Die Arbeit am Langzügel mit einem Pferd ist faszinierend und eine Königsdisziplin der klassischen Pferdeausbildung. Dafür ist viel Vertrauen zwischen Pferd und Mensch erforderlich. Denn dir stehen nur wenige Hilfen zur Verfügung, um mit deinem Pferd in allen Gangarten und Lektionen zu kommunizieren.
Das erste Mal Langzügel mit deinem Pferd: So geht´s!
Langzügel-Expertin Saskia Gunzer erklärt dir ganz praxisnah, wie du mit der Langzügelarbeit beginnst.
Handarbeit als Grundlage
Die Grundlage für die Arbeit am Langzügel mit deinem Pferd ist die Handarbeit. Dabei geht es anfangs erst einmal nur um das Geradeaus. Das gilt sowohl für die anfängliche Arbeit an der Hand als auch für die spätere Arbeit am Langzügel. Wenn das gut klappt, kannst du mit deinem Pferd die Übergänge zwischen Halt, Schritt und Trab üben. Wenn diese ebenfalls gut gelingen und fein abgestimmt sind, kannst du mit der Arbeit am Langzügel beginnen. Es schadet aber natürlich keinesfalls, wenn du schon weitaus mehr an der Hand geübt hast.
Der Einstieg in die Arbeit am Langzügel mit deinem Pferd
Zwei Dinge sind die ersten kleinen Hürden bei der Langzügelarbeit: Zum einen muss dein Pferd das „Geh vor mir her!“ verstehen. Zum anderen muss die Schulterkontrolle deines Pferdes installiert werden. Um die Schulter zu kontrollieren, ist es anfangs wichtig, dein Pferd innen hohl zu haben, sodass es sich also nach innen biegt. Die Kruppe muss dafür im Zweifelsfall einen Tick hinein, damit die Pferdeschulter wieder nach außen kann und dein Pferd nicht unabsichtlich den Hufschlag verlässt. Dabei nicht mit der Gerte helfen und seitwärts treiben dabei – „die Gerte nutzen wir nur für die Energie!“
„Hat man in der ersten Langzügeleinheit schnell den Eindruck: Der läuft, der hat verstanden, dass er vor mir her gehen soll, dann sofort das Halt einleiten!“. Halt-Schritt-Halt ist also die erste Aufgabe. „Es ist ganz wichtig, bei der Langzügelarbeit schnell die Kontrolle als Mensch zu übernehmen“, sagt Saskia Gunzer.
Ist das sicher installiert, nimmt die Ausbilderin recht schnell Halt-Trab-Halt dazu. Denn: „Es soll nicht langweilig werden!“. Saskia Gunzer nimmt den Trab meist schnell hinzu, weil Pferde sonst schnell nicht mehr aufmerksam sind. Mit vielen Übergängen meint sie Abstände wie „Bei K antraben, bei B anhalten.“ Klingt leicht? Nun, schon bei diesen simplen Sachen können Probleme auftreten. Dazu gleich mehr.
Korrekte Körperhaltung und Zügelführung für eine klare Kommunikation
Bei der Arbeit am Langzügel mit deinem Pferd, läufst du deinem Pferd nicht einfach nur am Langzügel hinterher. Besonders wichtig sind deine Körperhaltung und die richtige Zügelführung, damit die Kommunikation zwischen dir und deinem Pferd einwandfrei funktioniert. Diese Dinge solltest du bei der Langzügelarbeit beachten:
Arbeitsposition an der Hand
- Zügel über den Hals führen, eine Hand ist auf Höhe der Schulter, eine fasst den Zügel nah am Gebissring
- Gerte wird als Verlängerung des Zeigefingers nach hinten zeigend angewendet. Außen Kontrolle behalten, nicht ständig oben halten.
Körperhaltung
- Hände neben der Schweifrübe aufsetzen. „Und zwar nicht obenauf, als ob die Kruppe ein Tablett wäre!“
- Oberarme locker herunter hängen lassen, die Hände nicht zu breit führen, „Denn sonst gibt es Verspannungen in der Schulterregion“, erklärt die Ausbilderin.
- Parieren durch den eigenen Körper! Kreuz anspannen gilt auch für Leute, die am Langzügel arbeiten. Nicht ins Rückwärts mit rundem Rücken geraten.
Was sind die häufigsten Probleme beim Einstieg mit dem Langzügel?
So einfach die ersten Aufgaben, wie das Schritt-Halt-Schritt an der langen Seite auch klingen, du wirst schnell merken, dass selbst geradeaus gehen ganz schön anspruchsvoll sein kann. Die häufigsten Probleme beim Einstieg sind:
Problem 1: Das Pferd ist triebig
Dann solltest du besonders den Grundsatz Nummer 1 beachten! „So arbeiten, dass ich so schnell wie möglich nachgeben kann“. Du musst einen Zugang zum Motor bekommen und halbe Paraden trainieren, um mit diesen Hilfen deinem Pferd helfen zu können, sich auszubalancieren. Wenn eine kurze Distanz mit Fleiß vorwärts gegangen wurde, „dann sage ich fein, weil er zugehört hat! Ich möchte auf den Punkt arbeiten, das Pferd nicht ziehen, sondern zum Treiben kommen.“ Ein positiver Zug ist immer gut, aber nicht misszuverstehen mit „ich lasse mich durch die Halle ziehen“. Deshalb sind die Übergänge so wichtig.
