Tipps zur Grundausbildung von jungen Reitpferden

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Ein gelungener Einstieg ins Reitpferdeleben ist viel wert. Dieser legt den Grundstein für eine erfolgreiche Karriere deines Jungpferdes, egal ob als Freizeit- oder Sportpartner. Viele grundlegende Dinge muss dein Partner erst lernen, wie das Anbinden, Longieren, einen Sattel zu akzeptieren und letztendlich dich als Reiter und Freund in vielen Lebenslagen. Besonders unsere Trainer Uta Gräf und ihr Mann Stefan Schneider widmen den Jungspunden in dieser Phase viel Aufmerksamkeit. Sie legen Wert darauf, dass die Basics bei Pferden sitzen, bevor sie die nächsten Schritte in einem Reitpferdeleben gehen. Mit der Philosophie dieser beiden Profis haben wir einen Guide für dich und deinen Youngster erstellt. Viel Spaß beim Lesen!

Anreiten á la Uta Gräf und Stefan Schneider

Stefan Schneider ist derjenige auf Gut Rothenkircherhof, der mit den Bereiterinnen die ganz jungen Pferde in den Händen hat. Uta Gräf hat schon häufig erzählt, dass die Grunderziehung durch ihren Mann ihr viel Arbeit abnimmt. Denn die Pferde kommen mit reichlich Vorwissen und Gelassenheit in den anschließenden Beritt.

Grund genug, nachzufragen, wie das eigentlich abläuft, wenn bei Stefan Schneider ein junges Pferd ankommt. Aktuell hat er fünf Pferde zum Anreiten auf der Anlage. „Am liebsten nehme ich komplett rohe Pferde“, erklärt er.  

Der Zaum ist wichtig

Zu Beginn arbeitet er mit einem Controller-Halfter. „Ich reguliere über die Nase und möchte keinen Druck im Genick aufbauen“, erklärt er. Daher greift er zu diesem Werkzeug, das ein zusätzliches flexibles Seil auf dem Nasenrücken angebracht hat. Es wirkt ähnlich wie ein Knotenhalfter, nur ohne dünne Schnur im Genick und ohne seitliche Knoten, die Druckpunkte übertragen. „Das Genick ist mir heilig“, sagt er. Außerdem vermutet er, dass die Pferde schneller verstehen, wenn nur ein Punkt angesprochen wird. Früher hat er auch schon mal zur Nasenkette gegriffen, die auf dem mittleren Bild dieser Seite zu sehen ist. Heutzutage bevorzugt er das Seil des Controllers, „Es ist sanfter und man kann es im Gegensatz zur Kette jedem in die Hand drücken.“

Die Grundausbildung eines jungen Pferdes:

Zur Grundausbildung und Erziehung eines Jungpferdes gehören einige Punkte, die wir dir näher erklären. Dazu gehören das Erlernen von einigen Grundkommandos, das Anbinden, longieren bis hin zur ersten Einheit mit dem Sattel. Bis dahin ist es ein weiter Weg, den jedes Pferd individuell in seinem Tempo bestimmt. Dabei überraschen die Youngster oft mit einem schnellen Verständnis für das, was wir Menschen von ihnen möchten, sobald sie einmal Vertrauen gefasst haben.

Vier wichtige Signale in der Grundausbildung

Noch bevor das junge Pferd erstmals angebunden wird, beginnt die Bodenarbeit frei im Roundpen. Vier Dinge übt Stefan Schneider dann: Auf ein Küsschen-Geräusch hin soll das junge Pferd voran gehen. Auf das Wort „Easy“ soll es eine Gangart niedriger wählen, auf das Wort „Ho“ hin soll es stoppen. Schnalzen bedeutet: Hinten schneller werden. Dieses Kommando wird später eingeübt als die anderen drei Varianten. Durch diese klaren Signale kann der Reiter später von oben schon eine Menge Einfluss auf das Pferd unter sich nehmen, ohne gröbere Hilfen einsetzen zu müssen.

