Du möchtest gern voller Vertrauen und sicher Springreiten lernen oder nach einer Pause wieder einsteigen aber weißt nicht so richtig wie du vorgehen sollst? Dann haben wir Tipps für dich, die dein Springreiten deutlich verbessern können!
Basics für den Einstieg ins Springreiten lernen
Wir neigen häufig dazu, Grundlagen in unserer Zusammenarbeit mit unseren Pferden für selbstverständlich zu halten und sie irgendwann nicht mehr infrage zu stellen oder zu überprüfen. Wir wollen dir zeigen, wie du dich nachhaltig auf das Springen vorbereiten kannst und wie ein sanfter Einstieg mit positiven Erlebnissen gelingt.
Wisse, was du hast: In welcher Ausgangslage befindest du dich und was bedeutet das für deinen Start im Springreiten?
Spürst du Angst, wenn du an das Springen denkst, möchtest es aber sehr gerne mal probieren? Dann gehe es langsam an und beginne mit Linien auf dem Boden, die du mit Stangen ersetzt, wenn du soweit bist. Versuche nichts aus Druck oder wenn du noch nicht bereit bist!
Hast du ein erfahrenes Springpferd, das dein Lehrer sein kann oder lernt dein Pferd das Springen mit dir zusammen? Dann kann ein erfahrener Trainingspartner eine große Unterstützung sein!
Gib dir und deinem Pferd genug Zeit, um Vertrauen und Sicherheit aufzubauen. Welche Lösungswege und Übungen unsere Trainer Wolfgang Marlie und Eva Deimel dafür empfehlen, kannst du weiter unten in diesem Blogbeitrag nachlesen.
Wenn du dich mit Stangen schon sicher fühlst, sind Cavaletti eine hervorragende Möglichkeit, dich an das Springen heranzutasten.
Wisse, was du brauchst: Erfüllst du die Voraussetzungen?
Hast du die richtige Ausrüstung für dich und dein Pferd? Hast du eine gute reiterliche Basis? Fühlst du dich auf deinem Pferd sicher und hast es gut unter Kontrolle? Ohne dressurmäßige Grundlagen kein Springen! Beim Springen ist es genauso wichtig wie im Dressurviereck, das Pferd richtig zu lösen, es gut an den Hilfen zu haben und ein korrektes Zusammenspiel zwischen dem inneren und äußeren Zügel hinzubekommen.
Wisse, wohin du willst: Bleib dran und entwickle Regelmäßigkeit und Routine!
Weißt du, was Distanzen sind und wie du sie richtig einschätzen lernst? Distanzen stellen einen elementaren Teil im Springen dar. Das Ziel: Genau zu wissen, wie viele Galoppsprünge dein Pferd bis zum Hindernis braucht. Das Aufnehmen und extreme Erweitern des Galoppsprungs ist wichtig für spätere komplexe Aufgaben, die im Parcours auf dich zukommen.
Bist du dir unsicher, welche Abstände für dein Pferd die richtigen sind? Dann kannst du in diesem Blogartikel alle wichtigen Distanzen und Kombinationen mit den dazugehörigen Abständen und Informationen über Faktoren, die den Galoppsprung beeinflussen, nochmal nachlesen.
Springreiten lernen: Schnee gegen Stangenangst
Ausbilder Wolfgang Marlie hat nochmal eine ganz andere Herangehensweise ans Springreiten. Er steuert wertvolle Mentaltipps hinzu und erzählt, wie er mit der großen Angst einer Schülerin vor dem Springreiten umging. Ermutigung ist für ihn besonders wichtig. Genauso wie das Beachten von persönlichen Grenzen, so dass seine Schüler mit vollem Vertrauen und Herzen reiten und mit dem Pferd umgehen. Wolfgang Marlie griff bei einer Reitschülerin zu ungewöhnlichen Mitteln, um sie ans Springreiten heranzuführen:
„Für eine sehr ängstliche Reiterin mit einem sehr unsicheren Pferd, das viel stolperte, habe ich mal einen Eimer Schnee in die Halle geholt und damit Linien gelegt, über die sie erst im Schritt und dann im Trab geritten ist. Später ersetzte ich den Schnee durch weiche Geitner-Gassen und dann erst durch Stangen. Ich lasse meine Schüler in einem geschützten Rahmen ihre Selbstwirksamkeit erleben. Sie sollen bewusst feststellen, was sie können und daraus Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen ziehen.
