Die Ausbildungsskala beim Pferd: Grundlage für das Reiten

Die Ausbildungsskala des Pferdes und Ingrid Klimke.
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Jeder Reiter und jede Reiterin wünscht sich ein freundliches, gut erzogenes und gesundes Pferd, das motiviert mitarbeitet und angenehm zu reiten ist. Grundlage für all diese Ziele sind eine gute Ausbildung von Pferd und Reiter. Die Ausbildungsskala beim Pferdes dient als wichtiger Baustein der Pferdeausbildung. Sie ist ein ganzheitliches Konzept, das grundlegende Prinzipien für die Ausbildung eines Pferdes festhält und gilt für alle Reitsportdisziplinen. In diesem Artikel erfährst du alles über die verschiedenen Punkte der Ausbildungskala des Pferdes.

Was ist die Ausbildungsskala beim Pferd?

Die Ausbildungsskala beim Pferd, auch Skala der Ausbildung bezeichnet, stammt aus der klassischen Reitlehre. Sie basiert auf bewährten Grundprinzipien alter Meister und wurde aufgrund neuer Erkenntnisse aus Wissenschaft und Forschung ständig weiterentwickelt. Wenn du über die Ausbildung durch Legenden, wie Paul Stecken und Dr. Reiner Klimke mehr erfahren möchtest, dann haben wir die richtigen Kurse für dich. Ziel der klassischen Reitlehre ist das artgerechte Training von Pferden. Sie orientiert sich an den natürlichen Bedürfnissen des Pferdes und versteht jedes Pferd als Individuum. 
Die Skala der Ausbildung besteht aus sechs Punkten und stellt ein ganzheitliches Ausbildungssystem dar. Die Elemente bauen aufeinander auf und zielen darauf ab, das Pferd physisch und psychisch gesund auszubilden und eine starke und vertrauensvolle Beziehung zwischen Reiter und Pferd aufzubauen. Die Ausbildungsskala ist daher für alle Reitsportdisziplinen wichtig, egal ob Dressur, Springen oder Freizeit. Auch dient sie nicht nur der Ausbildung des jungen Pferdes, sondern ebenfalls älteren und weiter ausgebildeten Pferden.

Die sechs Punkte der Ausbildungsskala beim Pferd

Die Ausbildungsskala beim Pferd besteht aus sechs Punkten. Diese können in Form einer Pyramide dargestellt werden. Zu lesen ist diese Pyramide von unten nach oben. Die Punkte sind allerdings nicht schematisch, sondern systematisch zu verstehen. Das bedeutet, sie können sich gegenseitig beeinflussen, greifen ineinander  und sich teilweise gleichzeitig entwickeln. Durch die Skala der Ausbildung werden auch die übergeordneten Ziele Gleichgewicht und Durchlässigkeit immer weiter gefördert.

Uta Gräf erklärt in unserem Kurs, wie du mit deinem Pferd den korrekten Takt erarbeiten kannst.

Takt

Der Takt ist der erste Punkt in der Ausbildungsskala beim Pferd. Er bezieht sich auf die Gleichmäßigkeit der Schritte, Tritte und Sprünge des Pferdes in allen Gangarten, egal ob Schritt, Trab oder Galopp. Taktklarheit dient als Grundlage für alle weiteren Punkte der Ausbildung. 

Takt hat viel mit der richtigen Geschwindigkeit zu tun. Eine falsch gewählte Geschwindigkeit kann es dem Pferd erschweren, Gleichgewicht und Takt zu finden. So kann unkontrolliertes vorwärts reiten zu übereilten Schritten und Taktstörungen führen. Auch entstehen unter dem Reiter häufig Taktfehler durch einen unausbalancierten Sitz und fehlerhafte Hilfengebung, vor allem durch dauerhaft einseitige Zügelhilfen. Auf unserer Seite findest du zahlreiche Übungen und Tipps von Top-Trainern für eine korrekte Hilfengebung und einen ausbalancierten Reitersitz. Schau doch gerne mal vorbei!

Ein Pferd trabt losgelassen
Die Losgelassenheit bezieht sich sowohl auf den Körper als auch auf die Psyche deines Pferdes.

