Selbst züchten, Absetzer kaufen, rohes Pferd kaufen – bestimmt hast du dich auch schon mal in der Pferdezucht gesehen – oder zumindest davon geträumt. Fragt sich: wie machen das eigentlich die Profis? Sich ihre Youngsters aussuchen? Wir haben für dich Leute gefragt, die wirklich Ahnung haben. Also: Hier sind sie, die Tipps zum Thema Pferdezucht von Profis aus den Disziplinen Dressur, Springen, Vielseitigkeit und des Islandpferdesports.
Wie erkennt man ein gutes Pferd?
Ob vor dem Pferdekauf oder bei der Anpaarung von Hengst und Stute in der Pferdezucht – es geht immer darum, ein individuelles Pferd zu beurteilen. Wir haben für dich Tipps von Hans Joachim Köhler, einem der großen Hippologen, Buchautor und Begründer der hannoverschen Reitpferde-Auktionen. Wichtig ist, dass du dir vor der Beurteilung deine Ziele überlegst und ein Pferd entsprechend dieser beurteilst. Grundsätzlich kann das Interieur und das Exterieur des Pferdes beurteilt werden. Das Interieur eines Pferdes bezeichnet sein Wesen, also das, was man auf den ersten Blick von außen nicht direkt sehen kann. Experten sehen es am Auge des Pferdes, an seinem Ohrenspiel und an seinem Gesichtsausdruck. Achte doch einmal darauf, wie dich das Pferd anschaut. Beim Exterieur liegt der Fokus auf dem Körperbau und den Bewegungen des Pferdes. Weißt du, woran du erkennst, dass ein Pferd Mängel in den Grundgangarten hat? Erkennst du ein sich großartig bewegendes Pferd, wenn es vor dir läuft?
Das Äußere eines Pferdes siehst du bei der ersten Begegnung mit einem Pferd. Hans Joachim Köhler zeigt und erläutert dir alle wichtigen Exterieur- und Bewegungsmerkmale. Erfahre, wie du beispielsweise anhand von Rückenlinie und Schulter die Qualität der Sattellage beurteilen kannst. So weißt du mit etwas Übung genau, worauf du beim ersten Blick achten solltest. Du lernst Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden oder mit Köhlers Worten gesagt: „Die Wesentlichkeiten der Pferdebeurteilung zu erkennen und ungerechtfertigte Mängelsuche oder Fehlerguckerei zu den Akten zu legen“. Auch wenn der Film bereits über 25 Jahre alt ist, gelten Köhlers Grundsätze der Pferdebeurteilung und der Pferdezucht heute noch genauso wie damals.
Die Bedeutung guter Grundgangarten in der Pferdezucht
Der britische Dressurstar Carl Hester achtet in der Pferdezucht vor allem auf ein gutes Hinterbein: „Wer ein Dressurpferd kauft, der sucht sich vor allem ein gutes Paar Hinterbeine aus“, sagte der Profi dem britischen Magazin Horse&Rider. Viel weniger sollte man auf den Trab achten, der doch immer so im Blickfeld steht: „Man kann sich Schritt und Galopp als Grundveranlagung kaufen. Den Trab allein kann man durch das Training entwickeln.“ Der Brite, der die beiden Spitzenpferde Valegro und Uthopia zu dem machte, was sie sind, kauft gern zweieinhalbjährige Pferde. Zu dem Zeitpunkt sei gute Qualität noch wirklich erschwinglich, und eine Sicherheit, dass die Pferde mal Grand Prix gehen, die hätte man auch nicht wenn man vierjährig kauft.
