pferde wieder mit Kinderaugen zu sehen und zu genießen.

Podcast Transkript

Dieses Transkript wurde durch eine KI erstellt und nicht gegengelesen.

[SPEAKER 2]Herzlich willkommen zur neuesten Folge des wehorse Podcast. Mein Name ist Christian Kröber und heute habe ich Nicole Holland-Nell zu Gast. Nicole, oder auch Collie genannt, ist die Gründerin des Team Pony-Konzepts und richtet sich damit an die Jüngsten. Ich habe mit ihr gesprochen über die Wichtigkeit, dass Kinder früh ans Pferd gewöhnt werden und wie eigentlich während der grassierenden Corona-Pandemie Kinderreitunterricht gegeben wird. Ihr findet alle Infos zu Nicole auch unter wehorse.com unter Trainer. In ihrem Trainerprofil gibt es auch den Kurs Pferdeliebe unterrichten das Team Pony Konzept für Kinder. Also viel Spaß.

[SPEAKER 1]Auf geht’s.

[SPEAKER 2]Hallo im wehorse Podcast an die Gründerin des Team Pony Konzepts. Hallo Nicole Holland-Nell.

[SPEAKER 1]Hallo.

[SPEAKER 2]Schön, dass du bei uns bist im Podcast. Wir wollen sprechen über das Team Pony-Konzept, über Kinderreitunterricht und was eigentlich das Besondere daran ist, wenn man Kinder ans Pferd heranführt. Nun erleben wir liebe Nicole ja in den Corona-Zeiten. Wir haben gerade im Vorgespräch schon einmal Das Thema kurz gestriffen. Sicherlich viele Ponyreitschulen auch betroffen von dem Thema. Wie passiert bei dir, wie passiert bei euch? Bist beheimatet in der Nähe von Gießen. Reitunterricht in Corona-Zeiten, vor allen Dingen mit Kindern?

[SPEAKER 1]Ja, also jetzt können wir das schon genießen, dass die Lockerungen eingetreten sind. Das heißt, wir können jetzt ohne Körper, also wir können mit Körperkontakt in der Gruppe mit zehn Kindern arbeiten. Das ist auch schön und die Kinder genießen das absolut, weil ich kann jetzt wirklich auch Kinder wieder anfassen, Reithelme aufsetzen, die Kinder auch mal einfach auch körperliche Zuwendung geben. Und das ging ja von einem Monat oder eineinhalb Monaten ging das ja gar nicht. Da ist die Leichtigkeit verloren gewesen. Es war sehr krampfig, das Miteinander, sag ich mal. Unser Konzept lebt ja durch das soziale Miteinander. Das fand ich total schwierig, aber ich hab’s einfach auch den Kindern zuliebe versucht, mein Möglichstes da umzusetzen und die Ponyschule da im Leben zu halten.

[SPEAKER 2]Also ihr wart genauso wie viele andere Reitschulen in Deutschland im Lockdown und Anfang Mai habt ihr dann mit einem Hygienekonzept quasi geöffnet.

[SPEAKER 1]Genau, genau so ist es. Also sechs Wochen haben wir pausiert, eine Zwangspause und dann haben wir losgelegt und dann mit kleinen Gruppen und ja mit einem ausgeklügelten Hygienekonzept, das kann ich dir sagen, mit Eingängen. Ausgängen, dass keine Sackgassen entstehen, Rundgänge, Schildern, alles. Aber sehr kindgerecht habe ich es versucht zu gestalten, damit es nicht so einschüchternd ist. Weil die Kinder verstehen ja noch weniger, was in der Welt von Corona passiert, als wir. Für uns ist es ja schon schwierig zu erfassen. Für die Kinder ist es noch viel schwieriger. Von daher habe ich versucht, da Normalität reinzubringen. Und die Kinder und die Eltern waren auch super dankbar darüber. Und nach wie vor. Also es ist ein wahnsinniger Trend, Kinder ans Pony zu bringen. Und die Natur tut da ja sowieso ihr Bestes. Die Kinder sollen ja. Oder es ist ja eher gesundheitsfördernd, gerade auch in der Natur und draußen zu sein. Von daher ist es mehr Trend denn je.

[SPEAKER 2]Und das ist ja ein Trend, den du dir auch quasi zunutze gemacht hast. Du bist Begründerin des Team Pony Konzepts. Wir haben vor einiger Zeit mit dir auch das Ganze noch einmal in einem Online-Kurs und damals auch an der DVD festgehalten. Das ist ein Ausbildungskonzept für Kinder, das seit über 20 Jahren quasi bei dir zu Hause ist und du hast es entwickelt. Was genau ist das Team Pony Konzept?