Stefan Schneider bringt dem Pferd anbinden bei
„Ich möchte junge Pferde nicht ausbremsen“ – Stefan Schneider

Ohne Ausbinder longieren

Ausgebunden wird bei ihm kein junges Pferd: „Ich möchte die jungen Pferde nicht ausbremsen“, erklärt er. Es könne nämlich verwirren, wenn das Pferd nach vorn geschickt wird per Küsschen-Geräusch, aber dann im Maul ungewollt gebremst wird. Nämlich dann, wenn es spürt, dass da der Weg nicht ganz frei ist. „Die sollen vorn erst mal ins Leere laufen, sie sollen lernen, da ist Luft! Es macht Spaß, nach vorne zu gehen“, erklärt der Ausbilder. Wichtig ist, dass die jungen Pferde auf seine Körpersprache und seine Stimmkommandos achten.

Nasendruck verstehen lernen

Ebenso lernen sie, was der Druck an der Nase bedeutet: „Sie verstehen: Wird es eng an der Nase, dann soll ich etwas tun.“ Er erklärt ihnen das Rückwärtsrichten und das Nach-Vorne-Senden am Controller-Halfter. Dies ist ein ganz wichtiger Baustein für alle weiteren Dinge. Besonders wichtig ist es, dass die Pferde diese Signale vor dem ersten Anbinden lernen. So lassen sich nämlich Unfälle vermeiden, nämlich dann, wenn das Pferd beim Anbinden Zug aufzubauen.

Auch für das Verladen später ist diese Lektion essentiell. Ein Annehmen des Stricks, an dem das Nasenseil des Controller-Halfters eingehakt ist, bedeutet: Einen Schritt vorgehen. Wirkt Stefan Schneider rückwärtig ein, dann bedeutet das für das Pferd, einen Schritt zurück machen.

Longieren im Roundpen

Es folgt das Longieren im Roundpen. Dabei müssen die jungen Pferde lernen, auf Stefan Schneiders Körper zu achten. „Schubsen ist ein no go! Um zu verstehen, warum, hilft es, Pferde auf der Koppel zu beobachten: Keiner drängelt sich da an einen Ranghöheren heran!“ Im Gegenteil, „der Ranghöhere lässt die anderen mit einem Ohrenwackeln weichen und genau so einen Code müssen auch wir Menschen mit unseren Pferden ausmachen.“ Klare Regeln sind ihm wichtig.

Vorbereitung Stefan Schneider Pferd anbinden
Wenn du zu viel Körpereinsatz brauchst, machst du wahrscheinlich etwas falsch.

Horsemanship-Basics für Jungpferde

Er lehrt seine Jungpferde, dass sie sich zurückziehen sollen, wenn er seine Körperfront zeigt und auf sie direkt zugeht. Geht er hingegen vom Pferd weg und dreht seine Schulter mit, dann soll das Pferd ihm folgen. „Das verstehen die Pferde ganz schnell!“ Er macht diese Grundlagenarbeit und seine Bereiterinnen übernehmen die jungen Pferde im Anschluss. Sie verwenden genau die gleiche Körpersprache, „das ist wichtig!“ Mit der Zeit wird diese Hilfengebung immer feiner, so soll es sein, denn „da verhält es sich wie in der Reiterei: Brauche ich viel Körpereinsatz, dann ist da ein Fehler im System.“

Grundausbildung: Ein Pferd das erste Mal anbinden

Stefan bindet die jungen Pferde erstmals erste nach den Longiereinheiten an. „Nach dem Longieren, dann ist das Pferd warm und der Schwung heraus.“ Er macht das gern in einer Box, damit das Pferd eine Begrenzung nach hinten hat. Das Pferd trägt dabei ein breites Halfter mit breitem, weichem Genickteil. Das Pferd wird am Halfterring angebunden. Einen zweiten Strick, der in das Controller-Halfter eingeklickt ist, hält Stefan Schneider in der Hand. „Hier müssen die Pferde lernen: Anbinden bedeutet stehenbleiben, also auf keinen Fall einfach so zurückgehen.“ Er möchte auf jeden Fall verhindern, dass sich das junge Pferd ins Halfter hängt. Passiert dies, kann er das schon bekannte Signal für „Vortreten“ per Controller-Halfter geben. Denn die Nasenschnur des Halfters wird ja durch das Anbinden nicht genutzt, ist also weiterhin flexibel und darüber kann er gezielt einwirken.

Bei manchen Züchtern ist das Anbinden allerdings schon Teil des Fohlen-ABC, dort lernt das Fohlen ruhig neben der Mutter zu stehen, die dem Jungspund gleichzeitig Sicherheit vermitteln kann. Aber auch hier gilt: Das Genick ist überaus empfindlich und Fohlen werden nicht direkt fest angebunden, sondern erst einmal so locker, dass man den Strick schnell lösen kann. In einigen Aufzuchten werden zudem die Absetzer und Jährlinge zum fressen angebunden, auch dies kann Vorteile haben; so stehen sie ruhig während sie das Kraftfutter aufnehmen und lernen, dass der Strick einen Gegendruck erzeugen kann.