Toni Hassmann achtet auch bei seinen Springpferden in der Pferdezucht auf „drei gute Grundgangarten, das ist schon mal die halbe Miete, dass die auch gut springen können!“ Es ist ihm wichtig, im Sattel zu fühlen, wie sich das Pferd springt: „Man fühlt das Vermögen oft besser im Sattel, als das man es von unten sehen kann.“
Der Klick beim zweiten Blick
Manchmal brauchen auch Profis eine zweite Chance, um das wahre Potenzial zu sehen. Toni Hassmanns Cotopaxi ist das Pferd in seinem Stall, dem er die größte Karriere prophezeit. Doch als er ihn zum ersten Mal ritt, als eines von drei Verkaufspferden, da wählte er ihn nicht aus, sondern kaufte ein anderes Pferd. Die spätere Käuferin von Cotopaxi stellte ihn dann zu Toni Hassmann. Doch was in Cotopaxi drin steckt, das merkte der erst auf dem ersten Turnier: „Er fühlte sich dort an, als ob er einen Schalter umgelegt habe. Viel pfiffiger und ganz anders vom Springablauf her!“
Die Erfahrung, dass sich ein Pferd auf dem Turnier ganz anders präsentiert als zuhause, kennt auch der Bundestrainer der Junioren und Jungen Reiter im Springen, Lars Meyer zu Bexten: „Bei den wirklich ganz guten Pferden merkt man, dass die noch mal zehn, zwanzig Prozent mehr geben auf dem Turnier.“ Oft zeige sich tatsächliches Talent im Alter von acht, neun Jahren, wenn die Pferde an Drei-Sterne-Prüfungen herangeführt würden und sich die tatsächliche Einstellung des Pferdes zeigen würde. Das sieht Vielseitigkeitsreiter Andreas Ostholt ähnlich: „Ob ein Pferd das Allerletzte kann und will, bemerkt man dann doch immer erst, wenn es dort angekommen ist.“
Lars Meyer zu Bexten kauft gern Pferde, die schon gut vier Jahre alt sind. „Früher habe ich ganz junge Pferde nur nach Freispring-Leistung gekauft, das mache ich nicht mehr“, sagt er. „Da kauft man dann ein stückweit Hoffnung mit.“ Mindestens ein paar kleine Sprünge sollten unter dem Reiter zu sehen sein. Denn leider lehrt die Erfahrung, dass gutes Freispringen keine Garantie für gutes Springen unter dem Reiter ist. Auf Rittigkeit legt er Wert – denn wenn die Qualität doch nicht für ganz oben reicht, soll der Nachwuchs wenigstens ein gutes Reitpferd im Amateurbereich werden.
Ein Beispiel dafür, dass es richtig sein kann, an ein Pferd zu glauben erzählt Andreas Ostholt: „Lady Lemon FRH war mein erstes Erfolgspferd: Sie sollte damals als sportuntauglich zurück zum Züchter. Ich habe sie diverse Male unter verschiedenen Reitern gesehen. Aalig, wackelig, aber sie hatte was. Sie hat mich einfach angezogen. Nicht wirklich zu beschreiben, es war einfach so ein Gefühl. Sie hat einfach Alles für mich gegeben und wir sind miteinander gewachsen.“
Pferdezucht in der Vielseitigkeit
Wichtiger als bei anderen Sportpferden ist in der Pferdezucht beim Vielseitigkeitspferd der gute Schuss an Vollblut im Papier. Und diesen Einschlag will Vielseitigkeitsprofi Andreas Ostholt im Papier sehen, aber auch schon in der Optik: „Am liebsten ist mir beidseitiger Bluteinschlag, ideal finde ich 50 Prozent. Typ ist wichtig für den Amateur und Jugendbereich. Im Seniorenbereich zählt dann beides. Die Pferde können noch so blütig aussehen, doch wenn im Papier der tatsächliche Spritzer Blut fehlt, ist dann nach zehn oder elf Minuten ist doch auf einmal, trotz intensivem Training, der Tank leer.“ Ansonsten achtet er noch auf ein klares Auge und die Bereitschaft zur Arbeit: „Schwierig finde ich nicht schlimm, und ich nehme auch gern eine Stute. Ein Pferd mit Köpfchen an deiner Seite, die geht mit dir durch’s Feuer.“
Selbstverständlich sind natürlich noch korrekte Beinstellung, Bewegung und Sprungvermögen in der Pferdezucht wichtig. Den Mut, unerlässlich für ein Vielseitigkeitspferd, testet er beim Ausprobieren durch genaues Beobachten, wenn das Pferd neue Situationen kennen lernt, zum Beispiel im fremden Gelände, beim Freilaufenlassen oder bei unbekannten Sprüngen.
Und der Charakter?