Losgelassenheit

Die Losgelassenheit beim Pferd ist der zweite Punkt der Ausbildungsskala. Läuft dein Pferd losgelassen, ist es sowohl körperlich als auch geistig entspannt. So ist sowohl ein unverkrampftes An- und Entspannen der Muskulatur als auch eine innere Gelassenheit für die weitere Ausbildung wichtig. Sie löst mentale und physische Spannungen, gibt Vertrauen, insbesondere zur Hand des Reiters und öffnet den Willen zur Mitarbeit.
Schwierigkeiten im Laufe der Ausbildung können häufig in Verspannungen oder Blockaden liegen. Diese können durch lösende Arbeit abgebaut werden. Das verlangt vom Reiter Disziplin, einen klaren Kopf und viel Geduld. Jedes Forcieren der Hilfen erhöht den Zwang und führt in den meisten Fällen zu Missmut bis hin zur Widersetzlichkeit. Deshalb wird sich der erfahrene Reiter während der gesamten Ausbildung immer wieder von der Losgelassenheit seines Pferdes überzeugen. Auch nach höchster Versammlung sollte das Pferd zu jeder Zeit auf Aufforderung schulmäßig die Zügel aus der Hand kauen können.

Frag Ingrid! In unseren Videos zeigt sie, wie du die korrekte Anlehnung mit deinem Pferd erarbeitest.

Anlehnung

Unter Anlehnung beim Pferd kannst du eine stete, weich federnde Verbindung zwischen Reiterhand und Pferdemaul verstehen. Diese Verbindung kann sich nur entwickeln, wenn sich das Pferd losgelassen an das Gebiss heran dehnt und an die Reiterhand herantritt. Dabei soll es im Genick nachgeben und mit geschlossenem Maul anfangen zu kauen. Das erfordert viel Gefühl vom Reiter. Auf keinen Fall darf hierbei die Hand aktiv ein Nachgeben im Genick bewirken.
Erst wenn Pferd und Reiter diese sichere Verbindung verstanden haben und aufrechterhalten können, ist das Ziel dieser Phase erreicht. Dein Pferd ist nicht nur am Zügel, sondern steht jetzt an den Hilfen. Das bedeutet, es reagiert auf die feinsten, wohl abgestimmten Einwirkungen des Reiters mit Schenkel, Gewicht und Zügel. Aber wie bekomme ich mein Pferd in die Anlehnung? Auf unserer Seite bekommst du effektive Übungen und hilfreiche Tipps, um eine korrekte Anlehnung mit deinem Pferd zu erarbeiten und Haltungsprobleme nachhaltig zu lösen.

Ein Pferd trabt schungvoll
Bei Schwung ist ein energisches, aber nicht hektisches Abfußen der Hinterhand unter den Schwerpunkt erwünscht.

Schwung

Der Schwung ist der vierte Punkt der Ausbildungsskala beim Pferd. Schwung umfasst die Übertragung des energischen Impulses aus der Hinterhand über den schwingenden Rücken auf die Gesamt-Vorwärts-Bewegung des Pferdes. Er entsteht durch das vermehrte Beugen und Strecken der herangehaltenen, energisch abfußenden Hinterhand, vereint mit einem federnden Rücken und bewirkt eine längere Schwebephase, sowohl im Trab als auch im Galopp. 

Dabei kann Schwung angeboren sein, kann aber auch bei reiterlichem Geschick durch fachgerechte Arbeit entwickelt werden. Auch hat Schwung nichts mit Geschwindigkeit zu tun. Ein energisches, aber nicht hektisches Abfußen der Hinterhand unter den Schwerpunkt ist erwünscht. Dieses ergibt eine erhöhte Federung in den Hanken, die sich fortsetzt über einen schwingenden Rücken und ein lockeres Genick in die feinfühlige Hand des Reiters.

Ein Pferd läuft gerade gerichtet
Ist ein Pferd geradegerichtet, bewegt es die Hinterhufe in die Spuren der Vorderhufe auf einem Hufschlag.

Geraderichtung

Unter Geraderichtung ist die gleichmäßige Gymnastizierung beider Körperhälften zum Ausgleich der natürlichen Schiefe des Pferdes zu verstehen. Ein Pferd, das geradegerichtet ist, bewegt die Hinterhufe in die Spuren der Vorderhufe auf einem Hufschlag. Sie ermöglicht es dem Pferd, seine Körperkräfte bei größtmöglicher Schonung von Sehnen und Gelenken optimal einzusetzen. Das Pferd soll befähigt werden, sich den gebogenen Linien des Hufschlags anzupassen, immer spurgetreu geradeaus zu fußen und damit eine Mechanik zu entwickeln, die eine vermeidbare Mehrbelastung seiner Gliedmaßen ausschließt.

Die Versammlung beim Pferd ist die „Kür“ der Ausbildung. Christoph Hess erklärt hier die Vorbereitung auf den letzten Meilenstein der Ausbildungsskala.

