Mit einer Lektion ziemlich viele Punkte einheimsen: Das geht, wenn Du das Halten richtig gut ablieferst auf Turnieren! Denn es zählt genauso wie vermeintlich schwerere Lektionen. Wer ordentlich hält in der Prüfung, sorgt für einen guten ersten Eindruck und lässt hier schon mal keinen Punkt liegen. Dressurreiter und -ausbilder Benjamin Werndl erzählt, wie er und seine Schwester Jessica von Bredow-Werndl auf Gut Aubenhausen in Bayern junge Pferde an das Halten heranführen. Die Sitzschulungs-Spezialistin Elaine Butler erklärt Dir zudem, wie Du Deine Sitzhilfen optimierst, um ideal einzuwirken.
Das junge Pferd halten lassen
Schon beim Anreiten wird das Halten geübt, erzählt Benjamin Werndl. Die allerersten Schritte unter dem Reiter machen die zukünftigen Dressurpferde von Gut Aubenhausen bei Warwick McLean. Die Ausbildungsställe kooperieren und bei McLean erhalten die Youngster ihre Basis. Es geht da ganz viel um Gelassenheit und Schrecksicherheit. Wenn die angerittenen Pferde dann zu Jessica von Bredow-Werndl und Benjamin Werndl kommen, dann wird von Beginn an auch auf das ruhige Halten beim Reiten geachtet.
Das Halten vom Sattel aus korrigieren oder stehen lassen?
„Bei den jungen Pferden ist es uns anfangs nicht so wichtig, dass sie geschlossen stehen. Als erstes müssen sie lernen, ruhig zu stehen“, erklärt Benjamin Werndl. „Gerade für Pferde, die ein bisschen mehr Geister sehen, die ungeduldig sind, ist das wichtig.“ Die Natur des Pferdes sei es eben, bei Gefahr wegzulaufen, und dieser Instinkt des Fluchtpferdes erschwere die Lektion Halten beim Reiten ungemein. Die Stimmhilfe nutzen die Werndls übrigens auch gern für das Erlernen des ruhigen Stehens vom Boden aus.
Wo solltest Du das Anhalten üben?
Um das Halten lernen zu erleichtern, geht der Ausbilder taktisch klug vor: „Bei guckigen Pferden, die nicht so schnell entspannen, üben wir das Halten bewusst in einer ruhigen Situation, zum Beispiel am Ende einer Trainingseinheit.“ Das Halten soll als etwas Angenehmes abgespeichert werden vom Pferd. „Nach dem Aufsteigen gebe ich zum Beispiel gern einen Zucker. Die Pferde wissen das nach kurzer Zeit und warten beim Aufsteigen ruhig, bis es den Zucker gibt.“ Für das junge Pferd ist es einfacher, an der Bande anzuhalten als auf der Mittellinie oder auf dem zweiten Hufschlag. Erst wenn es sicher an der Bande steht, verlässt Benjamin Werndl den ersten Hufschlag: „Die Bande ist anfangs hilfreich als begrenzendes Element. Später entferne mich dann davon, mal gehe ich auf den zweiten Hufschlag, mal auf die Mittellinie, egal. Wichtig ist nur, dass ich möglichst auf gerader Linie halte.“
Beim Halten: Kurzer Zügel, langer Zügel?
Welchen Zügelkontakt nutzt er für die jungen Pferde beim Halten? „Ich übe sowohl das Halten am hingegebenen Zügel als auch in Anlehnung“, erklärt der Dressurausbilder. Ziel sei möglichst wenig Zügeleinwirkung. Ausschließlich am langen oder hingegebenen Zügel das Halten zu üben, mache auch bei jungen Pferden keinen Sinn: „In der Prüfung beim Halten und Grüßen habe ich einen Kontakt, den ich auch nicht verlieren möchte. Daher übe ich auch das Halten in Anlehnung sehr früh!“
Wie lange dauert es, einem Pferd das Halten beizubringen?