Alle Profis der Pferdezucht betonen, wie wichtig ihnen die richtige Einstellung des jungen Pferdes ist. Carl Hester sagte dem britischen Magazin Horse&Rider, dass er vor allem nach der richtigen Mischung des Temperaments Ausschau hält: „Ich will einen Schuss Blut, ein bisschen Wachheit und Eifer, ohne dass sie verrückt sind.“
Noch eine Warnung vom Vielseitigkeitsprofi: Amateure und jüngere Reiter brauchen einfache und verlässliche Pferde, „Doch viel zu oft wird nach dem drei-Sterne Pferd gesucht, welches aber erst mal nur L gehen soll“, sagt Andreas Ostholt. „Drei-Sterne-Pferde wollen meist viel mehr vom Reiter gefordert werden, als es diesen Reitern möglich ist! Daher erst mal im gut ausgestatteten, einfach zu bedienenden Golf fahren und dann auf ein anderes Modell umsteigen. Wenn ich nur 120 fahren kann und will, sollte ich mir keinen Ferrari kaufen, auch wenn ich es mir leisten kann…“
Worauf kommt es bei der Zucht von Islandpferden an?
Islandpferdetrainerin Rosl Rößner empfiehlt, bei dem Kauf von jungen Islandpferden auf drei Punkte besonders Wert zu legen: eine gute Halsoberlinie, viel natürlichen Tölt und darauf, dass das Pferd im Freilauf nicht zum Kreuzgalopp neigt. „Die gute Halsoberlinie sichert mir schon ein gutes Stück, dass das Pferd später eher nicht dazu neigt, den Unterhals zu nutzen und den Rücken wegzudrücken“, sagt die Ausbilderin. „Im Freilauf sollte das Pferd möglichst wenig Kreuzgalopp zeigen, denn das ist bei Gangpferden oft ein Zeichen dafür, dass man Probleme im Trab bekommt, weil die Koordination von Vor- und Hinterhand unstimmig ist.“ Die Gangveranlagung will sie auch bei den jungen Pferden im Freilauf sehen, „wenigstens ein paar Tritte Tölt in den Übergängen“. Vor allem für den Freizeitreiter sei das wichtig: „So ist der auf der sicheren Seite und die Ausbildung dauert nicht ewig, bis das Pferd eingetöltet ist!“
Pferdezucht mit Farbe
Farbzucht im Warmblutbereich ist nicht ganz unumstritten, oft wird da Farbe vor Qualität gehandelt und die Abstammungen sind hinten heraus lückenhaft oder von diversen Fremdrassen geprägt. Bei Dressurreiterin und Warmblutzüchterin Marion Creyaufmüller ist das anders. Ihre Palominostute namens Alizée hat die Farbe von ihrem Vater, einem Vollblüter namens The Alchimist xx. Der Mutterstamm ist von Dressurblut geprägt, ihr Pedigree geht weiter mit Damon Hill x Argwohn I. Pferdezucht also: Eindeutig warmbluttypisch gezogen, nur eben in besonderer Farbe.
Wichtige Regeln für eine erfolgreiche Pferdezucht
Die Züchterin Marion Creyaufmüller erzählt, was ihr bei der Pferdezucht wichtig ist.
1. An die Amateure denken
„Klar möchte jeder Züchter sein Pferd am liebsten später in der Klasse S oder höher sehen“, sagt Marion Creyaufmüller. „Aber die Wahrscheinlichkeit, dass ich mein Fohlen an einen Amateur im A, L oder M Bereich verkaufe, ist viel höher. Ich möchte nicht an diesen Menschen vorbeizüchten. Meine Pferde sollen eine hohe Qualität haben, aber von Amateuren zu bedienen sein.“ Also: auch mal einen Sprung machen können, ins Gelände gehen, und nicht so elektrisch sein, dass es größte Mühe macht, sie zu bedienen. Sie setzt in ihrer Pferdezucht Hengste ein, die sich im Sport bewährt haben und klar im Kopf sind. Rock Forever und Florenciano zum Beispiel. Nur ganz selten nimmt sie einen Junghengst, und wenn, dann muss dieser einen überragenden Mutterstamm haben.