[SPEAKER 1]Ja, Team Ponykonzept ist ein reitpädagogisches Unterrichtskonzept, um Kinder von zwei, drei Jahren bis neun Jahren ans Pony zu bringen. Und das sehr spielerisch, bewegungsaktiv und kindgerecht, sodass es die Kinder auch absolut begeistert und in die Welt der Ponys mit hineinnimmt. Und die Kinder möchten nämlich auch Zeit mit dem Pony verbringen. Also bei mir geht es nicht im Schwerpunkt um das Reiten lernen, sondern eher darum, die Kinder zum Pferdemenschen auszubilden, sodass sie wirklich da auch total fit und selbstständig und verantwortlich werden im Umgang mit den Pferden. Und alles, also die Grundsteine, die Basis auslernen, was man über Pferde alles wissen muss. Um die Pflege, um die Versorgung, alles rund ums Pony. Pferdesprache, pferdegerechte Haltung, Bedürfnisse führen. All das lernen sie und das finden sie super toll.

[SPEAKER 2]Das ist ja auch eigentlich ein allgemeiner Trend. Also wenn man mit Demoskopen beispielsweise, die den Pferdebereich oder den Reitsportsektor anschauen, sagen ganz klar, der Trend geht weg von vielleicht vor 40 Jahren, als alles so ein bisschen in einer bäuerlichen Struktur war. Jetzt heutzutage leben die Leute in der Stadt, bei euch sicherlich Gießen oder Frankfurt. Das ist schon was anderes, wenn die Kinder in der Stadt groß werden, als wenn sie wie früher auf dem Dorf, wo eigentlich das nächste Pferd vielleicht 50 Meter entfernt war, oder?

[SPEAKER 1]Ja, ja, es gibt halt einfach nicht mehr so diese Gratiskontakte, wo man mal eine Pferdenase gestreicheln kann. Das muss man sich jetzt halt organisieren. Und das werden Events, sag ich immer. Ich habe schon auch viele städtische Familien, die zu mir kommen, für die ist das echt was Besonderes. Also für die Kinder auf jeden Fall. Und die Eltern haben auch erst mal so gar nicht Zugang zu Tierwelt und zu dem Ganzen drumherum. Die haben auch eine völlig falsche Einschätzung, was das eigentlich bedeutet. Ja, ein Pferd zu besitzen oder auch die Verantwortung zu haben oder auch die finanzielle Verpflichtung, das braucht total viel Aufklärung, weil man halt einfach nicht mehr nah mit Tieren zusammenlebt und das Bewusstsein auch so gar nicht mehr hat. Also die Eltern, das muss ich jetzt einfach erzählen, letztens hat auch eine Mutter zu mir gesagt, Kolli, du hast es ja richtig gut, aber du hast ja bestimmt richtig viel zu tun. Du musst ja jeden Tag Pferde reiten. Da habe ich auch gedacht, wie süß, dass sie sich das denkt. Also gut. Ich mache tatsächlich auch viel selber noch Stallarbeit. Dann mache ich da irgendwie Reha-Programm mit meinem älteren Pony, dann mache ich da das Heu ein, dem anderen schmeiße ich irgendwie Tablettchen sonst wo rein. Es ist total viel Aufwand rundherum. Mein Ponyhof ist nicht rosarot, es ist total viel Arbeit und ich stecke manchmal mit den Stiefeln in den Schlamm, tief in den Schlamm. Und dann, wenn ich noch Zeit habe an meinem Tag, dann steige ich tatsächlich mal aufs Pferd, aber das ist eher selten. Das ist echt immer süß, diese Einschätzung von außen.

[SPEAKER 2]dieser romantische Blick auf das ganze Thema, weil, wie du ja richtig sagst, was bedeutet es, ein Pferdehalter zu sein? Es ist ja nicht nur einmal am Tag oder fünfmal in der Woche aufs Pferd zu steigen, sondern es ist ja viel, viel mehr. Also das ist dir auch sehr wichtig, noch mitzugeben. Also dieser gesamtpädagogische Ansatz und nicht nur, wir setzen uns aufs vorbereitete Pferd und danach gehen wir alle wieder nach Hause.