Pferd anbinden üben: Akupressur zur Beruhigung

Mit dieser Vorgehensweise hat Uta Gräfs Mann bisher die besten Erfahrungen gemacht. Er nutzt zur Beruhigung beim Anbinden gern einen Akupressurpunkt zwischen Hals und Schulterübergang. „Ich lasse Ruhe walten und gebe dem Pferd das Gefühl, dass wir alle Zeit der Welt haben“, erklärt er. In unserem Beitrag zur Akupressur wird dieser Punkt und einige weitere noch einmal genauer erklärt.

Die Vorbereitung für das Satteln

Zur Grundausbildung eines Pferdes gehört die Akzeptanz von Schabracke und Sattel, auch das geht Stefan Schneider in aller Ruhe an. Er nennt diesen Schritt „Aussacken“, das bedeutet, dass das junge Pferd desensibilisiert wird: Es lernt, keine Angst zu haben, wenn eine Schabracke seine Beine, seinen Rumpf, Kopf und Hals berührt. „Wenn das junge Pferd hierbei nicht mehr zuckt, kann ich den Sattel hinzunehmen.“

Immer mehr Pferde mit Sattelzwang

Dieser Schritt ist im Laufe der Jahre schwieriger geworden, hat Stefan Schneider beobachtet: „Es gibt immer mehr Pferde, die sehr sensibel auf den Sattel und das Gesattelt-Werden reagieren“, erzählt er. Viele Jungpferde, die schon zuvor angeritten wurden oder bei denen dies versucht wurde, kämen mit Sattelzwang-Problemen zu ihm. Aber auch rohe Jungpferde wären heutzutage sensibler als noch vor wenigen Jahrzehnten. „Die Zucht ermöglicht uns tolle Sportpferde zu haben, die jedoch auch immer sensibler und feiner in der Haut werden.“ Darauf muss er Rücksicht nehmen, daher wird das Satteln schrittweise eingeführt. Er mahnt Jungpferdebesitzer, vor allem bei Sattelanproben vor Sattelkäufen vorsichtig zu sein: „Mehrmals schnell auf- und absatteln kann ein junges Pferd innerhalb von einem Tag für lange Zeit verpfuschen!“ Weitere spannende Infos zum Thema wie du den richtigen Sattelgurt bei Sattelzwang findest und wie du prüfen kannst, ob dein Sattel passt, haben wir dir in diesen Beiträgen zusammengefasst.

Jungpferde an der Doppellonge in der Grundausbildung

Bevor er zum Satteln übergeht, lernt das junge Pferd zudem, seine Hinterhand zu verschieben. Bei ihm lernen die jungen Pferde das an der Doppellonge, die Stefan Schneider ohne Umlenkrollen nutzt. Für das erste Satteln bindet er das junge Pferd an und hält auch wieder einen zweiten Strick in der Hand, der zum Nasenseil des Halfters führt. „Wichtig ist, nicht zu fest zu gurten“, erklärt er. Er möchte auf jeden Fall vermeiden, dass das junge Pferd mit dem Sattel losbockt – „ich möchte die Situation in jedem Moment unter Kontrolle haben.“ Er gurtet peu a peu nach und verwendet einen breiten Gurt mit Schaumstoffkreuz am Brustbein, der den Druck besonders gut verteilt. Dann lässt er das Pferd mit Sattel vor- und zurücktreten, so weit das geht, es ist ja angebunden. „So vermeide ich Sattelzwang und habe alle Sicherheitsvorkehrungen getroffen, damit ich die Situation kontrolliert positiv abschließen kann.“  Das Pferd erlebe durch den Sattel „ein Engegefühl, das in einer Angst münden kann. Doch wenn ich sie in Ruhe kontrolliert bewege, dann geht die Angst weg.“

Longieren des Jungpferdes mit Sattel

Danach longiert er die Pferde auch mit Sattel. Dieser Schritt liegt noch lange vor dem Reiten: Denn bevor ein Mensch auf den jungen Pferden im Stall Schneider und Gräf sitzt, geht Stefan Schneider mit den Jungpferden ins Gelände. Dafür nutzt er die Doppellonge. Wie er das genau macht, und mit welcher ungewöhnlichen Methode die jungen Pferde bei ihm erstmals den Menschen im Sattel spüren, liest du in diesem Artikel.