2. Jenseits der Verkaufsanzeigen suchen
Ihre private Zuchtgeschichte ist der typische Einstieg eines Reiters in das Pferdezucht-Metier: Ihr Pferd hatte eine Verletzung. Eine gute Stute, sporterfolgreich und ansonsten gesund. Drei Fohlen zog sie aus ihr, dann konnte sie das hervorragende Pferd einer Freundin als weitere Zuchtstute erwerben. „Ich hatte, wie so viele, immer schon den Traum, eines Tages zu züchten“, erklärt sie. Anfangs ergab es sich einfach. Dann entdeckte sie ihre Vorliebe für aufgehellte Farben und suchte gezielt nach einer solchen Stute. „Mein Ziel war es, eine Stute ohne Fremdblut zu finden.“ Das ist nämlich gar nicht so einfach. „Ich hatte die Idee, über das Vollblut die Farbe in die Warmblutzucht zu bekommen.“ In dieser Zeit wurde der Hengst The Alchimist xx als Jungpferd vom Gestüt Falkenhorst erworben, ein Cremello aus den USA. Sie beobachtete dessen Aufzucht aus der Ferne, wartete, bis er leistungsgeprüft war. Der Hengst deckte nur eine handvoll Stuten, bis er an einer Kolik verstarb. Aus seinem ersten und einzigen Jahrgang stöberte sie ein Stutfohlen des Hengstes auf, die Mutter war eine „wirklich ordentliche Stute von Damon Hill“, und es gelang ihr, dieses Fohlen zu erwerben. Alizée.
3. Kilometer sind völlig egal
Für dieses Fohlen von The Alchimist xx fuhr sie hunderte Kilometer durch Deutschland. Ein Klacks gegen den nächsten Kauf: Sie durchstöberte das europäische Ausland nach aufgehellten Pferden, und fand in Schweden einen aufgehellten im Grand-Prix-Sport erfolgreichen Hengst. Sie verfolgte dessen Linien weiter, und schälte so heraus, dass es in der schwedischen Warmblutzucht durchaus aufgehellte Pferde ohne Fremdblutanteile gibt. Bis ins 18. Jahrhundert hinein erforschte Marion Creyaufmüller die Abstammungen, um herauszufinden, woher die Aufhellung dieser schwedischen Warmblüter stammt, nämlich entweder durch Trakehner Einflüsse, oder durch Vollbluteinflüsse (beides gilt in der Warmblutzucht als Veredlerblut, und zählt daher nicht als Fremdblut). Bei ihren Recherchen entdeckte sie eine Züchterin, die eine aufgehellte Stute einsetzte, die zuvor bis M-Dressur erfolgreich war. Einer einzigen Tochter gab sie ihre Fellfarbe mit – Rivière d’Or, genannt Rindi, Tochter des Rock-Forever-Sohns Rausing. „Nur wollte die Züchterin gerade dieses Stutfohlen nicht abgeben. Aber nicht etwa wegen der Farbe – die war für sie zufällig so und gar nicht so wichtig. Sie mochte sie sehr, weil sie ihrer Mutter so ähnlich war.“ Die beiden blieben im Kontakt, und als im nächsten Jahr ein weiteres gutes Fohlen der Stute geboren war, durfte Rindi als Jährling die weite Reise von Schweden nach Deutschland antreten. Diese Stute, heute vierjährig, führt nun ihr erstes Fohlen. Anhand des braunen Stutfohlens – das höfliche Fohlen mit der auffälligen Taktsicherheit – und ihrer braunisabellen Spielgefährtin ist im Kleinen gut sichtbar, wie die Regeln der Genetik beim Farbzüchter zuschlagen. Zwei aufgehellte Mutterstuten, angepaart mit zwei nicht aufgehellten Hengsten: die Chancen stehen 50:50, dass das Fohlen die Farbe der Mutter erwirbt. Durch Zufall ist dieser Jahrgang genau so gesplittet.