[SPEAKER 1]Ja, genau so ist es. Also da versuche ich wirklich auch Aufklärung zu betreiben und da ein Bewusstsein dazu zu vermitteln, dass es um Lebewesen geht, dass echt 24 Stunden rund um die Uhr versorgt werden muss und für das man wirklich verantwortlich ist. Und das deckt einfach viel. Arbeit dahinter. Es gibt so ein paar Spiele. Eins heißt Pony Hotel. Das sind so Stationen. Ich habe das einfach auch ganz spielerisch umgesetzt, dass den Kindern das Freude bereitet. Aber da gibt es ganz viele Stationen, wo die Kinder dann zum Beispiel Dinge in der Futterkammer machen oder in der Sattelkammer oder auch Weidemanagement, Weidepflege, wo sie sich mit Giftpflanzen auseinandersetzen. Das Spiel findet in der Reithalle statt mit Ponys, aber die erleben trotzdem alle Verantwortlichkeiten und Verpflichtungen, die es auch einfach zu tun gibt tagsüber. Und von daher bekommen die schon auch dafür dann Bewusstsein, was das eigentlich bedeutet, Pferdebesitzer zu sein und da so viele Aufgaben rund um den Tag zu haben. Und ja, es ist halt kein Fahrrad, was man einfach so abstellt.

[SPEAKER 2]Wie siehst du da so die Entwicklung über die letzten Jahre? Also hat sich das verstetigt, dass Kinder, die in der Stadt aufwachsen, einfach deutlich weniger Bezug haben? Oder ist das immer etwas Individuelles?

[SPEAKER 1]Also an sich gibt es schon einfach die kindliche Tierliebe. Bei manchen ist sie schon ein bisschen größer ausgelegt, bei manchen auch weniger. Da kommt es aber auch auf die Eltern drauf an. Manchmal können Eltern auch so einen Angstauslöser, Reiz. Auslösen in den Kindern. Immer dieses Pass auf, der beißt oder wie auch immer. Oder hier, das Pferd, wie auch immer, kann nicht reden. Pferde beißen und reden. Dieses Vorurteil. Solche Dinge. Das kommt immer drauf an. Aber an sich bringt ein Kind eine kindliche Neugier und eine kindliche Tierliebe absolut mit. Und die ist auf jeden Fall zu fördern. Das finde ich total wichtig.

[SPEAKER 2]Und das ist am Ende auch der Punkt, wo du dann ansetzt und sagst, okay, da docken wir an und dann mit den verschiedenen Spielen, die es gibt, das ist glaube ich ja ganz wichtig, Spiele, Lieder, die Geschichten, dadurch wird dann das Pferd näher gebracht.

[SPEAKER 1]Genau, also so wird das Pferd mit allen Sinnen erlebbar gemacht und entspricht einfach dem kindlichen Entwicklungsstand und dem kindlichen Lebensthema. Ich weiß genau, in welchem Alter Kinder welche Entwicklungsmeilensteine durchleben oder was sie auch mögen und was sie auch schon können. Und da setze ich einfach an mit ganz vielen Liedern und Spielen, die dann auch entwicklungsgerecht sind.

[SPEAKER 2]Wann sollte man denn loslegen, dass man sein Kind an Pferde gewöhnt? Jetzt komme ich aus einer absoluten Pferdefamilie. Wahrscheinlich mit drei Tagen habe ich das erste Mal ein Pferd berührt. Aber wann geht das denn wirklich los? Wann sollte man damit anfangen? Vor allen Dingen, wenn man jetzt nicht aus einer Pferdesportfamilie kommt und sagt, aber ich möchte trotzdem, dass dieser pädagogische Aspekt auch irgendwie Widerhall findet. Also wann fängt man an?

[SPEAKER 1]Eigentlich so früh wie möglich. Ich habe schon Anfragen von Kindern mit zwei Jahren. Sie sollten gut zu Fuß sein und einigermaßen verständig sein, dass man auch die Regeln für Pferdefreunde, also die Sicherheitsregeln im Umgang mit dem Pferd, einigermaßen einhalten kann. Aber das ist ja auch mit Elternbegleitung. Es gibt Eltern-Kind-Kurse, die kleinen Sprösslinge dann eben mit einem Elternteil zu mir kommen. Und die erleben dann eine schöne Ponyzeit gemeinsam, wobei ich auch darauf Wert lege, dass ich nicht die Kinder bespaße und nur unterhalte und die Eltern an der Seite stehen und sozusagen… Und applaudieren, ja. Nein, das habe ich mir ganz früher gegeben. Da habe ich mich immer gefühlt wie so eine Mallorca-Club-Hotel-Animationstante. Das mache ich jetzt nicht mehr. Ach, wirklich?