Versammlung

Versammlung ist der letzte Punkt der Ausbildungsskala beim Pferd. Sie umfasst das leichtfüßige Ausbalancieren auf kleinerer Grundfläche mit energisch herangeschlossenen Hinterbeinen in selbst getragener Haltung. Das Pferd wird dazu angehalten werden, weiterhin mehr Gewicht mit der Hinterhand aufzunehmen um die Vorhand zu entlasten. Dies erfordert zunehmend mehr Hankenbiegung, wodurch sich das Pferd bei absinkender Kruppe im Widerrist anhebt. Es ergibt sich die erforderliche Selbsthaltung, sicher in der Anlehnung.

Erfolgreich sein mit normalen Pferden – Ingrid Klimke erklärt in unserem Podcast wie und was die Ausbildungsskala des Pferdes damit zu tun hat.

Die Ausbildungsskala beim Pferd: Übungen

In der Theorie weißt du nun über die verschiedenen Punkte der Skala der Ausbildung Bescheid. Aber wie erreichst du denn jetzt die verschiedenen Punkte? Wie bekomme ich mein Pferd besser in die Anlehnung? Wie erreiche ich Takt beim Pferd? Und wie erreiche ich Losgelassenheit beim Pferd? Hier findest du verschiedene Übungen, um die verschiedenen Punkte der Ausbildungsskala beim Pferd zu erarbeiten:

  • Vorwärts-abwärts Reiten: Korrekt gerittenes Vorwärts-abwärts ermöglicht deinem Pferd seine Rückenmuskulatur richtig zu nutzen, verhindert Verspannungen und fördert den Muskelaufbau. Es verbessert die Balance und das Gleichgewicht deines Pferdes und fördert den Takt. Unsere Experten zeigen dir hier, wie du korrekt Vorwärts-abwärts reitest und worauf es beim Reiten in Dehnungshaltung wirklich ankommt.
  • Gebogene & gerade Linien: Der Wechsel von gebogenen und geraden Linien, wie beispielsweise Schlangenlinien durch die Bahn, fördert die Geraderichtung, Losgelassenheit und Anlehnung deines Pferdes.
  • Übergänge: Korrekt gerittene Übergänge aktivieren die Hinterhand deines Pferdes und haben einen positiven Einfluss auf die Anlehnung und den Schwung deines Pferdes.
  • Seitengänge: Seitengänge, wie beispielsweise Schulterherein, aktivieren die Hinterhand, trainieren die Biegsamkeit, fördern Geschmeidigkeit und Geraderichtung und helfen, Verspannungen im Rücken zu lösen. Außerdem stärken sie Gleichgewicht und Selbsthaltung.

Du bist auf der Suche nach weiteren Übungen, um gemeinsam mit deinem Pferd die verschiedenen Punkte der Ausbildungsskala beim Pferd zu erarbeiten? Dann schau unbedingt auf unserer Seite vorbei. Dort findest du zahlreiche Übungen und hilfreiche Tipps von den besten Trainern und Trainerinnen der Welt und lernst, die Skala der Ausbildung richtig umzusetzen.

Die Kritik an der starren Anwendung der Skala der Ausbildung

Die Skala der Ausbildung dient als Leitfaden für die systematische Pferdeausbildung. Sie umfasst sechs Stufen: Takt, Losgelassenheit, Anlehnung, Schwung, Geraderichten und Versammlung. Experten wie Kurd Albrecht von Ziegner kritisieren jedoch die schematische Anwendung der Skala. Die Stufen sollten nicht nacheinander „abgehakt“ werden, sondern flexibel und individuell auf das Pferd abgestimmt sein. Takt und Losgelassenheit beispielsweise stehen in direkter Abhängigkeit zueinander. Ohne Losgelassenheit kann kein klarer Takt entstehen. Auch Anlehnung sollte nicht erzwungen werden, da sie nur in Verbindung mit Entspannung des Pferdes korrekt entsteht. Schwung und Geraderichten sind zentrale Elemente für die Entwicklung der Hinterhandaktivität und Balance. Sie dürfen frühzeitig in das Training einfließen, um die Tragkraft des Pferdes zu fördern. Die Versammlung bildet das Endziel, sollte jedoch niemals das Pferd überfordern. Eine pferdegerechte Ausbildung basiert auf Geduld, Verständnis und einem individuell abgestimmten Trainingsplan. Die Skala der Ausbildung sollte als Orientierung dienen, wobei alle Elemente harmonisch und parallel entwickelt werden.

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