4. Das perfekte Umfeld
„Ich hatte immer den Traum von einem eigenen Hof. Realisiert habe ich es nie, und heute bin ich darüber gar nicht so unglücklich“ erzählt die Züchterin. Ihre Stuten sind auf dem Ferstlhof eingestallt. „Das ist ideal, das Gestüt wird von einem auf Pferde spezialisiertem Tierarzt und einer Pferdewirtschaftsmeisterin geleitet, ich kann sicher sein, dass die Pferde bestens betreut sind.“ Nachtwachen und 15 Fußkilometer pro Tag, bloß, um alle Pferde zu versorgen, bleiben der einstallenden Züchterin so erspart. Ute Donandt heißt die Pferdewirtschaftsmeisterin, die den Hof mit ihrem Mann betreibt. Ihr Konzept war es, „einen Ort für die Pferde zu schaffen, nicht für die Menschen, und den Pferden jeden Wunsch von den Augen abzulesen“. So haben die Abfohlboxen Paddocks davor, und zur Stallgasse hin gibt es nicht einfach eine Holzwand, sondern die Gitter reichen bis zum Boden. „Damit die Fohlen von Anfang an da durch schauen können und sich nicht nach oben recken müssen, damit sie etwas sehen können.“ Es gibt Heu rund um die Uhr, alle Boxen sind videoüberwacht, und jedes Pferd kommt täglich heraus, „auch bei Regen und Matschwetter, nur nicht, wenn es mal Glatteis gibt“. Vom Abfohlstall in den ersten Tagen geht es für Mutter und Kind in die Herde auf riesige Flächen. „Wir beobachten die Gruppen ganz genau, und schauen, in welcher Konstellation sie am ruhigsten sind und was sie lieben. Sich den Rücken vom Regen massieren zu lassen, das lieben die meisten Pferde zum Beispiel viel mehr, als hereingeholt zu werden oder eine Decke zu tragen!“
5. Den Ritterschlag erkennen
Letztens begutachtete ein wichtiger Würdenträger des Verbandes das Stutfohlen von Alizée. Er kommentierte, sinngemäß: „Ein ganz gelungenes Fohlen, die Optik, der Typ, die Bewegung! Nun gut, die Farbe ist gewöhnungsbedürftig, aber ansonsten ist sie gelungen!“ Ein Ritterschlag – den ein Farbzüchter erst mal als solchen erkennen muss. Dass die Farbe durchweg noch nicht richtig akzeptiert wird, das „wird sich erst ändern, wenn Pferde dieser Farbe im Sport auftauchen und sich bewähren“, sagt die Züchterin. „Ich habe mich über diesen Kommentar gefreut“, sagt Marion Creyaufmüller. „Wichtig ist, dass die Qualität stimmt. Ansonsten finde ich: Was für ihn gewöhnungsbedürftig ist, ist für mich eben das Sahnehäubchen!“
Pferdezucht bei Uta Gräf: Engagement für’s Vollblut
„Wenn ich auf Lenny sitze, bin ich immer froh!“, erzählt Dressurausbilderin Uta Gräf. „Auch wenn der mal nicht perfekt geht – er ist ein Charaktertraum und gibt sich so viel Mühe! Mit dem ist man einfach immer überglücklich!“
Lenny, ein Charakterpferd
Der Fuchswallach, dessen Ausbildung wehorse schon seit seiner Jugend begleitet, ist in der Klasse S angekommen. Hinter Lenny, der auch oben im Bild zu sehen ist, steckt noch viel mehr, als die reine Ausbildungsgeschichte bei Uta Gräf: Denn Lenny ist das Vorzeigepferd für den Sunlight-xx-Club. Solche Pferde, so feinfühlig, sensibel und gut vom Charakter her, wollen die Frauen und Männer züchten, die den Sunlight-xx-Club gegründet haben. wehorse hat die gesamte Ausbildung von Lenny mitverfolgt.
Vollblut in der Warmblutzucht
Es ist ein kleiner, feiner Club in der Pferdezucht mit einer tollen Idee: Das Blut des Vollblüters Sunlight xx zu fördern und in der Warmblutzucht zu verankern. (Er ist auf dem Portrait unten zu sehen.) Das mit optimaler Aufzucht und optimaler Ausbildung zu kombinieren und dann für die so entstandenen guten Reitpferde die richtigen Besitzer finden. Genau das machen drei Paare gemeinsam: Inge und Thomas Vogel, die Gründer von pferdia, heute wehorse, das Züchterehepaar Silvie und Koni Streiff und Uta Gräf und Stefan Schneider, die für die Ausbildung der Clubpferde zuständig sind.