[SPEAKER 2]Das war eine Zeit lang so, dass quasi dann alle an der Seite standen und geguckt haben, was machen die Frauen da?

[SPEAKER 1]Ja, wir haben gehofft, die sind ja auch alle platt. Ich verstehe das ja auch. Die sind müde. Also mit Kindern, Kinder zu haben, ist auch anstrengend. Und manche dachten sich dann, ich gebe die ab und stehe dabei, kann mich aber da ein bisschen zurückziehen oder auch mit anderen netten Muttis plaudern. Aber das stört ja total. Und ich will ja auch, dass die Ponyzeit eine wirklich eine Qualitätszeit ist für die ganze Familie. Also jetzt mache ich das so, dass das eine Familienaktivität ist, die auch besonders wertvoll für alle ist. Aber das sind halt so die Anfangsfehler von früher. Ich habe eigentlich jede Stolperfalle mitgenommen und es ist eigentlich der Wahnsinn, dass ich das überhaupt noch mache, weil, wie gesagt, ich habe so viele Erfahrungswerte gemacht und es war nicht immer einfach in den Kursrahmen oder in der Elternarbeit oder sei es die Zahlungsmodalitäten oder Marketing. Das war schwierig. Da habe ich viel lernen müssen und weiß jetzt aber, wie es einfach viel sinnvoller und durchdachter ist und vor allem selber auch ein Stück weit effizienter ist.

[SPEAKER 2]Am Ende ist es ja ein richtiges Unternehmen, was man aufbaut. Also wie du sagst, von Buchhaltung bis zu, wie betreue ich eigentlich die Kinder und was machen die Eltern dabei parallel? Es ist eigentlich die gesamte Klaviatur am Ende, um die man sich kümmern muss.

[SPEAKER 1]Ja, genau. Der Zugang zu den Kindern, den hatte ich schon immer. Und das Verständnis für die Kinder, ich hab da einen guten Draht und wusste auch schon immer, wie Kinder ticken. Also es bringt natürlich auch meinen beruflichen Hintergrund mit. Aber was halt schon immer schwierig war, war die Elternarbeit. Und da braucht man auch ganz klare betriebliche Strukturen. Aber auch die Selbstsicherheit da und das Standing, da aufzudrehen, zu sagen, So geht’s. Aber das alles noch kundenfreundlich und mit einem Lächeln, ist ja klar.

[SPEAKER 2]Ist das auch in gewisser Weise eine Herausforderung für dich? Weil man sieht es ja immer wieder, auch jetzt auf normalen Turnieren, dass Eltern und Kinder, gerade wenn es rund ums Pferd ist, auch manchmal Reibungspunkte haben. Und es vielleicht auch nicht immer das Beste ist, wenn Eltern mit dabei sind. Wie managst du das? Also du hast es ja gerade schon erzählt, dass du es so ein bisschen jetzt mehr trennst als früher, aber die Eltern dabei zu haben, ist nicht immer einfach, oder?

[SPEAKER 1]Ja, die Eltern habe ich auch nur jetzt in Corona-Zeiten, in der Pony-Zeit dabei und bei den Kleineren, sodass ich dann halt ein Angebot auch habe, für die kleinen Kinder auch in die Pony-Schule zu kommen. Weil grundsätzlich ist die Pony-Schule ein Angebot nur für Kinder und nicht für Eltern. Also Eltern werden an der Pony-Haltestelle verabschiedet. Das ist so mein Prinzip, das kann ich auch jedem nur so empfehlen. Und dann wandere ich mit den Kindern tatsächlich dann auch in die Anlage oder auf den Hof mit rein, nehme sie mit und die Eltern fahren dann meistens in der Zeit und haben vielleicht auch andere Dinge zu tun. Und also diese Szenen, wenn es wirklich um Leistung geht, mit denen habe ich nicht viel zu tun, weil das ist auch das, was ich glaube ich, nicht gut vertreten könnte, weil ich finde, es ist einfach sowieso ein absoluter Erfolgsdruck und ein zu großer Leistungsdruck für die Kinder. Also ich wende mich da absolut von ab.

[SPEAKER 2]Also du wendest dich ab von der ambitionierteren Reiterei, die irgendwie leistungsorientiert ist.

