Etliche Meinungen gibt es, wenn es um das Thema Eindecken von Pferden geht! „Ein Pferd mit Winterfell braucht keine Decke“, behaupten manche und werfen mit Schlagworten wie Thermoregulation um sich. „Mein Pferd hat Decken mit Füllungen von 50 Gramm bis 400 Gramm“, sagt der nächste und wechselt fleißig je nach Wetterlage. Andere Pferdebesitzer wünschen sich drei Mal tägliches Umdecken vom Pensionsstall oder kaufen jedes Jahr einen neuen Deckenfavoriten. Was stimmt denn eigentlich? Beginnen wir mal mit den Fakten.
Wie Pferde sich vor Wetter schützen
1400 Haare sind im Pferdefell pro Quadratzentimeter zu finden. 20 bis 40 Millimeter lang sind die Winterhaare, 10 bis 20 Millimeter lang sind die Sommerhaare. Es gibt Primärhaare, das sind Deck- und Langhaare, und Sekundärhaare. Das sind die Wollhaare, die im Winter für den besonderen Kälteschutz sorgen.
Wann beginnt man mit dem Eindecken?
Die Tageslichtlänge bestimmt, wann das Pferd sein Fell wechselt. Nur bei Dunkelheit gelangen Nervenimpulse von der Netzhaut des Auges zur Zirbeldrüse des Gehirns. Hier wird durch Botenstoffe die Bildung des Hormons Melantonin angeregt. Durch das Hormon Melantonin wird das Fellwachstum angeregt. Ebenso funktioniert diese Reaktion umgekehrt: Je länger die Tage werden, desto weniger Melantonin wird gebildet und desto weniger Haarwachstum findet statt. Deshalb hat die Bildung des Winterfells wenig mit dem Wetter zu tun. Und deshalb beginnen Ställe, in denen die Pferde möglichst wenig Winterfell entwickeln sollen, schon Ende August, nachts einzudecken. Wer schert, hat meist bis in den Herbst hinein Zeit, die Deckensaison zu starten. Allgemein gibt es keinen Stichtag des Eindeckens, es kommt auf das jeweilige Pferd, seine Lebenssituation und die Wetterlage an.
Braucht mein Pferd eine Decke?
Die Haarstruktur variiert je nach Rasse des Pferdes. Ebenso die Hautstruktur und ein eventuelles Fettpolster. Um Extreme zu nennen: Ein Isländer hat dem Schmuddelwetter in Deutschland mehr entgegen zu setzen als ein Vollblüter. Auch innerhalb einer Rasse kann es große Unterschiede geben. Das Alter, die Gesundheit und Nutzung des Pferdes spielen wichtige Rollen, wenn es darum geht, sein Pferd einzudecken oder eben nicht.
Wie warm soll eine Pferdedecke sein?
Ein stichprobenartiger Test an 15 Pferden hat einen Hinweis auf die Auswirkungen der Füllung von Winterdecken gegeben: Es macht große Unterschiede, welche Füllung eine Decke hat. Zum Testzeitpunkt des Magazins Pferdemarkt waren es im deutschen Winter zwischen -2 und + 2 Grad in der Umgebung der Pferde. Gemessen wurde die Temperatur zwischen Pferd und Decke. Alle geschorenen Pferde erreichten mit einer 300 Gramm Decke deutlich mehr als 30 Grad unter ihren Decken – manche sogar 34,5 Grad. Das ist sehr warm und liegt deutlich über der Wohlfühltemperatur des Pferdes! Solche Werte können gut für die Muskulatur sein, gleichzeitig kann zu viel Wärme das Immunsystem schwächen. Das sprach nämlich Tierarzt Dr. Marc Cronau in diesem Test an: „Die Krux am Eindecken ist, dass es für die Muskulatur gut ist, wenn es schön warm unter der Decke ist. Doch für das Immunsystem des Pferdes ist es belastend, wenn ein Pferd beispielsweise im 12 Grad warmen Stall mit dicker Decke steht – dann kommt der Kreislauf nicht so in Schwung.“
Alte Pferde eindecken?