Problem 2 : Die Kruppe kommt herein
Dann musst du die Schulter hinterher holen. Wichtig ist, nicht über die innere Hand das Problem lösen zu wollen! „Die innere Hand ist einfach nur da, sie zieht nicht, und sie zieht nicht in den Gebissring!“. Führe die Schulter mit dem äußeren Zügel hinein und mache mit deiner Körperhaltung den Weg optisch frei. Du gibst also einen verstärkten Kontakt auf den äußeren Zügel und drehst deine Schulter in die Richtung, in die du die Pferdeschultern positionieren möchtest. „Meist folgen die Pferde schon der veränderten Körperhaltung des Menschen“, sagt Saskia Gunzer. Das funktioniert übrigens in der Arbeit an der Hand und am Langzügel sehr ähnlich. Daran denken, selbst einen Schritt zurück zu machen, um genug Raum zu geben, wenn du an der Hand arbeitest, denn meistens ist das in solch einer Situation notwendig.
Problem 3: Das Pferd macht sich beim Durchparieren zum Halt eng
Das passiert gerne bei Pferden, die zu Beginn sehr schnell durchparieren und die Hilfen noch nicht weich durch das Pferd fließen. Wichtig ist, deinem Pferd dabei zu helfen, den Weg in die Tiefe zu finden. Abkauübungen im Stand helfen. Der Zügel liegt dabei auf dem Hals, die Schnalle mittig. Du nimmst den inneren Gebissring und wirkst sachte nach unten ein. „Wichtig ist das sofortige Nachgeben, wenn das Pferd nachgibt!“, sagt Saskia Gunzer.
Achte unbedingt darauf, dass der Kopf deines Pferdes bei der Übung gerade bleibt. Ebenso solltest du darauf achten, dass dein Pferd im Absenken auch in der Halsbasis loslässt. Denn das Pferd muss ab dem Widerrist loslassen, damit der Rücken später hochkommen kann. Im Stand darf dein Pferd durchaus zur Korrektur die Nase bis zu 20 cm über dem Boden führen. „Dieses Stillestehen, atmen, und zur Ruhe kommen ist ganz wichtig“, erklärt Saskia Gunzer. „Die Pferde kommen so in einen Zuhörer-Modus und den brauchen wir für die Ausbildung.“
Was muss ich bei der Arbeit am Langzügel mit meinem Pferd beachten?
Andreas Hausberger arbeitet als Oberbereiter an der Spanischen Hofreitschule in Wien. Zwei seiner Spezialitäten sind die Arbeit am Langzügel und an der Hand. Kunden, oft internationale Sportreiter, suchen Rat bei ihm, um die Piaff-Passage-Arbeit vom Boden aus zu verbessern. Wir wollten von ihm wissen, welche die häufigsten Missverständnisse bei der Arbeit am Langzügel mit dem Pferd sind:
1. Die Sache nicht unterschätzen
„Bei mir oder in der Hofreitschule sieht die Arbeit am Langzügel so leicht aus. Dann denken viele: das kann ich auch, und probieren einfach mal“, erzählt Andreas Hausberger. Die Arbeit wird häufig unterschätzt und dann geht es schief. „Gerade die Handarbeit oder die Arbeit am Langzügel erfordert so viel Selbstbeherrschung, Einfühlungsvermögen und ein unglaublich fein gerittenes Pferd.“
2. Kein junges Pferd am Langzügel
Das letzte Zitat von Andreas Hausberger erklärt die Reihenfolge der Ausbildung: Vor der Arbeit am Langzügel muss dein Pferd bereits fein geritten sein. Junge Pferde werden an der Hand parallel zur Ausbildung im Sattel geschult, nicht aber am Langzügel.
3. Keine ungünstige Position
Die Distanz zwischen Mensch und Pferd ist entscheidend. „Viele denken: wenn sie eine Halbdistanz zum Pferd haben, ist das für die Arbeit am Langzügel genau richtig. Doch das ist falsch!“, sagt der Oberbereiter. „Entweder der Ausbilder geht ganz nah hinter dem Pferd, mit Fäusten, die die Krupp‘ berühren. Oder er geht so weit vom Pferd entfernt, dass falls das Pferd schlägt, es den Menschen nicht erwischen kann. Nur diese beiden Distanzen sind hilfreich!“
4. Den eigenen Körper kontrollieren
Um die Hilfen am Langzügel richtig zu geben und das Pferd vom Boden aus korrekt zu begleiten, ist es wichtig, sich selbst genau zu beobachten. Vom Boden aus gilt nicht weniger als auch im Sattel: Du musst deine eigene Körpersprache unter Kontrolle haben.
5. Die Körpersprache des Pferdes lesen können
„Wenn ich die Körpersprache des Pferdes nicht lesen kann, werde ich in der Langzügel-Arbeit nie erfolgreich sein, niemals“, sagt Andreas Hausberger. Denn du musst erkennen, ob dein Pferd korrekt durch und mit seinem Körper arbeitet und in welcher Verfassung es ist. „Die Dressur ist für das Pferd da, nicht umgekehrt.“
Saskia Gunzers Trainingsgrundsätze bei der Arbeit am Langzügel mit deinem Pferd
Abschließend findest du hier Saskia Gunzers Trainingsgrundsätze bei der Arbeit am Langzügel:
- „So arbeiten, dass ich so schnell wie möglich nachgeben kann.“
- „Die Gerte wird fein wie ein Fliegenhauch eingesetzt!“
- Bei der Handarbeit: „Abstand halten! Das ist wie bei Dirty Dancing, es gibt den Bereich des Menschen und den Bereich des Pferdes!“
- „Keine Aggression in das herein legen, was man tut! Bestimmtheit und Konsequenz ist gut, aber keine Aggression.“
Du möchtest mehr zum Thema Handarbeit lernen? Dann schau auf unserer Webseite vorbei. Dort findest du viele verschiedene Übungen und hilfreiche Tipps zur Handarbeit von ausgewählten Trainern.