Züchterverstand und Leidenschaft
Die Vogels bringen das züchterische Know-How mit in die Gruppe. Inge Vogels Elternhaus ist das der etablierten Züchterfamilie Clüver, ihr Vater entdeckte einst Sunlight xx für den Hannoveraner Verband. Ihr Mann Thomas Vogel verbrachte den ersten Teil seines Berufslebens als Bereiter und Assistent an der Seite von Legende Hans-Joachim Köhler und gehörte damit viele Jahre lang zum engsten Team rund um die Verdener Auktion. Die beiden wissen also, was ein gutes Pferd ausmacht.
Rittigkeit und die Überlegenheit des Blüters
„Mein Vater war total begeistert von Sunlight xx, als er ihn entdeckt hat“, erzählt Inge Vogel. „Und mein Mann Tom ist Sunlight xx damals auch ein paar Mal geritten, da sah der Hengst noch aus wie ein Rennpferd. Das Besondere an Sunlight xx ist die Rittigkeit und der tolle Charakter, dieses Kluge, Überlegene, wie es Vollblüter im Idealfall haben.“
Michi Jung und Andreas Ostholt haben Sunlight xx- Nachkommen
Sunlight xx war zu Lebzeiten ein Geheimtipp, er hat verhältnismäßig wenig gedeckt. Dennoch hat er erfolgreiche Nachkommen wie So is et von Andreas Ostholt geliefert, das Nachwuchspferd Lennox von Michi Jung und zudem neun gekörte Söhne gebracht, Silberschmied und Sanciro sind die bekanntesten. Die positiven Eigenschaften, insbesondere „Charakter, Rittigkeit und Klugheit“, hätten sich „wie ein roter Faden durch Sunlight xx Vererbung gezogen“, erklärt Inge Vogel.
Optimale Jungpferdeaufzucht
Die optimalen Aufzuchtbedingungen für die Sunlight-xx-Clubpferde liefern Silvia und Koni Streiff im Elsass. Er ist ehemaliger Vielseitigkeitsreiter, sie ebenso von Kindesbeinen an dem Reitsport verbunden. Vor 53 Jahren kaufte Silvia Streiffs Vater das erste Pferd im Hause Clüver und damit begann eine lange Freundschaft. Diese Freundschaft erweiterte sich durch die Begeisterung für das Sunlight-xx-Blut noch um das bedeutende Projekt rund um diesen Vollbluthengst. Ihr Hof im Elsass liegt beschaulich, ist umgeben von Weiden mit Baumbestand. Das Leben des Paares dreht sich komplett um die liebevolle Haltung ihrer Zuchtstuten und die Aufzucht. Das Zuchtziel heißt: „Brave, rittige Pferde zu züchten, die zu Freunden werden und im Sport zum Erfolg führen.“ Drei Zuchtstuten gehören momentan zum Club, dazu deren Nachkommen. Ein Bereiter unterstützt die beiden bei den ersten Schritten in Richtung Grundausbildung.
Uta Gräf ist überzeugt von der Aufzucht
Für Uta Gräf ist das dort bei den Streiffs im Elsass ein Beispiel für eine optimale Aufzucht: „Ich finde, dass die Pferde von Futter, von der Bewegung und allem drumherum super versorgt sind. Es ist eine ganz liebevolle Aufzucht dort bei Silvie und Koni!“ Dann geht es für die jungen Pferde zu Uta Gräf und Stefan Schneider nach Rheinland-Pfalz. Lenny hat den Anfang gemacht, aktuell ist die fünfjährige Fuchsstute Damon Jeromie bei den Gräfs. „Sie ist sehr bewegungsstark und wir sind gespannt, was die Zukunft für sie bringt“, erzählt Uta Gräf.
Die Geschwister von Lenny
Lenny und Damon Jeromie haben einige spannende jüngere Geschwister, die im Elsass gerade ihre Kindheit genießen. Sie sind Kinder der beiden Stammstuten des Sunlight-xx-Clubs: Suomi von Sunlight xx und Sunshine von Sunlight xx bilden das Fundament der Idee.