Sogar Pferde, die mit eher leichten 100 Gramm Decken eingedeckt waren, erreichten unter ihren Decken Temperaturen um die 30 Grad. Decken mit 400 Gramm oder gar mehr wurden im Test gar nicht berücksichtigt. Auffällig war, dass die Seniorpferde im Test stets niedrigere Temperaturen unter ihren Decken aufwiesen als die jüngeren Pferde. Besonders bei den 300-Gramm-Decken-Testpferden fiel das auf. Die drei geschorenen Senioren hatten zwei bis drei Grad weniger Temperatur unter ihrer Decke, als die geschorenen jüngeren Pferde. Es scheint generell also sinnvoll zu sein, ältere Pferde einzudecken, wenn sie selbst zu viel Energie verbrauchen, um ihre Körpertemperatur aufrecht zu erhalten. Sogar sie im Vergleich zu jüngeren Pferden dicker einzudecken, kann je nach Fall richtig sein.
Wenn du dein älteres Pferd auch im Winter bestmöglich unterstützen möchtest, dann kannst du zusätzlich zu der richtigen Decke auch das Futter dem Bedarf deines Pferdes entsprechend anpassen. Pferdeernährungsexpertin Conny Röhm zeigt dir hier, worauf du bei der Fütterung außerdem achten solltest.
Die Thermoregulation des Pferdes
Im Internet geistern viele Stimmen umher, die ein Eindecken grundsätzlich ablehnen, da dadurch die Thermoregulation des Pferdes gestört würde. Thermoregulation meint die Fähigkeit des Pferdes, selbst für die richtige Körpertemperatur zu sorgen. Grundsätzlich ist das Pferd von Natur aus gut daran angepasst, mit unterschiedlichen Temperaturen klar zu kommen. Weit mehr als wir Menschen! Die Thermoregulation sorgt dafür, dass die gesamte Oberflächendurchblutung reduziert wird, sobald das Pferd in kalter oder windiger Umgebung steht. So wird ein Absinken der Körpertemperatur vermieden und ein möglicher Schaden für den Organismus verhindert. Auch die körpereigene Isolation durch ein dickes Winterfell ist beachtlich. Wer seine Finger in das Winterfell eines Pferdes schiebt, spürt sofort, wie viel Wärme zwischen Haaren und dem Luftpolster das diese umgibt gespeichert wird. Wer schert und eindeckt, nimmt dem Pferd diese natürliche Möglichkeit. Prinzipiell ist das gar nicht falsch – dennoch gibt es Situationen, die für das Eindecken sprechen.
Welche Pferde brauchen eine Decke?
Das große Aber lautet: Nicht für jedes Pferd reicht der natürliche Pelz aus! Wenn ein Pferd zitternd im Regen steht, sollten die Alarmglocken des Besitzers schrillen. „Der könnte sich doch unterstellen“ mag manch einer denken, doch vielleicht lässt das die Herdenstruktur gerade nicht zu. Andere Beispiele: Alte Pferde, zu dünne Pferde, gestresste Pferde, Pferde mit zu wenig Fell oder mit Magen-Darmproblemen sollten besonders geschützt werden. Manche Pferde können Kälte oder Regen überhaupt nicht leiden und reagieren mit verspannter Rückenmuskulatur. Pferdefreudlich ist eine Entscheidung von Fall zu Fall und nicht das grundlegende Ablehnen von Decken.
Ob die Decke vom Hersteller als Weidedecke, Regendecke oder Outdoordecke angeboten wird, macht meistens keinen Unterschied. Allen ist die Wetterfestigkeit im Vergleich zu einer Stalldecke gemein. Welche Füllung, welches Material und welche Denier-Zahl angegeben ist, macht den Unterschied je nach Nutzung.
