Wenn es um die Handarbeit geht ist Kathrin Roida eine Expertin. Wir haben die Chance genutzt und ihr in einem Interview eure Fragen gestellt. Hier findet ihr die Antworten.
Sie erzählt uns was ihre Lieblingslektion ist und wie sie verhindert, dass das Pferd die ganz Zeit nach innen drängt oder nicht anhalten will.
Wonach entscheidest du, ob du bei der Handarbeit einen Kappzaum oder eine normale Trense benutzt?
Das mach ich abhängig je nach Alter und Ausbildungsstand meines Pferdes. Teilweise auch nach Lust und Laune. Ein junges Pferd, welches noch kein Gebiss kennt, arbeite ich am Halfter oder am Kappzaum. Ältere Pferde arbeite ich in der Regel an der Trense. Wobei ich auch da zur Abwechslung immer wieder den Kappzaum oder das Halfter benutze. Damit kann ich die Pferde genauso gut gymnastizieren.
Was muss ich überprüfen, bevor ich mit der Handarbeit anfange? Womit sollte ich anfangen?
Zuerst kontrollieren wir das Zubehör: Sitzt der Kappzaum korrekt, habe ich meine Gerte, hat das Pferd Gamaschen an? Haben wir alles, was wir für an Zubehör für nötig erachten?
Beim Warm-up meines Pferdes überprüfe ich ganz simple Dinge aus der Bodenarbeit, wie etwa das Anhalten oder Loslaufen. Danach ist mir die Schulterkontrolle das Wichtigste. Schulterkontrolle bedeutet, dass das Pferd leicht zu mir gestellt sein muss. Durch leichten Druck weicht mein Pferd dann mit der Schulter von mir weg. Das ist für mich die erste und wichtigste Lektion.
Mit welchem Pferd kann ich Handarbeit machen? Was muss ich bei jungen oder alten Pferden beachten?
Ich kann eigentlich mit allen Pferden jeden Alters Handarbeit machen. Natürlich sind Fohlen ausgenommen. Fohlen könnt ihr natürlich führen und mit ihnen das Fohlen ABC üben. Seitengänge und Ähnliches stehen da natürlich noch nicht auf dem Programm.
Die Pferde sollten gesund sein und keinen tierärztlichen Befund haben, der gegen ein Seitwärts spricht, z.B. bei ausgeprägtem Spat. In diesem Fall würde ich Handarbeit nicht empfehlen. Außerdem würde ich mir immer für das Aufwärmen viel Zeit nehmen. Bei jungen Pferden ist es oft so, dass sie erst einmal Dampf ablassen müssen. Sie müssen vorher einmal flitzen, bevor ich mit der Konzentrationsarbeit beginnen kann. Das ist wichtig zu wissen.
Was kann ich machen, wenn mein Pferd nicht auf ein Schnalzen oder leichtes Touchieren mit der Gerte losläuft?
Ich bin der Meinung, dass es in so einer Situation besser ist, einmal ein klares Kommando zu geben. Wenn mein Pferd auf ein Schnalzen und vorsichtiges Touchieren nicht reagiert, werde ich auch einmal deutlicher mit der Touchierhilfe. Wichtig ist, dass das Pferd dann prompt reagiert und ich genauso schnell belobige, wie ich das Pferd vorher auch über die Gerte dazu animiere, dass es losgeht.
Was mache ich, wenn mein Pferd nicht stehen bleiben will?
Ich nehme die Gerte wie eine Barriere oder Grenze vor die Nase des Pferdes. Die Nase ist sehr sensibel. Manchmal mache ich sogar eine leichte Scheibenwischerbewegung mit der Gerte. Dann habe ich fast noch kein Pferd erlebt, dass da nicht drauf reagiert und sich von sich aus ein wenig zurücknimmt. Wichtig ist natürlich auch meine Körpersprache. Ich ziehe nicht am Strick. Denn Druck erzeugt immer Gegendruck und meistens laufen sie dann einfach stumpf weiter. Dass sich meine Pferde durch die Gerte bremsen lassen, funktioniert aber auch nur, weil ich vorher schon mit der Gerte gearbeitet habe. So akzeptieren sie die Gerte als treibende und begrenzende Hilfe.