Stammstute Suomi
Die erste Stute des Clubs ist die Suomi von Sunlight xx-Windhuk (sie ist auf dem Bild unten zu sehen). Sylvie Streiff kaufte die Staatsprämienstute dreijährig auf der Verdener Auktion. Die Stute war zuvor Siegerstute auf dem Dobrock geworden. Zunächst wurde sie bei ihrer neuen Besitzerin ein feines Reitpferd, bis sie zwölfjährig in die Zucht kam, übrigens ohne gesundheitliche Gründe, einfach aus Zuchtleidenschaft heraus. Suomi, geboren 1997, ist die Mutter von Lenny und von vielen anderen tollen Nachkommen. Lenny heißt übrigens eigentlich „Lord Tudor“, doch der Londonderry-Sohn wird auch in allen wehorse Filmen mit seinem Stallnamen Lenny angesprochen. Eine tolle Contendro-Tochter aus der Suomi ist heute als Vielseitigkeits-Nachwuchspferd bei Philine Ganders-Meyer zuhause. Coromandel du Moulin heißt sie, der Name erinnert an ihre Zuchtstätte, Moulin de Waltenheim, so heißt der Hof der Streiffs. In 2018 hatte Suomi ein besonders vielversprechendes Fohlen von Vitalis.
Sunlight-xx-Tochter Sunshine
Sunshine war ein besonderer Glücksgriff: Die Staatsprämienstute kam zum Sunlight-xx-Club, als dessen Mitglieder gezielt nach einer zweiten Sunlight-xx-Tochter zur Zucht suchten. Sunshines Muttervater ist Velten Third, der von den Familien Streiff und Vogel auch sehr geschätzt wird. Sunshine, geboren 2006, ist die Mutter von Damon Jeromie, der Fuchsstute, die momentan bei Uta Gräf ihre Grundausbildung erhält. Vater ist, wie der Name schon sagt, Uta Gräfs Hengst Damon Jerome. In 2018 hatte Sunshine ein besonders typstarkes Stutfohlen von Damsey.
Nachwuchszuchtstute Damsy von Damsey
Damsy ist eine Tochter der Suomi. Sie hatte 2018 ihr erstes Fohlen von Fürst Romancier. Der wurde als Vater übrigens ausgesucht, weil Uta Gräf so begeistert von einem Berittpferd von Fürst Romancier war. Damsy selbst ist eine Damsey-Tochter und die Anpaarung mit dem Fürsten passte sehr gut, ihr Dunkelfuchshengstfohlen ist so vielversprechend, dass Silvie Streiff darüber nachdenkt, die Anpaarung direkt noch einmal zu wiederholen.
Der Austausch unter Züchtern und Reitern
Eins ist noch wichtig: Neben all der Begeisterung für Pferdezucht, gute Pferde und für Pferde mit Blut ist den Sunshine-xx-Clubmitgliedern das Miteinander wichtig. Der Austausch und die Begeisterung über ihre Pferde macht es für sie alle so bereichernd, in diesem kleinen feinen Rahmen Pferde zu züchten, die es gut haben – von Anfang an.
Ein gutes Zuhause finden
Eine ganz wichtige Station ist noch nicht genannt – der spätere Besitzer der so aufgezogenen und ausgebildeten Pferde. Lenny ist zum Beispiel an Uta Gräfs Co-Autorin Friederike Heidenhof verkauft worden, Coromandel hat ja bei Vielseitigkeitsreiterin Philine Ganders-Meyer ein Zuhause gefunden. Der Kontakt und Austausch besteht da weiterhin. Und das ist Züchterin Silvie Streiff wichtig: „Meine Freude über die Zucht teilen zu dürfen, ist das Wichtigste am Sunlight-xx-Club, denn geteilte Freude ist doppelte Freude!“
Podcast-Tipps zum Thema Pferdezucht
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Der Text zu den Einkaufs-Tipps der Profis erschien 2013 als Titelstory erstmals in Der Pferdemarkt. Mein absolutes Lieblingszitat, und das wird jeder mit einem Grinsen quittieren, der meine Dame kennt, ist natürlich das über die schwierigen Stuten mit Köpfchen von Andreas Ostholt.