Training im Winter und das Scheren der Pferde
Pferde im Training trocknen häufig einfach sehr lange nach der Arbeit. Die wenigsten Reiter haben Zeit und Muße, eine Stunde oder mehr trocken zu reiten. Auch kann es für Pferde in Aktiv- und Offenställen gesundheitlich bedenklich sein, sie mit einer Restfeuchte wieder nach draußen zu stellen. In solchen Fällen macht das Scheren Sinn. Das Pferd eindecken ist hier Gesundheitsvorsorge! Auch bei stoffwechselerkrankten Pferden, die übermäßig Fell produzieren oder bei Robustrassen, die für unsere milden Winter zu viel Fell haben, ist es eine Alternative.
Falls du noch Anregungen für dein Wintertraining brauchst, hier bekommst du Tipps für mehr Abwechslung.
Geschoren im Offenstall
Für Pferde die halb geschoren im Offenstall leben, ist es wichtig, dass sie wirklich trocken in ihrer Outdoordecke wieder raus kommen. Dafür lohnt es sich, in eine hochwertige Abschwitzdecke zu investieren. Bis die Restfeuchte aus dem Fell ist, dauert es meist länger, als mit unserem menschlichen Auge ersichtlich ist. Das zeigen Tests von Firmen, die Feuchte und Temperatur bei Pferden gemessen haben. Alternativ kann man mit Fleece gefütterte Outdoordecken einsetzen. Sie trocknen gut nach. Nachteil: Die Haare liegen darunter an und bieten weniger eigenen Wärmeschutz. Fleece scheuert auch bei manchen Pferden. Wie gut das für die eigene Situation passt, muss jeder selbst testen. Im Idealfall ist im Brustbereich glattes Innenfutter eingenäht und nur im restlichen Bereich Fleece. Manche Hersteller werben auch mit Decken, die sich sowohl als Abschwitzdecke als auch als Outdoordecke eignen. Das kann funktionieren. Achten sollte man darauf, dass die Decke atmungsaktiv ist, aber dennoch eine Regenfestigkeit vorliegt.
Scheuerstellen bei geschorenen Pferden
Pferde eindecken ist in den meisten Sportställen üblich. Für komplett geschorene Pferde ist vor allem auf ein Innenfutter zu achten, das glatt ist und keine Scheuerstellen verursacht. Auch die Passform ist hier besonders wichtig. Ist es schon zu Scheuerstellen gekommen – gern passiert das am Mähnenkamm, Widerrist oder an der Schulter – können Unterzieher helfen. Das sind sehr dünne, hoch elastische Unterdecken, die das Fell schonen sollen. Durch sie gleitet die Stalldecke nämlich einfacher über den Pferdekörper. Sie werden als Brustschutz angeboten oder als Hals- und Schulterschutz. Aus dem Westernbedarf kommend gibt es sie auch als Ganzkörperversion. Unter den Begriffen Stretchdecke, Sleezy oder Slinky sind sie im Handel zu finden.
Welche Grammzahl soll eine Pferdedecke haben?
Für ungeschorene Pferde eignen sich Decken mit 50 oder 100 Gramm Füllung. Geschorene Pferde kommen mit Füllungen zwischen 100 und 200 Gramm gut aus. Gängig liegt man mit einer 200-Gramm Decke beim voll geschorenen Pferd richtig. 300 Gramm Decken sind häufig wärmer als gedacht und sollten nur in speziellen Fällen genutzt werden. Etwa bei Senioren, extremen Außentemperaturen oder bei kranken Pferden. Praktisch sind Deckensysteme, die aus einer Hülle bestehen und einklickbaren Unterdecken. So kann je nach Temperatur einfach gewechselt werden und auch das Waschen wird erleichtert. Inzwischen gibt es solche Systeme nicht nur von Premiumherstellern, sondern auch von Versandhäusern.