„Nach ein paar Wochen funktioniert normalerweise das ruhige Stehenbleiben“, erklärt Benjamin Werndl. Dann folgt die Phase, in der das Pferd korrigiert wird, also dazu angehalten wird, sich korrekt hinzustellen. „Doch ich möchte nicht vor lauter Korrigieren Unruhe hineinbringen. Ich sehe das eher locker. Im Laufe der Jahre lernen sie schon, gelassen und geschlossen zu stehen.“ Besonders bei Pferden, die zum Zappeln neigen, sollte man eher wenig üben, sagt Benjamin Werndl: „Solche Pferde lasse ich nicht zu lange stehen, das potenziert das Problem. Manchmal ist es besser, etwas nicht zum Thema zu machen und dadurch wird es besser.“ Pauschal ist es schwer zu sagen, wie häufig und wie lange das Halten geübt werden sollte. „Das ist wie mit anderen Lektionen: Zwölf Traversalen sind sicherlich zu viel, und so auch zwölfmal Halten. Das muss nach ein paar Mal gut sein.“
Wichtigste Regel: Niemals rückwärts!
Das wichtigste Element beim Halten sei: „Ein Pferd darf sich bewegen, aber ins Vorwärts! Es sollte möglichst nicht zurücktreten.“ Eine Rückwärtstendenz sei immer zu vermeiden. „Das Pferd soll auch im Halten vor mir sein, das ist zentral! Wenn es sich bewegt, dann nach vorne.“ Die seitliche Begrenzung gibt er dem Pferd durch Sitz und Schenkel, zur Seite weichen ist nämlich ebenso nicht erwünscht.
Korrekt halten in der Prüfung
Der Wunsch ist es, dass das Pferd die Hinter- und Vorderbeine paarweise jeweils auf derselben Höhe hinstellt. „Dabei ist jeder Unterschied innerhalb von einer Hufbreite in Ordnung“, erklärt der Dressurausbilder. Die Werndls korrigieren auf zwei unteschiedliche Arten: Von unten und aus dem Sattel. „Wenn ich von unten korrigiere, bitte ich mit der Touchiergerte, das rausgestellte Hinterbein nach vorn zu treten.“ Oder eben ein Vorderbein vor zu ziehen. Auch hier gilt: Immer nach vorn korrigieren, nie das Pferd nach hinten schicken! Die zweite Methode funktioniert so: „Im Sattel nutze ich meine Reiterhilfen, das Pferd nach vorn treten zu lassen.“
Welche Reiterhilfen für das Halten essentiell sind
Die Britin Elaine Butler ist auf Sitzschulungen spezialisiert. Sie unterrichtet sowohl Profis auf internationalem Parkett als auch Freizeitreiter. Essentiell für eine korrekte Hilfengebung zum Anhalten ist folgender Gedanke, sagt Elaine Butler: „Die Bremse ist im Unterkörper und nicht in der Hand!“ Kreuz, verwahrender Schenkel, aushaltende Zügelhilfe – wie durchpariert wird, ist den meisten Reitern theoretisch klar. Doch es gibt ein paar Tipps, wie man die praktische Ausführung verbessert. Zum Beispiel das Thema Gewichtshilfe oder „Kreuz!“, wie es so in einigen Reithallen zu hören ist. Dafür hat Elaine Butler eine gute Übung. Der Reiter muss für die korrekte Hilfengebung lernen, den eigenen Bauchraum gezielt anzusteuern und die Hüftbewegung zu verlangsamen. Etwas, das gute Reiter automatisch tun. Um zu lernen, diesen Druck nach unten zu erzeugen, hat Elaine Butler eine gute Übung: „Die flache Mittelzunge nach oben drücken, an den Gaumen. So aktiviert man den Beckenboden!“ Dadurch wird dieser Druck im Unterkörper erzeugt und die verlangsamte Beckenbewegung animiert das Pferd, zurückzukommen.
Wie beim Skifahren, nur anders
Eine weitere Schwierigkeit beim Anhalten ist es, nicht zu viel mit der Hand zu machen. „Das fällt uns Menschen schwer, denn wir haben einen Greifinstinkt.“ Wenn man spürt, dass das Pferd noch einen Tritt machen wird, bevor es durchpariert, ist das der Moment, in dem der Zügel nachgegeben werden soll, empfiehlt sie. „Sonst laufen Pferde schnell gegen das Gebiss und schleichen vor sich hin.“ Übrigens ist an den Greifinstinkt auch das Nach-Hinten-Lehnen gekoppelt: „Man sieht häufig Reiter, die beim Durchparieren nach hinten lehnen, die Ellbogen an den Körper gezogen. Doch wer hinter der Senkrechte sitzt, kann das Pferd schlecht anhalten!“ Ein Vergleich macht deutlich, warum: „Stelle Dir vor, Du fährst beim Skifahren den Berg hinunter und möchtest langsamer fahren. Dann würdest Du dich nicht nach hinten lehnen! Denn dann würden die Ski schneller, nicht langsamer!“