Was kann ich machen, wenn mein Pferd immer nach innen drückt?
Das ist Lektion Nummer eins: Schulterkontrolle. Wenn mein Pferd nach innen drückt, hängt es auf der inneren Schulter und bedrängt mich mit dieser. Das heißt, ich muss unbedingt das Übertreten oder das “mit der Schulter weichen” in mein Programm aufnehmen. Das Pferd muss darauf sensibilisiert werden, dass es mir Platz lässt. Es soll mir gegenüber freundlich reagieren und wird sich auch selbst ganz schnell in seiner Position wohlfühlen.
Welcher Seitengang ist am Anfang der Einfachste und mit welchem fange ich an?
Also tatsächlich fangen wir ja mit dem Schulterherein an. Wobei ich sagen muss, dass ein korrektes Schulterherein an der Hand sehr schwierig ist. Ich würde fast sagen, dass ein korrektes Schulterherein schwieriger als ein Renver ist. Das Renver ist für das Pferd aufregender, weil es das Pferd mehr einengt. Nur genau durch dieses Begrenzen durch die Bande hat man es leichter und das Pferd kann dann nicht so schnell ausweichen. Aber der erste Seitengang ist sicherlich das Schulterherein. Dabei werden Stellung, Biegung und Versammlung abgefragt. Nach dem von mir viel gelobten Übertreten gehe ich Richtung Bande und verstärke Stellung und Biegung und komme so ins Schulterherein.
Kann man alle Lektionen auch im Trab und Galopp machen? Worauf muss ich dabei besonders achten?
Man kann sehr viele Lektionen im Trab machen. Es ist aber sehr sehr schwierig, denn der Trab ist eine sehr schwungvolle Gangar. Wenn ich den Schwung nicht wegarbeiten sondern behalten möchte, muss ich entweder sehr sehr zügig mitgehen oder ich brauche eine sehr gute Technik für die einzelnen Lektionen. Ansonsten wirkt das oft so ein bisschen leer und dann hängt der Rücken runter und der Schub ist weg. Da ist dann immer die Frage, ob das so viel Sinn macht. Aber es gibt sicherlich ganz tolle Übungen im Trab, die mit der Muskulatur und dem Körper ganz viel machen.
Ich mache jetzt keine Traversalen im Trab und arbeite auch selten in Traver im Trab. Wenn ich dann auf der Außenlinie gehe, müsste ich sehr schnell mitlaufen. Auch bei der Traversale ist mir das ehrlich gesagt zu anstrengend, so dass ich die Pferde lieber um mich rum gymnastiziere.
Wenn ich Galopparbeit mache, übe ich abwechselnd im Hand- und Außengalopp. Dabei mache ich oft Volten und Pirouettenarbeit. Alles, bei dem ich auch nebenher mitkomme und ich gehe tatsächlich selten ganze Bahn. Man kann das machen, aber das erfordert höchste Versammlung vom Pferd. Im Tagtäglichen mache ich das eher selten.
Welches ist deine Lieblingslektion?
Meine absolute Lieblingslektion bei der Handarbeit ist die Pirouette Renverse. Denn ich kontrolliere gleichzeitig die Vor- und Hinterhand vom Pferd bei dieser Übung. Ich habe das Pferd weg von mir gestellt. Ich habe Kontrolle auf die Schulter vom Pferd und ich habe Einwirkung auf die Kopf-Hals-Position. Es ist eine Übung, die ich sehr gerne mag und die mir schon viel geholfen und mich weitergebracht hat. Deswegen ist es meine Lieblingslektion bei der Handarbeit – neben dem Übertreten.