Outdoordecken mit hoher Reißfestigkeit
Ob es eine Outdoor- oder Stalldecke sein soll, kommt auf den Tagesablauf des Pferdes an. Geht das Pferd bei jedem Wetter auf Paddock oder Weide und lebt in der Gruppe, dann ist es wichtig, dass die Decke regenabweisend oder regendicht ist und reißfest. Die Widerstandsfähigkeit der Decke ist durch den Denier-Wert angegeben. Er sagt aus, wie stark die verwendeten Fasern im Gewebe sind. Bei Weidedecken oder anderen Pferdedecken finden sich häufig Werte wie 600 D oder 1200 D. Es gilt: Je höher der D-Wert, desto stabiler und meist auch reißfester und teurer ist die Decke. Wie viel sie tatsächlich aushält, hängt jedoch von mehreren Faktoren ab: Dem verwendeten Material, der Denier-Zahl, der Verarbeitung und vor allem der Nutzung! Ein ruhiges ranghohes Pferd wird weniger schnell seine Decke kaputt machen. Ein junges, spielfreudiges Pferd oder ein rangniedriges Pferd, nach dem häufiger geschnappt wird von anderen Pferden, wird eher Löcher in der Decke haben. Vor allem für Besitzer von spielfreudigen Wallachen ist zu bedenken: Hier wird schnell mal ein Stück Decke zwischen die Zähne genommen. Sofort in eine Decke mit hoher Reißfestigkeit zu investieren lohnt sich! Als aktuell hochwertigstes Material auf dem Markt gilt so genanntes ballistisches Nylon.
Weidedecke, Regendecke oder Outdoordecke?
Regendecken werden häufig komplett ohne Füllung angeboten. In der Nutzung kann das dazu führen, dass die Decke bei Regen platt auf dem Fell aufliegt und die Kühle von außen an den Körper direkt weitergibt. Auch wenn die Decke dicht ist, kann sie so zur Auskühlung beitragen. Mit einer 50-Gramm-Füllung wird das vermieden, es entsteht keine Kältebrücke, sondern es wird etwas Luft als Polster zwischen den Schichten eingeschlossen. Das ist positiv.
Wie wasche ich meine Pferdedecke?
Das Wichtigste an Regendecken ist natürlich, dass sie keine Feuchtigkeit durchlassen. Was die Imprägnierung schwächen kann, ist das Waschen der Decken. So oft wie möglich daher lieber ausbürsten als Waschen. Oder mit der Hand, einem Schwamm oder einer Bürste und Wasser groben Schmutz entfernen. Schleudern vermeiden und nachimprägnieren lassen kann die Lebensdauer verlängern.
Die Passform der Pferdedecke
Vor dem Deckenkauf macht es Sinn, sich das eigene Pferd möglichst objektiv anzusehen: Ist die Brust breit oder schmal? Ist der Hals hoch angesetzt oder eher niedrig? Braucht es eine große Schulterfreiheit? Für jeden dieser Pferdetypen gibt es passende Deckenschnitte. Für Pferde mit breiter Brust bieten einige Hersteller Plus-Größen an, der Name variiert je nach Hersteller. Manche Deckenhersteller bieten Zubehörteile wie Brusterweiterungen an. Diese werden in die eigentliche Decke eingeklickt und sorgen für ein paar Extra-Zentimeter. Für Pferde mit tief angesetztem Hals und breiter Brust lassen sich häufig passende Decken im Westernbedarf finden. Highneck-Decken können manchmal ein Scheuern am Widerrist verhindern. Es gibt aber auch Pferde, denen genau dieser Typ Decke eher die Mähne abscheuert. Wenn sie dem Pferd passen, sind sie häufig eine gute Wahl. Je nach Halsansatz ist das aber nicht immer möglich. Was nie passieren darf: Dass die Decke sich nach hinten zieht und hinter den Widerrist rutscht. Das kann nicht nur Scheuerstellen sondern auch böse Druckstellen verursachen. Das passiert zum Beispiel, wenn die Decke an der Brust zu locker eingestellt wurde. Oder aber gar nicht vom Schnitt her zum Pferd passt. Meistens muss man etwas ausprobieren, bis man den Hersteller gefunden hat, dessen Schnitt am besten zum eigenen Pferdetyp passt.