[SPEAKER 1]Ja, jedenfalls in meiner Altersgruppe von drei bis neun Jahren, weil es da einfach um die Basisarbeit geht, im Umgang mit Pferden und natürlich auch die Bewegungserziehung und auch Sitzschule auf dem Pony, aber eben noch nicht um das aktive Freireiten und Turnierambitionen oder was auch immer. Darum geht es nicht. Aber trotzdem, auch bei meinem spielerischen Konzept möchte ich die Eltern nicht dabei haben, weil die vielleicht doch eine andere Erwartungshaltung haben, obwohl ich sie wirklich eingehend darüber aufgeklärt habe, wie das Konzept, was dieses Konzept eben eigentlich so beinhaltet und wie wir arbeiten. Aber manchmal ist man sich da wohl doch nicht so einig und hat da vielleicht eine größere Erwartungshaltung, dass das Kind dann doch schon frei galoppiert und doch vielleicht jetzt auch mit echten Steigbügeln und echten Zügeln reitet und ganz alleine. Ja, das kommt schon auch manchmal zur Sprache.

[SPEAKER 2]Nun, der Kern des Konzepts, du hast es gerade selber gesagt, Spiele, Lieder, Geschichten, um einfach die kleinen angehenden Reiter an das Pferd zu gewöhnen. Warum gehst du diesen Weg und was ist auch so das Besondere daran? Führ uns da einmal durch.

[SPEAKER 1]Ja, ich glaube, das Besondere ist einmal so das Gruppenerlebnis. Also das ist auch echt ein Rückzugsort für Kinder. Die Ponyzeit ist eine Kinderzeit, um da auch einfach mit den Ponys und mit anderen Kindern in der Natur eine gute Zeit zu verbringen. Ganz unabhängig von Leistungsdenken, Leistungsdruck. da Freude und Spaß zu haben. Und nebenbei hat man auch Erfolge. Ich finde nur, dass wirklich auch Kinder und Pferde Zeit brauchen, um sich da näher kennenzulernen und sich aufeinander einzustellen und dann einen gemeinsamen Weg zu finden. Das geht alles nicht so schnell, wie manche einer so denkt. Genau. Dann finde ich es ganz großartig, wenn Kinder mit und von Ponys lernen dürfen. Gerade im Umgang mit Pferden, das hat ja ein großes Lernfeld. Die Lernchance geht eigentlich verloren, wenn die Kinder nur auf dem Ponyrücken sitzen. Das größere Erlebnis ist eigentlich, und die pädagogische Lernchance dahinter, ist der Umgang mit dem Pony. Und da wachsen die Kinder an den Aufgaben und bauen da Zutrauen auf in die eigenen Fähigkeiten. Also wenn zum Beispiel ein Pony da mit dem Kopf in der Heukiste hängt. Natürlich gucke ich da nach dem Sicherheitsrahmen, dass da nichts passiert, aber ich lasse auch mal das Kind versuchen, dass das Kind auch mal das Pony aufhalftert. Ich lasse ihm die Chance, es selber zu versuchen. Und daran wächst man auch. Das ist ganz klar. Und die sozialen Kompetenzen möchte ich fördern. Deswegen auch das Gruppenkonzept. der Umgang miteinander einfach so wichtig ist. Die Kinder lernen da auch mit dem Pony im Umgang sehr einfühlsam und fürsorglich zu sein. Also sie sind da total ums Wohl vom Pony besorgt und kümmern sich. Und diese soziale Interaktion, die überträgt sich total schön auf diese kleinen sozialen Teams am Pony miteinander, also unter den Kindern. Die sind dann auch miteinander total achtsam und fürsorglich. Und das ist mir auch total wichtig.

[SPEAKER 2]soziale Teams innerhalb der Gruppe bilden sich dann zwei, drei raus, die verstehen sich besonders gut und die kümmern sich zum Beispiel um einen Pony gemeinsam dann.

[SPEAKER 1]Genau, genau. Die putzen und pflegen dann zu viert teilweise ein Pony und bereiten es auch zum Reiten vor. Da ist auch jede Hand hilfreich, weil einer kann vielleicht das eine besonders gut und die sind hilfsbereit und rücksichtsvoll miteinander. Das ist echt ganz schön, wie die dann wirklich auch im Team gut funktionieren. Das ist eben keine Einzelsportart bei mir sozusagen, sondern tatsächlich ein Gruppensport. Und das ist schön.

[SPEAKER 2]Okay, und dann waren wir bei der letzten Komponente jetzt, die du gerade ansprachst.

[SPEAKER 1]Ja, sag mir gerade nochmal, welche das war.

[SPEAKER 2]Die letzte Komponente, das waren die Geschichten drum zu. Ich glaube, da waren wir gerade stehen geblieben.