Die Schülerin habe ich immer wieder ermuntert, bei der kleinsten Befürchtung abzusteigen und vom Boden aus weiterzuarbeiten. Gerade beim Springreiten kann man das Pferd hervorragend auch ohne Reiter auf den Weg bringen. Manchmal ist die Reiterin nach einer Weile Bodenarbeit wieder aufgestiegen, manchmal auch nicht. Ich rate heute jedem davon ab, gegen sein Bauchgefühl zu arbeiten, sich zum Springreiten zu überwinden oder so etwas.
Nach meiner Erfahrung kann unterdrückte Angst einen Reiter so sehr lähmen, dass er genau die Fehler macht, die er unbedingt vermeiden möchte: Das Pferd ganz kurz vor dem Sprung nur halbherzig zu ermutigen oder es doch noch zurückzuhalten beispielsweise. Ich glaube, dass so die schlimmsten Unfälle passieren.“
Springreiten lernen: Wenn der Körper vor Angst verspannt
Springtrainerin Eva Deimel kennt sich damit aus, Reiter von Beginn an bis zur schweren Klasse zu schulen. Diese Schüler sind keineswegs alle Naturtalente. Angst und Respekt vor dem Springreiten ist auch in ihrem Alltag mit Schülern häufig ein Thema! Die Trainerin weiß, wie sie kleinschrittig vorgeht, damit die Reiter gute Erfahrungen sammeln. Denn diese guten Erlebnisse führen zur Sicherheit und stärken das Vertrauen zwischen Reiter und Pferd im Parcours. Eva Deimel erinnert sich an eine Reitschülerin, deren Angst vor dem Sprung sich besonders stark im Reitersitz zeigte:
„Eine Schülerin hatte unglaubliche Angst. Als sie zu mir kam, war sie 13 Jahre alt. Sie hat sehr verkrampft gesessen und je näher der Sprung kam, desto mehr hat sie ihr Pferd zurückgehalten. Das Pferd war eine ganz tolle Stute, die zuvor auch schon L-Springen gegangen ist und zudem schön Dressur ging. Innerhalb von zwei Jahren haben wir es geschafft, dass das Mädchen immer mehr die Angst abbauen konnte. Sie wollte das Springreiten lernen und war immer sehr bemüht. Ich glaube, sie wollte in ihrer Altersklasse nicht außen vor stehen und in der Mannschaft beim Springreiten dabei sein, das war denke ich die Motivation, trotz aller Angst dran zu bleiben. Der Ursprung der Angst lag in einem schweren Sturz. So etwas ist traumatisch, das dauert. Wir haben ganz viele kleine Sprünge gemacht und das langsam aufgebaut. Ich habe immer versucht, sie mit einem Gefühl aus der Stunde zu schicken, dass sie sich mehr zutraut und das auch schafft. Wenn sie zum Beispiel nach dem zehnten Sprung aufhören wollte, habe ich ihr gesagt: ‚Den elften Sprung schaffst du auch noch!’ Das war dann auch so und die Reiterin konnte abspeichern, dass sie Fortschritte macht. Wir haben auf Turnieren ganz klein mit Springreiterwettbewerben angefangen. Es hat über zwei Jahre gedauert, bis sie ihr Ziel, eine A**-Prüfung zu reiten, erreichen konnte.“
Ideen für dein Springtraining
Auch wenn jeder Reiter anders tickt, es gibt ein paar Regeln beim Springen, die bei ängstlichen Reitern gut helfen. Das Springreiten zu lernen fängt tatsächlich vor dem ersten Sprung an.
Vor dem tatsächlichen Springenreiten, musst du drei Dinge beachten:
- Ganz klein beginnen.
Das meint: Nicht direkt mit Hindernissen starten! Darin sind sich unsere Fachleute einig. Das kann so kleinschrittig sein, wie es Wolfgang Marlie oben schildert. Oder auch direkt mit einzelnen Stangen, je nachdem, wie der Reiter tickt. Eva Deimel verwendet gern Stangen, die nicht wegrollen können, also auf Hölzern mit Mulden liegen oder an Cavaletti befestigt sind. Werden Cavaletti genutzt, dann auf jeden Fall zunächst die niedrigste Höhe verwenden! - Stangen korrekt anreiten
Eva Deimel lässt ängstliche Reiter zunächst über einzelne Stangen reiten. Dann legt sie die Stangen mit großen Abständen hintereinander hin: „Der Reiter soll nun aus einem bestimmten Rhythmus gleichmäßig über beide Stangen reiten.“ - Den Rhythmus finden
Sie übt dies zunächst im Trab. Klappt das, wird es auch im Galopp geübt. Wichtig ist der Rhythmus beim Springreiten. Hierfür ein Gefühl zu entwickeln und damit Sicherheit zu erlangen, darum geht es.