Die Gewöhnung an das Gebiss in der Grundausbildung

Das Gebiss ist für Pferde erst einmal ein Fremdkörper im Maul, verschnallt man die ersten Male die Trense, reagieren sie oft mit übermäßigem Kauen auf das Metall- oder Plastikteil im Maul. Hier gilt: Behutsam vorgehen und besonders die Passgenauigkeit des Gebisses überprüfen. Es darf weder zu klein, noch zu groß sein, da beides Schmerzen in den empfindlichen Lefzen des Pferdes, oder gar im Maulbereich selbst hervorrufen kann. Am Anfang sollten die Pferde am Gebiss selbst nicht geführt werden, oder Druck verspüren, denn wie Stefan Schneider sagt, bremst dieser Druck vor allem am Anfang. Du kannst über die Trense ein Halfter, oder einen leichten Kappzaum schnallen, sodass du das Pferd über die erklärten Druckpunkte am Kopf steuerst und nicht das Maul. Auch hier sind anfänglich kurze Einheiten empfohlen, um das junge Pferd nicht zu überfordern.

Die richtige Gebiss-Wahl

Über das richtige Gebiss in der Grundausbildung herrschen geteilte Meinungen. Einige empfehlen D-Ring- oder Olivenkopfgebisse, da diese dem Pferd eine Begrenzung geben können und etwas stabiler im Maul liegen, als die klassische Wassertrense. Andere wiederum empfinden die Wassertrense als weichere Zäumung. Genauso hält es sich mit der Entscheidung ob das Gebiss einfach oder doppelt gebrochen sein sollte. Unsere Empfehlung: Wie wir, ist jedes Pferd individuell. Während das Eine zufrieden mit einem einfach gebrochenen Olivenkopfgebiss ist, läuft ein anderes zufriedener mit der doppelt gebrochenen Wassertrense. Da sollte man einfach im Laufe des Jungpferdelebens ein bisschen was austesten.

Ein Pferd wird für das Anreiten vorbereitet.
Zum Anreiten gehören einige Schritte und vor allem eine gründliche Vorbereitung.

Das Anreiten eines jungen Pferdes

Nach gründlicher Vorarbeit kann der große Moment kommen: Das erste Mal Platz nehmen im Sattel des jungen Pferdes. Hier gilt besondere Vorsicht und Aufmerksamkeit auf die Reaktionen des Vierbeiners. Denn: haben sie einmal gelernt einen Reiter los zu werden, wird es die Einheiten danach oft schwieriger. Das weiß auch das Team von Uta Gräf und Stefan Schneider, daher bevorzugen die Beiden „unberührte“ Jungpferde, die noch keine schlechten Erfahrungen gemacht haben. Generell gilt zu sagen, dass jeder Ausbilder hier seine eigene Philosophie hat, während einige auf eine Hilfsperson schwören, die zur Not eingreifen kann und das junge Pferd anführen kann, lässt Stefan die Bereiterinnen alleine aufsteigen. Das geht bei ihm, da die Pferde in ihrer bisherigen Grundausbildung gut auf Stimme trainiert worden sind. Generell gilt: Die Youngster sind immer ein kleines Überraschungspaket, in der Vorarbeit können sie super brav sein und dann doch Angst bekommen, wenn ein Reiter auf ihnen sitzt. Hat man aber einmal das Vertrauen des Pferdes gefasst, so kann die Grundausbildung unter dem Reiter beginnen.

Verladen des Jungpferdes

Zur Grunderziehung eines Pferdes gehört neben dem Umgang vom Boden aus ebenso das Verladen. Gerade in Notsituationen, wenn ein Pferd zum Beispiel eine Kolik hat, muss es zügig auf den Anhänger gehen können, um die nächste Klinik zu erreichen. Auch hier gilt: Körpersprache, Ruhe und Konsequenz sind der Schlüssel zum Erfolg. Auf unserem Blog haben wir mit Verladeprofi Michi Kölbl einen ganzen Beitrag für dich zusammengefasst, wie du das Verladen lernen kannst.

Weiterlernen zum Thema Pferd anbinden, longieren, satteln

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