[SPEAKER 1]Die Geschichten, ja, das Pferd kommt immer ins Spiel. Also ich versuche jegliches Wissen spielerisch zu vermitteln. Also mithilfe eines kreativen Angebots, eines Liedes, eines Bewegungsspiels. eines Kooperationsspiels. Also es gibt so viele Wege, das in einem Lernkonzept verpackt, den Kindern zu vermitteln. Und das ist auch das, was den Kindern da so große Freude bereitet. Es hat aber eine absolute Struktur, eine Systematik bei mir, Also ich dokumentiere das auch in sogenannten Pflegepässen. Das sind jetzt keine oder auch Reiterpässen, die dann aufbauend darauf angelegt sind. Das sind jetzt keine Leistungsnachweise, aber für Kinder schon einfach auch so ein Motivationsverstärker. Und die dürfen sich da was abstempeln, wenn sie zum Beispiel jetzt auch schon öfter das Halftern oder den Pferdeknoten auch gelernt haben. Und ich gucke mir das auch noch mal an, ob sie es denn jetzt auch alleine schaffen. oder sich auch gegenseitig da helfen und unterstützen, dann bekommen sie da einen Stempel in ihren Pflegepass. Und irgendwann ist der Pflegepass dann vollgestempelt, sozusagen dann auch geschafft. Und dann dürfen sie den mit nach Hause nehmen, sind da super stolz drauf. Und das dokumentiert aber auch, was wir machen. Also da gehört ja auch zum Reitenlernen, gehört ja auch die Vorbereitung zum Reiten dazu. Das heißt auch, ein Pferd von A nach B zu führen. Ich mache total viel Führtraining mit den Kindern. vom Boden aus Selbstsicherheit gewinnen und Vertrauen zu bekommen und das mit auf den Pferderücken zu nehmen, ist halt total großartig. Entschuldige, bitte. Ja, so nach dem Motto, dass das Pony kann ja auch nur so mutig sein wie das Kind selbst. Also nur wenn das Kind wirklich da die Klarheit und das Selbstbewusstsein mitbringt, jetzt zu dem Punkt A zu gehen, dann kann das Pornhub auch noch folgen. Das ist ein Persönlichkeitstraining. Das schult die Kinder ganz toll in der Persönlichkeitsentwicklung.

[SPEAKER 2]Wie lange sind die Kinder dann bei dir? Wann wachsen die aus dieser ersten Phase, also die Heranführung ans Pferd heraus?

[SPEAKER 1]Oh, die sind lange bei mir. Also wir haben ganz wenig Fluktuation in den Gruppen. Wir haben das unter den Partnerbetrieben in den letzten Absolventenworkshop auch mal evaluiert und haben alle gesagt, dass die Abbrecherquote so was von gering ist, was ja eigentlich dann auch den ähm, ja, eigentlich für das Konzept spricht natürlich, ne? Es sind fast fünf Jahre, so lange bleiben die Kinder bei uns. Die kommen vielleicht mit drei zu uns, wenn sie vorher schon in Elternbegleitung mit zweieinhalb bei uns waren, ist das auch ein toller Einstieg, weil das sehr behutsam und angstfrei ist, erst mal mit Mama oder mit Papa zusammen und da Bezug zu bekommen und Vertrauen zu mir und zum Umfeld ist ja alles erst mal so ein bisschen chaotisch für kleine Kinder, ne? Und dann steigen die in die Minigruppen ein. Das ist dann ohne Eltern und bleiben meist in den Maxigruppen, bis sie acht, neun sind. Und ich hab jetzt so ein paar Kinder, die müsste ich schon lange aus dem Nest schubsen. Die sind elf, zwischen zehn und elf, ja. Aber die sind mir auch ans Herz gewachsen. Und da geht’s viel mehr als nur ums Reiten. Man hat sich so gut kennengelernt. Es gibt so eine Beziehung auch zu den Pferden. Das gibt dann total viel Rückhalt auch in ihrem Leben.

[SPEAKER 2]Und was ist dann der normale Weg? Gehen die dann in Reitunterricht beim Reitverein, dem örtlichen, oder hast du dann bekannte Ausbilder, wo es dann weitergeht? Wie ist das der typische Weg?