Zwei Galoppsprünge Abstand
Erst wenn diese Dinge sicher sind, kommt ein Sprung hinzu – „zum Beispiel ein kleines Kreuz mit einer Trabstange davor, so dass der Reiter erst mal im Trab darüber springen kann“, sagt Eva Deimel.
Dann folgt ein Kreuz mit Stange davor im Galopp. Wichtig: Die Bodenstange soll beim Springreiten lernen erstmal mindestens zwei Galoppsprünge vor dem Hindernis liegen. „Dann weiß der Reiter, dass er passend zum Sprung kommt und kann mit Vertrauen das Hindernis überwinden“, erklärt die Springausbilderin.
Erst wenn das gut funktioniert und der Rhythmus gehalten wird, geht’s weiter. Zum Beispiel mit mehreren Cavaletti, diesmal in einer Höhe, die für einen kleinen Sprung ausreicht. Diese werden so aufgebaut, dass sie mehrere Sprünge mit passenden Abständen ergeben.
So bekommst du ein Gefühl für den Sprung
Diese Cavaletti kombiniert Eva Deimel gern mit vielen Handwechseln: „So dass der Reiter langsam aber sicher den Richtungswechsel mit bestimmt.“ Der nächste Schritt auf dem Weg zum Springreiten wäre ein kleiner Steilsprung oder auch ein Oxer in einer Kombination. Hier bitte ebenso vorsichtig einsteigen: Unterbauten, die Angst biem Springen einflössen könnten, vermeidet die Trainerin. Wieder zählt der Rhythmus vor allem anderen:
„Ich möchte dem Reiter eine Idee vom Rhythmus mitgeben. Der Reiter soll sicher werden und das pferd soll Sicher bleiben!“
Eva Deimel erklärt weiter: „Das gilt auch, wenn es nur kleine Sprünge sind. Wenn ein Reiter den Rhythmus ins Vorwärts oder Rückwärts verlässt, dann findet das Pferd keine gute Situation am Sprung vor, die es lösen kann.“
Was beim Springreiten prägend ist und damit Sicherheit gibt: „Kleine Reihen springen!“, rät die Ausbilderin. „Zum Beispiel fünf Kreuze auf passenden Abstand hintereinander stellen.“ So kann der Reiter sich auf seinen Sitz und das Nachfühlen konzentrieren.
Springreiten lernen braucht Zeit
Das Gefühl für den Rhythmus und das Springreiten stellt sich nicht bei jedem gleich schnell ein. Es gibt tatsächlich auch Reiter, da kommt es nie, sagt die Springtrainerin.
Grundsätzlich gilt aber: Viel ist erlernbar aber es braucht Regelmäßigkeit und Routine. Je älter der Einsteiger ist, desto mehr Zeit ist meist notwendig. Auch bei jungen Menschen gilt beim Springreiten lernen: „Das kann man nicht in zwei Monaten erlernen“, sagt die erfahrene Trainerin. Bei einer Gruppe jugendlicher Springeinsteiger, die sie seit drei Jahren jede Woche ein Mal trainiert, bemerkte sie zum Beispiel im zweiten Jahr der Ausbildung deutliche Fortschritte. Inzwischen sind diese alle auf gutem A-Niveau unterwegs.
Also: Geduld, Routine und lange Zeit schön klein unterwegs sein hilft!
Springreiten lernen: Was kannst du tun, wenn dein Pferd verweigert?
Was genau kann ich als Reiterin tun, damit mein Pferd nicht vor dem Sprung parkt? Diese Frage stellte eine Zuschauerin. Gute Frage, dachten wir. So haben wir Ingrid Klimke beim Dreh genau danach gefragt.
Zum Merken, die wichtigsten Infos:
- Es geht darum, das völlige Vertrauen zu erreichen
- Führung übernehmen & schnelle Reaktion: will das Pferd links vorbei, schnell den rechten Bügel austreten und nach rechts wenden
- Konsequent mit Zügeln und Schenkeln über die Mitte, bei Cavalettihöhe zur Not auch aus dem Stand (aber mittig!)
- Geklappt? Loben, als ob es den Großen Preis von Aachen gewonnen hätte! Das Pferd muss wissen: „Aha, wenn ich das mache, ist alles gut.“
- Stehenbleiben bahnt sich an, daher achtsam sein! In dem Moment wo das Pferd langsamer wird, antreiben.
- Reiter muss Sekunden früher vorausschauend reiten, fühlen, reagieren
Und jetzt: Einfach loslegen! Erfreue dich an jedem kleinen Fortschritt und lasse dir und deinem Pferd genau die Zeit, die ihr braucht. Viel Spaß!