Sind Bandagen oder Gamaschen besser für das Bein des Pferdes? Oder ist es vielleicht viel gesünder, gar nichts drum zu machen? Für diesen Artikel haben wir uns die Meinung von Profireitern und Ausbildern eingeholt, um für dich alle Vor- und Nachteile auflisten zu können. Also, bist du Team Gamaschen oder doch eher Team Bandagen?
Welcher Beinschutz ist am besten fürs Pferd?
Für jede Variante gibt es Argumente: Denn Gamaschen können am ehesten Einflüsse von außen abfangen, Bandagen liegen jedoch perfekt an und wärmen die Sehnen, allerdings kann es hier zu einem Hitzestau kommen. Bei einem freien Pferdebein, kann es zu keinem Hitzestau und auch zu keinen Quetschungen durch das zu enge Anliegen des Beinschutzes kommen, jedoch ist das Pferd auch unmittelbar den äußeren Einflüssen ausgesetzt. Außerdem kommt auch noch die Frage hinzu, ob der Beinschutz für das Dressurtraining in der Halle genutzt werden soll, für das Springen über Hindernisse oder doch eher für den Geländeausflug.
Das sagen die Profis
Wir haben bei einigen unserer wehorse-Ausbilder nachgefragt, wie sie es daheim im Stall mit ihren Pferden handhaben. Die Ausbilderinnen Uta Gräf, Ingrid Klimke und Dr. Britta Schöffmann erzählen, was sie um die Beine ihrer Pferde schnallen: Gamaschen oder Bandagen?
Ingrid Klimke
Die Profireiterin achtet besonders auf die Luftzufuhr bei Gamaschen, erklärt uns ihre Stallmanagerin Carmen Thiemann:
„Wir benutzen sehr viele Gamaschen, denn Bandagieren ist viel zeitaufwendiger und so eine Gamasche bietet mit der Hartschale mehr Schutz als eine Bandage. Wenn ein Pferd Probleme hat oder es weicher haben muss, zum Beispiel wenn es mit kleinen Stellen der Haut Empfindlichkeiten gibt, dann bandagieren wir. Das dann immer mit Unterlagen, ohne Unterlage ist es zu wenig.“
Dr. Britta Schöffmann
Die renommierte Ausbilderin mag vor allem die Optik von Bandagen.
„Für das Reiten bandagiere ich gern. Ich weiß, Bandagen bringen nicht wirklich etwas. Aber sie sehen schön aus, wärmen den Sehnenapparat bei der Arbeit ein wenig und schützen gegen Anschlagen, zumindest ein bisschen!“
Uta Gräf
Die erfolgreiche Dressurreiterin nutzt gern Fellgamaschen, das erklärt sie uns so:
„Wir benutzen im Training meist Gamaschen mit Fell und einfachen Klettverschlüssen. Vorne verwenden wir bei manchen Pferden zusätzlich Glocken aus Neopren oder Leder. Die Fellgamaschen haben den Vorteil, dass sie einfach und unkompliziert handzuhaben sind und die Beine gut schützen.“
Tipps für den Beinschutz
Streichkappen sind ideal für die Hinterbeine: „Hinten nutzen wir gern kleine Streichkappen. So ist das Fesselgelenk geschützt. Höher am Röhrbein passiert ja selten etwas. Von der Gamaschenart her mag ich gern diejenigen mit Lammfell, wenn die Pferde empfindliche Haut haben. Ansonsten wird es flott zu warm, deshalb achten wir darauf, dass viel Luft an die Beine kommt. Je mehr Luft und Kühle an das Bein kommt, desto mehr kann die Haut atmen. Deshalb machen manche Firmen solche Gitterstoffe an die Seiten, wo man weniger Schutz braucht, oder eben Luftschlitze.“
Hufglocken: Ja oder Nein?
Außerdem wird geraten, Hufglocken nur wenig zu nutzen: „Glocken nutzen wir bei den Pferden, die dazu neigen sich unorthodox zu bewegen – zum Beispiel aber auch beim ersten Mal longieren über Cavaletti. Wenn Pferde dazu neigen, sich selbst in die Ballen zu treten, dann kommen sie auch mit den Glocken auf die Weide. Wenn es vermeidbar ist, lasse ich die Glocken aber lieber weg – sie scheuern doch bei längerem Gebrauch gern mal, und außerdem wird Mauke begünstigt.“
Darauf musst du bei Gamaschen und Bandagen achten
Vorsicht bei Elastik am Pferdebein, denn häufig wird Beinschutz aus Elastik zu eng und fest angezogen: „Wichtig ist nur, dass am Fesselkopf und innen ein guter Schutz da ist. Im Gelände sollen die Gamaschen auch vorne geschlossen sein, damit sich die Pferde nicht vorn verletzen können. In der normalen Arbeit kann das Röhrbein vorn auch frei liegen, es gibt ja solche Modelle, wo nur die dünnen Verschlüsse vorn zu sehen sind. Da sollte man nur aufpassen, dass die Verschlüsse vorn nicht zu stramm gezogen sind. Häufig sind diese elastisch, und dann wird schnell unterschätzt, wie fest das dann doch am Bein anliegt.“
So pflegst du deine Gamaschen
„Bei täglich vielen Pferden müssen wir auch darauf achten, dass die Ausrüstung leicht zu pflegen ist. Die Gamaschen kommen in die Waschmaschine, dort verheddern und verklumpen sie nicht und sind schnell wieder trocken. Bei uns kommt es im Training nicht darauf an, dass etwas schön ist, sondern darauf, dass etwas funktionell und praktisch ist. Für Seminare oder Shows nehmen wir dann weiße Bandagen, das sieht einfach schöner aus! Auf der Weide, auf dem Paddock, in der Führmaschine oder beim Transport verwenden wir meist keinen Beinschutz – außer Glocken auf der Weide oder auf dem Paddock, wenn sich ein Pferd chronisch die Eisen abtritt.“
Sind Gamaschen oder Bandagen gesund fürs Pferdebein?
Tatsache ist: Eine Gamasche oder Bandage wärmt das Pferdebein. Das wiederum ist teils positiv, teils negativ: Wärme erhöht zwar einerseits die Durchblutung, wodurch alle Strukturen besser versorgt werden, hat aber auch den Nachteil, dass Sehnen durch eine erhöhte Wärme generell verletzungsanfälliger werden.
Auch Tierärzte empfehlen, von Fall zu Fall zu entscheiden. Dr. Marc Cronau aus Bochum, empfiehlt, Nutzen und Risiko abzuwägen: „Im Training gilt, dass ich mehr Profit vom Beinschutz als Nachteile durch Wärme habe.“ Anders sieht das jedoch jenseits der Arbeitsphasen aus: „Vom Grundsatz her braucht kein Pferd Stallbandagen, es sei denn, es hat eine spezielle Indikation.“ Stallbandagen führen zu steter Wärme und behindern bei ständiger Nutzung auch den Lymphfluss im Bein des Pferdes.