[SPEAKER 1]Ja, ich kann den Nachwuchs leider nicht weiter ausbilden, weil ich die Infrastruktur nicht habe und auch ja mit kleinen Ponys arbeite. Ich habe auch leider keinen Partner, wo ich die Kinder da guten Gewissens hinschicken kann. Ich habe mir vieles angeguckt, bin da aber kritisch. Ja, es ist ein bisschen schwierig. Also ich gebe das meist in die Verantwortung der Kinder, dass ich dann auch sage, schaut es euch genau an, wie der Umgangston da auch miteinander ist, auch wie man zwischenmenschlich da miteinander umgeht. Das sagt auch total viel aus, wie freundlich der Ton untereinander ist, wie man dann auch mit den Pferden umgeht und wie die Pferde denn auch gehalten werden, ob das artgerecht ist, ob man da irgendwie freundlich und einfühlsam ist oder halt eher so ein bisschen gröber, sag ich mal. Die haben dafür aber auch dann Bewusstsein bekommen. Also die sind wirklich nach meiner Ausbildung, nach der Team Pony-Schulen-Zeit, sind die da super fähig zu, das einzuschätzen. Also einmal, wie es dem Pferd da wirklich geht, aber auch wie es ihnen selber damit geht, wie sie selber behandelt werden wollen. Das finde ich genauso wichtig. Und die Reiterhöfe, die Team Pony-Konzept-Kinder übernehmen, die sind sehr glücklich, weil die Kinder von der Pike auf alles gelernt haben. Die können auch ein Pferd selbstständig versorgen und zum Reiten vorbereiten. Die wissen viel über Fütterung, über Anatomie, über Pferdesprache, über den sicherheitsbewussten Umgang. Und das ist natürlich toll.

[SPEAKER 2]Und dein Konzept, also das Team Pony-Konzept selber, ist ja inzwischen auch verbreitet über Hessen deutlich hinaus, kann man sagen, Schweiz, Lichtenstein beispielsweise. Hat sich das dann so ergeben, dass du gesagt hast, okay, ich gieße das in ein Konzept, dann ist es auch für andere anwendbar, weil das gibt es ja häufiger in der Pferdewelt, dann wird da ein Konzept draus gemacht. Wie war denn der Weg bei dir?

[SPEAKER 1]Ja, also das war schon immer mein Herzenswunsch, das zu verbreiten und das habe ich dann auch getan. Also ich habe so meine Unterrichtsmaterialien ziemlich akribisch dokumentiert und auch so lehrermäßig in der Spielekartei dann auch verfasst. Die wurde ja dann auch publiziert. Ja, hab da einfach viel Fleiß reingesteckt und wollte aber, möchte auch einfach diesen Zugang, das vielen, möglichst vielen Kindern ermöglichen. Und das geht halt nur über Multiplikatoren. von den Partnern der Team Pony Schulen und das ist echt ganz großartig aufgegangen. Also ich sehe das eher schon auch nachhaltig. Wer weiß, wie lange ich das noch mache. Also ich habe jetzt noch wahnsinnig viel Spaß dabei, das will ich nicht sagen. Ich leite die Kurse auch alle selber und finde das großartig. Aber trotzdem, es soll ja weitergehen und das Konzept soll weitergetragen werden, weil das ist wirklich ein gutes Konzept. Und von daher freut es mich, absolute kompetente Kollegen zu haben. Und letzte Woche habe ich die erste österreichische Team Pony Schule zertifiziert. Finde ich auch toll.

[SPEAKER 2]Also im gesamten deutschsprachigen Raum ist jetzt das Konzept quasi etabliert? Ja, auf dem Weg dahin.

[SPEAKER 1]Auf jeden Fall auf dem Weg dahin. Es gibt ja noch viele andere durchdachte, kindgerechte Einstiegs-Reitlehrkonzepte, genau. Aber ich glaube, Team Pony-Konzept ist da schon was Besonderes.

[SPEAKER 2]Wunderbar. Liebe Kolli, am Ende eines jeden WIOS-Podcasts kommen die vier klassischen WIOS-Fragen, die ich natürlich auch dir stellen möchte. Und Frage Nummer eins ist, hast du ein Motto, nach dem du lebst?

[SPEAKER 1]Nachdem ich lebe. Gras kann nicht schneller wachsen, wenn man daran zieht. Da versuche ich auch selber immer Geduld zu haben, weil ich bin ziemlich ruhelos und rastlos. Ich versuche immer wieder neue Dinge zu entwickeln, weil mir selber auch schnell langweilig wird. Und so ist es aber auch in der Erziehung der Kinder. Von daher Zeit lassen. Das ist wichtig.

[SPEAKER 2]Alles braucht seine Zeit.

[SPEAKER 1]Ja.

[SPEAKER 2]Dann Frage Nummer zwei. Gibt es einen Menschen, der dich vielleicht auch im Hinblick auf die Pferde besonders geprägt hat?

[SPEAKER 1]Ja, die Ellen Freudenstein, die hat das Marburger Konzept entwickelt. Und die hat eigentlich mich inspiriert. In jungen Jahren, mit 16, 17, habe ich da eine Fortbildung gemacht. Das war Bewegungswahrnehmung, Wahrnehmungsschulung auf Pferden und Bewegungserziehung. Das fand ich ganz großartig. Und dann habe ich eigentlich mein eigenes kleines, feines Konzept, auch die didaktisch entwickelt. Aber sie hat da einen Samen gesät. Ja.

[SPEAKER 2]Wunderbar. Dann Frage Nummer drei. Wenn du Reitern oder Pferdemenschen eine Sache im Umgang mit ihren Pferden auf den Weg geben könntest, was wäre es?

[SPEAKER 1]Auf jeden Fall Pferde anzuhimmeln. Ganz vorbehaltlos und anspruchslos zu lieben, wie das die Kinder eben machen. Das gucke ich mir jeden Tag an und das finde ich großartig. Die lieben sie einfach, weil sie da sind. Und weil es einfach so schöne, tolle, soziale Wesen sind. Und nicht deswegen, weil sie irgendwas können und leisten.

[SPEAKER 2]Wunderbar. Und dann zum Abschluss. Vervollständige bitte diesen Satz. Pferde sind für mich.

[SPEAKER 1]Ja, großartige Lehrer, Lebensgefährten. Nicht wegzudenken aus meinem Leben. Da könnte man bestimmt noch viel schlauere Dinge sagen, aber es ist so ein großes, komplexes Thema, dass ich jetzt da gar nicht draufkomme.

[SPEAKER 2]Aber ich glaube, das fasst es ja am Ende gut zusammen. Und gerade wenn man auch so ein Konzept hat wie du, ist es am Ende ja auch der Lebensinhalt.

[SPEAKER 1]Ja, absolut. Und ich habe das große Glück, das zu leben, wirklich. Also nicht nur für meinen Ponyhof zu leben, sondern auch davon. Also ich kann meine Existenz damit auch sichern und kann da selbstständig sein und kann da wirklich das auch zu meinem Lebensinhalt machen und zu meinem Beruf. ganz großartig. Die meisten haben ja immer noch ein Doppelleben, ein zweites Leben, wo sie Geld mitverdienen. Vielleicht als Steuerfachfrau und dann vielleicht in der Freizeit nur mit Pferden zu tun haben. Ich habe das Riesenprivileg, dass ich das verbinden darf.

[SPEAKER 2]Und ich glaube auch gerade in dieser Corona-Zeit ist das fast ein Aufruf, die örtlichen Reitschulen und Ponyhöfe zu unterstützen. Denn ich glaube, ganz, ganz viele in Deutschland und darüber hinaus leiden natürlich enorm unter der Corona-Krise, unter den Hygiene-Beschränkungen, die ja extrem wichtig sind, auch dass keine zweite Welle kommt. Aber es ist natürlich auch ein großer Druck für viele. Nimmst du das wahr, auch aus deinem Umfeld?

[SPEAKER 1]Ja, ja, da gibt es auf jeden Fall eine große Angst. Also gerade wenn die zweite Welle kommen sollte und die Schere wird auch immer größer von den Ponyhöfen, die das echt richtig schön machen, die aber eher finanzschwach sind und alles für ihre Pferde geben und da vielleicht auch nicht finanziell vielleicht nicht ganz so gut aufgestellt sind. Also für die ist es kaum zu verschmerzen, ein, zwei Monate keine Einnahmen zu haben. Und dann gibt es halt wieder andere Höfe, die können es tragen. Aber ich mache mir da eher Gedanken um die Höfe, die finanziell nicht so gut aufgestellt sind.

[SPEAKER 2]Also halten jetzt alle zu den lokalen Ponyreitschulen und Reitschulen natürlich generell. Ich glaube, das ist etwas, was die Krise überleben muss und in der Zukunft noch ausgebaut werden sollte. Vielen Dank an dich, liebe Kolli. Viele Grüße ins Hessische und bis bald.

[SPEAKER 1]Danke. Ja, danke dir, dass ich dabei sein durfte. Danke.

[SPEAKER 2]Tschüss. Falls dir dieser Podcast gefallen hat und vielleicht unser ganzer Kanal dir auch zuspricht, dann gib uns gerne eine Bewertung. Fünf Sterne helfen uns, helfen vielen anderen mehr davon zu erfahren, dass es den wehorse-Podcast gibt. Also, Dankeschön an dich für fünf Sterne.

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